Ein schöner, heiterer Tag. Im Burgtheater „Falsche Scham“, Mad. Löwe als Rätin, im Kärntnertor-Theater „Graf von Burgund“, im Theater an der Wien „Don Juan“. Früh zum Grafen, Verteilung der Partezettel, zum Kridl. Hauslizitation, Ausruf 23.500 fl. Ich beorderte Jungmann und Richart zur Lizitation, und da der Kurs 420 fl., bestimmte ich, 40.000 fl., auch mehr zu geben. Nach 11 h zum Jungmann ins Taxamt, saß da bis gegen ½ 1 h, endlich riefen sie mich hinauf. Führlinger (?) erklärte, über 36.000 fl. nicht gehen zu wollen, der arme Breyer konnte nicht weiter. Nun lizitierte Richart, er blieb um 40.400 fl, erlegte 4400 fl, nämlich 10% und um ¾ 1 h waren Therese und ich Hausherr und -frau. Der Preis ist sehr annehmbar. Die Lizitation geschah in No. 2., von den Magistratsräten Laval und Orosino (?). Ich eilte zu Therese, sie war eben auf der Promenade, da kam sie mir entgegen, ich begrüsste sie als Hausfrau. Zu Richart um Geld, er gab um 40 fl. zu viel. Ich ließ den Breyer rufen und sagte ihm, dass es mir leid tue, das Haus nicht von ihm gekauft zu wissen, und dass ich ihn äußerst billig nach dem Ankauf und Reparatur halten werde. Mittags allein, nach Tisch kamen Richart, sie, Joseph Hoffmann und Stifft; letzterer ist nicht einstimmig, das Haus trägt nicht 6% Bei Arnsteiner wechselte ich 1000 fl. 20er gegen Dukaten ein, Differenz 5½ % und schrieb ihm, wie ich ihnen nicht mehr trauen werde. Therese ging zu Ullmann, avisierte ihm den Hauskauf und bat um Bewilligung eines Ganges, wegen einem braven Maurer, Ziegeldecker, Zimmermann, weil ich das Haus gleich reparieren lassen will. Mit Jungmann ins Arbeitshaus, dann in Gesellschaft, Préférence. Ich hatte Fieber, die Geschwulst an der rechten Backe geht in Eiterung über und macht mir große Schmerzen. Ich fühle jede Bewegung schmerzhaft. Ein warmer Tag !
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Ein schöner, heiterer Tag. Im Burgtheater „Seltsame Audienz“, mit Lippert, „Liebhaber und Geliebte“. Im Kärntnertor-Theater Deklamation, „Zephyr und Flora“, im Theater an der Wien „Turandot“. Früh zum Grafen, Schwaiger, Hardegg, Fliegen (?). Ich bin sehr abgespannt, alles wirkt mächtig auf mich, die Geschwulst vermehrt sich. Mittags allein, nach Tische kamen Richart, sie, Stifft und Jungmann. Therese ging mit Richart zu Peter, Richart und ich machten Promenade, zu Neefe, welchen wir besuchten, dann auch zu Peter gingen. Über Stiffts Brief mussten wir noch viel lachen. Richart gab dem Jean Hoffmann den Hoppi. Später in Compagnie, spielte Préférence. Heute erschien das Patent des Anleihens von 50 Millionen zu 2½ % Interessen, in Zwanzigern; unselige Aussicht.
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Im Burgtheater „Emilia Galotti“, Lange als Odoardo, die Löwe Orsina. Im Kärntnertor-Theater zum 1. Male „Joconde“, Oper in 3 Akten von Isouard, mit Wild. Im Theater an der Wien seit langer Zeit wieder „Der seltene Prozess“ von Gewey. Beim Erwachen gab ich Therese nebst einem herzlichen Glückwunsch 15 ½ Ellen Levantin á 3 fl., 12 Ellen grau gestreiften Marcellin á 5 fl. 50 x, dann in Geld 50 fl. und 2 Paar französische Handschuhe, zusammen 192 fl. Alles schien der neuen Haufrau Freude zu machen. Agnes und Nina frühstückten da. Ich musste wegen der Geschwulst zu Hause und im Bett bleiben, nahm Umschläge. Therese ließ heimlich Kölbinger rufen, mir gar nicht recht, der schrieb mir statt Honigteig Basilikumsalbe auf. Mittags allein. Josephine brachte Therese eine elegante Haube; ich sprach mit ihr von Zinsen, dass ich 6% verlange, getreue Rechnung legen und sie gerne im Hause behalten würde. Neefe brachte einen Rosenstock, Richart eine Faumtorte. Nach Tische kamen Ullmann, Jungmann, Stifft, Jean, Joseph Hoffmann, später Radl. Ich saß, las, arbeitete. Die Wunde schmerzt, ist etwas offen. Therese machte eine Promenade, dann zu Hause und legte mir Umschläge auf. Abends kam Nina; Richart, sie und ich spielten Préférence, Jungmann kam auch. Therese servierte mit Kalbsschlögel und Schinken. Kurs 401 fl., der Dukaten 18 fl. 53 x.
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Ein schöner Tag. Im Burgtheater „Intermezzo“, im Kärntnertor-Theater „Joconde“, gefiel, im Theater an der Wien „Johanna von Montfaucon“. Bis 1 h lag ich, bekam Besuche von Rohrweck, Richart, der Goldmann, Dräxler, Kölbinger. Nina, Neefe und Elsler speisten da. Die Wunde fließt stark. Richart, Stifft kamen zum Kaffee. Nach Mittag schrieb ich, , las, hatte Besuch von Joseph Hoffmann, den 2 Dräxler. Der Graf schickte mir den fatalen Lebel mit dem eben erhaltenen Brief vom Jäger Krotzka über alle Ereignisse von Graz und dass sie mit der Bagage von Graz nicht wegkönnen. Lebel will also nach Graz, deshalb schrieb ich an Rumpelmayer wegen marche courte, an Kost (?) wegen Pass. Schon halb tot, werde ich noch geplagt sein. Ich fühle mich sehr matt und immer fiebrig. Elsler drückte die Wunde stark aus. Abends Richart, sie, später Jungmann, Assen. Préférence, ich verlor 36 x. Der Graf besuchte mich und blieb eine dreiviertel Stunde, sprach Verschiedenes. Therese nähte ihm einen Hosenknopf an. Rumpelmayer disponierte über Lebels Abreise.
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Ma[ria] Verkündigung, ein schöner, warmer Tag. Im Theater an der Wien Deklamation, musik[alische] Unterhaltung für die Theater-Armen. Ich hatte keinen Augenblick Ruhe. Lebel, der Fatale, kam zweimal, wegen Revers und Vollmacht, dann kamen Martin, Johann Resch (?), Pöcking, Dermer, Kölbinger. Die Wunde fließt stark. Mittags allein, mit Mühe arbeitete ich, die Umschläge genieren mich sehr. Therese ging mit Richart spazieren, er blieb bei mir. Ich schrieb an Jean Hoffmann und nach Jablonits an Fiby, ersterem vom Hauskauf, letzterem schickte ich Partezetteln. Stessel schrieb ich ebenfalls vom Hauskauf, der Deklaration des Königs von Neapel, der uns den Krieg erklärte, der Ankunft des Gesandten Vincent (?), dass er und Bonaparte sich zusammen mit Monsieur und General titulierten, und schickte ihm das Kriegs- und Friedensspiel. Abends Spiel mit Richart, Assen, Jungmann.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).