Pfingstsonntag. Trüb, mittags heiterte es sich aus. Früh zum Grafen, arbeitete und berechnete den Vortrag vom Mericzay mit allen Beilagen, entwarf Teuerungszuschläge zu 20, 25, und 30 %. Richart und sie sind unsere Gäste auf Kalbsschlögel. Um 12 h auf den Kohlmarkt, fand Jean Hoffmann, große Konferenz. Nach Mittag zu Haus. Stifft kam und las die Briefe von der „Oriflamme“ in Paris, worin der Bigotterie des Savary, Herzog von Rovigo und des Hr. von Kermusat (?), Direktor des Schauspiels, dann der Dichter Etienne und Baour (?) Lormian (?) von der „Oriflamme“ sehr ruhmvoll erwähnt wird. Richart ordnete an der Optik. In den Prater, DeBach gibt eine Vorstellung für die Landwehr. Richart und ich blieben bis 8 h und gingen sehr langsam an der Donau nach Haus.
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Pfingstmontag. Heiter, in der Nacht war Regen, nach Mittag trüb, Donner, Regen. Im Burgtheater „Rehbock“, im Kärntnertor-Theater „Vestalin“, im Theater an der Wien „Räuber auf dem Culmer Berge“. Des Grafen Abreise nach Preßburg; ging früh zu ihm, arbeitete lange. Fuhr zum Hofrat Gürtler (?), zum Maler Hummel, dann Promenade auf dem Kohlmarkt und Graben mit Kárner und Benkó. Nina speiste da. Josephine schickte zu mir, dass Radl zu Czernin kommen soll, weil er sonst am Mittwoch abschließt. Ich schrieb an Radl, holte Jungmann ab und ging mit dem Billett selbst hinaus. Therese war bei Schießl gratulieren und lud ihn, Marie und LaRoche für Mittwoch zum Speisen. Sie hatte Besuch von der Bonno (?), Nina blieb, von Bürger (?), später von Neefe, von Lichtenstein im Regen kommend. Wir wandelten von R[adl ?] kommend im Regen zum Theresientor entlang des Stadtgrabens, sahen den angefangenen Bau des Ausfüllens des Fischwassers, gingen zur Möhrung und spielten in Compagnie.
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Pfingstdienstag. Trüb, mittags wurde es schwül, nach Mittag heiter, sehr warm; der Abend schön. Im Burgtheater „Vaterhaus“, im Kärntnertor-Theater „Rätsel“, zum 2.Mal „Bajaderen“, wollten nicht gefallen; im Theater an der Wien „Palmyra“. Früh wollte der Lump Klasarek nicht arbeiten lassen. Mit Ernst musste ich daran gehen und so musste ich seine Küchenwand wegbrechen und jene vom Boden. Schrieb an ihn und trug ihm 100 fl. an, wenn er auszieht. Mit Breyer machte ich einen Akkord und setzte seinen herab. War bei Rumpelmayer, Sieber, ließ den Teppich aufreissen und des Grafen Kabinett arrangieren. Mittags allein. Nach Tisch kamen Jahny, Behsel, Widmann, ich ließ ihnen den Brief an Klasarek lesen, welchen Widmann mit ihm hinauf nahm, und worüber er sich wie ein Unsinniger äußerte und schrie, dass er morgen nicht mehr arbeiten lasse. Ich sprach mit Ullmann und beschloss, ihn morgen rufen zu lassen. Nach Mittag fuhr ich mit Therese zum Norbert nach Grinzing, fanden ihn nicht, sahen seinen Garten und Kirchhof. Dann nach Heiligenstadt, durchstreiften den Garten, ruhten und fuhren über Döbling zurück und waren um 6 h zu Haus. Ich schrieb an den Grafen. Um 7 h ins Kärntnertor-Theater, ins Orchester, plauderte mit Elsler, Krünes (?), Kinsky (?), Der Ballett hat hübsche Sachen, ist lang und hat nichts ausgezeichnet Schönes im Tanz; die Schals spielen eine Hauptrolle.
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Trüb. Im Burgtheater „Emilia Galotti“, Mme. Schröder als Orsina, im Kärntnertor-Theater „Augenarzt“ mit Mme. Seidler, im Theater an der Wien „Fiaker“ von Schikaneder. Heute ließ Klasarek die Arbeiten ruhig anfangen. Früh sah ich meinen Leuten nach, dann zum Hofrat Gürtler (?) Später besuchte ich die Moser. Gestern reiste die Agnes ab, und sagte ihr, dass ich ihr 12 Bouteillen Nessmüllner und 2 Bouteillen Tokajer verschaffte. Blieb lange, war bei Wetzlar im Garten. Die Moser hat wieder eine Närrin, Frau von 28 Jahren, von Nürnberg, Buchhaltersgattin vom Bankier Plattensteiner (?), hübsch, welche beim Gebären vor 6 Wochen närrisch wurde. Mich sah sie als ihren Mann an und war sehr freundlich. Ich arbeitete zu Haus und kaufte Therese Kölner Wasser. Mittags speisten Schießl, Marie und LaRoche da, auch Ullmann, da ließ ich den Klasarek herabrufen. Er ließ mir sagen, dass er seine Sache schon übergeben und mit mir nichts mehr zu reden habe. Nach Tisch kamen Richart, Joseph Hoffmann und Stifft, der mir sagte, dass der Kurs sei mit 399 fl. 7/8 notiert, er habe meine 1000 fl. zu 400 und 1000 fl zu 401 fl. verkauft. Um 4 h fuhren Schießl, LaRoche und ich nach Pötzleinsdorf, durchstreiften den Park, weideten uns mit meinem englischen Perspektiv an jeder schönen Aussicht, besonders an dem höchsten Punkt bei dem Schweizerhaus. Um 7 h ins Wirtshaus, aßen Butter und Brot, tranken Wein und zahlten bei 4 fl. Um 8 h auf die Bastei, fand Jean Hoffmann, Stifft. Später in Compagnie, um 10 h zur Ruhe. In der Nacht Regenguss. Der Kurs war 410 fl..
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Trüb, schwül, vor Mittag Regen, gegen Mittag heiterte es sich aus. Im Burgtheater „Falsche Vertraulichkeiten“, im Kärntnertor-Theater „Don Ranudo“, im Theater an der Wien „Befreites Jerusalem“. Heute werden die Maurer mit dem Versetzen der Bodenstiege fertig. Früh zum Biedermann, die 50.000 fl. zu erheben, ließ des Grafen Quartier zurichten. Vormittags Geschäft mit Radl wegen Czernin. Heute erschien in der Wiener Zeitung die Deklaration des Wiener Kongresses wegen Bonapartes Flucht nach Paris. Ich schrieb dem Grafen einen langen Brief. Therese ließ durch Martin Wein abziehen und mischte in das 3-Eimer-Fass 1 Eimer Szeleser. Nach 5 h fuhr sie mit Josephine in das Damenstift in der Alstergasse, ich nach 2 h mit Rumpelmayer und 3 Mädchen nach Döbling, zum Diner in der Hirschengasse. Kam gegen 6 h zurück, zur Rosen, Adler, dann ins Burgtheater, sah den 3. Akt. Der Regen dauerte den ganzen Abend fort.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).