Kalt, trüb. Im Burgtheater „Don Carlos“, im Kärntnertor-Theater „Schweizer Familie“, im Theater an der Wien „Attila“. Früh zum Grafen, um 10 h ins Belvedere, die die Rüstungen, Seltenheiten von Antiken und Kunststücke vom Schloss Ambras in Tirol zu sehen; Stifter Ferdinand. Fand Reisser, Dermer, Demmer, Fritz, Treitschke, Mayer etc; meine volle Bewunderung erregte das Ganze. Therese ging zur Moser gratulieren. Um 1 h fand ich auf dem Graben Kárner, mit ihm zum Radl speisen, welcher abgereist war. Um 3 h in den Prater zu der abermals für ½ 4 h angekündigten 6. Luftfahrt von Krakowitzer (?) und Männer (?). Wir fanden nicht 400 Menschen, Jungmann, Peter mit ihr. Der Ballon war gefüllt, um ½ 5 h stieg Krakowitz[er] auf und verlor sich gleich im Nebel, welcher dicht wurde. Um ½ 6 h kam er auf der Schwarzen Lacken nieder. Die Einnahme war so schlecht, dass nicht einmal die Wachen bezahlt werden konnten. Jungmann ging mit mir nach Haus, Nach 7 h suchte ich Compagnie um etwas zu soupieren. Jean Hoffmann war eine Stunde mit uns, ging dann ins Burgtheater. Nach 8 h und 9 h wurde Therese von zweien gefragt, Treitschke und Mayer empfehlen sich, ob sie nicht so gefällig wäre, morgen an der Wien in der „Zauberflöte“ zu singen; Heurteur war eben da. Therese erschrak nicht wenig, bekam Krämpfungen, probierte ihre Arien, sang selbe gut.
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Dichter Nebel. Im Burgtheater „Armer Poet“, „Deutsche Hausfrau“, im Kärntnertor-Theater „Fehlgeschossen“, „Nina“ mit Bigottini. Den Vormittag beim Grafen. Therese hatte um 9 h Probe an der Wien, Richart ging zu Neefe, um ihm zu sagen, dass Therese singe; dafür brachte ich ihm den schwarzen Hoppi (?) vom Grafen. Mittags allein, Hoffmann schickte auch seinen Bruder. Kam in Gesellschaft, dann mit Bangigkeit in Theater an der Wien. Die Galerien waren voll, das Parterre mittelmäßig. Therese wurde mit Klatschen ehrenvoll empfangen, sang beide Arien vortrefflich und wurde nach der zweiten noch mehr beklatscht. Die Mühlhofer mit Anhang, Jeanette mit ihrem Offizier, Kress (?) mit Anhang waren da. Ich war meistens auf der Galerie, plauderte mit Gottdank, war in der Garderobe und stellte Treitschke zur Rede, warum Therese nicht unten nochmal auf dem Theaterzettel gedruckt wurde; er redete sich auf Schreyvogel aus. Ich ging in Compagnie um etwas zu soupieren. Jungmann gab mir ein Billett zur Karussell-Probe.
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Heiter, kalt. Meiner seligen Mutter, der Moser und Assen Namenstag. Im Burgtheater „Katakomben“, im Kärntnertor-Theater „Fidelio“, im Theater an der Wien „Kluge Frau“. Den Vormittag beim Grafen, Gittig war da. Den Kutschern (?) und Neuberg brachte ich Mohnbeugeln. Gittig war unser Gast, ich bewirtetete ihn mit Hasen. Nach Mittag zu Hause, zum Grafen, Kridl, zu Liebmann wegen Geld und meinem Douceur; er gab mir nach vielem Handeln 400 fl. in Zwanzigern, der Jude !. Dann in Gesellschaft, zum Kammerlacher, vorher. In Compagnie trank ich Tee.
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Nicht kalt, etwas Nebel. Im Kärntnertor-Theater „Edelknaben“, „Shawl“, „Folgen eines Maskenballs“, im Theater an der Wien „Bürgerliche Brüder“. Sehr schläfrig zum Grafen, den Vormittag bei ihm, Liebmann, Batthyány. Richart geht mit Rosine Krauss. Mittags war Gittig unser Gast. Therese nähte mir einen Domino. Sie brachte auch Schreibers 2 Billetts, kaufte für Kridl grauen Taffet und machte auch ihm einen Domino. Dem Jean Hoffmann schickte ich auch ein Billett, er bekam aber keinen Domino und ging nicht. Schon angekleidet ging ich um 6 h in die Reitschule zum Karussell, dort Gedränge und musste zurückstehen. Richart mit Rosina Krauss, Hruschka, Assen kamen noch später. Erst gegen 8 h fing das Karussell an, in altdeutschen Kostümen, 24 Ritter, 6 schwarz, 6 rot, 6 lichtblau, 6 gelb, in samtenen Mänteln in entgesetzten (?) Farben, alles mit Silber gestickt, alles weisslederne Beinkleider. 8 Trompeter und 32 Kürassiere als Knappen eröffneten den Einzug, dann Herolde. Die Reitschule war wie bei Bällen beleuchtet, mit Schildereien (?), Fahnen und Harnischen verziert. Um 8 h fing das Karussell an, war pompös, die Adjustierung der Pferde, reich mit Silber und Samt, war imposant. Das Ganze war ein herrlicher Anblick. Dann Bal masqué für 2200 Personen in den Redoutensälen. Voll Schmutz kam ich nachher zum Mahr (?), nahm Domino und Bajute (?) und sah vom Fenster im kleinen Redoutensaal, welcher mit Trophäen verziert war, das Souper der Ritter und Damen, welche in nie gesehener Pracht und Glanz erschienen. Nach 1 h ging ich nach Haus.
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Nicht kalt, wie gestern. Im Burgtheater „Argwohn und leichter Sinn“, Lustspiel in 5 Akten nach Goller (?), umgearbeitet; im Kärntnertor-Theater „Gutsherr“, „Nina“, im Theater an der Wien „Roderich und Kunigunde“. Den Vormittag beim Grafen. Therese und ich fanden Richart um 11 h noch im Bette. Mittags speisten Kárner und Kridl da. Nach Mittag zu Haus, zu Rosen. Abends ins Burgtheater, fand Compagnie, Entenfellner, Assen, schlief viel und langweilte mich wachend. Als Roose die Wiederholung ankündigte, wurde gezischt. Therese ging zur Moser und gratulierte der Muth und Bauer.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).