Früh war es kalt. Ich fuhr mit Tonerl in die Stadt, ging zum Fürsten wegen Unterschreiben und musste bis 2 h warten. Ich entschuldigte mich bei der Mama und ging mit Stessel zum Jahn. Nach Tisch trennten wir uns, ich ging zur Mama und fand da den Virtuosen Berwald mit seinem Sohn aus Stockholm. Wir plauderten zusammen, er erzählte mir den Königsmord an Gustav III. im Jahr 1792 durch den Capitain Ankerström aus Stockholm auf dem Maskenball verübet. Um 6 h ging ich in den Prater zum Einsiedler, wo ich Giáy, Rhode, François, Stocklass, Nitschner und noch 3 fand. Wir soupierten, hatten Spaß mit einem armen Baron; dann gingen wir ins Ringelspiel, wo wir ritten und fuhren. Es war zwar beleuchtet, aber so finster dass man nichts sehen konnte. Um 9 h kamen wir in die Stadt zurück; ich eilte gleich nach Hause und ins Bett.
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Kalt, windig und mitunter ein Intermezzo von Regen. Früh erhielt ich wieder eine Visite von der Polizei. Charles und Tonerl arbeiteten bei mir. Um 12 h besuchte ich Klimbke, um ½ 1 h ging ich zur Mama. Berwald und Sohn, beide Virtuosen auf der Violine aus Stockholm, speisten da; nach Tisch fuhren sie nach Schönbrunn. Mir nahm Kutschersfeld einen Wagen ab. Wir hatten Streit, dass ich Fellner engagierte, mit mir die Landstraßer Gärten anzusehen. Er will diese Ehre haben: gut er habe sie ! Wir beschlossen also, alle en Compagnie den Garten zu besuchen, und so endete sich der Streit: Ich fuhr ins Rote Haus, ließ ein Kalesch mit 2 Pferden anspannen. Tonerl und ich fuhren nach. Sie sahen den Auerochsen (?), Kamele, Löwen, Füchse, den Strauß, Adler, Kranich und dergleichen; bald fanden wir sie. Tonerl und ich stellten uns in die [... ?] beizeiten; sie […. ?, unleserlicher Satzteil], wir taten, als hörten wir sie nicht, dies gab Spaß. Therese freute sich außerordentlich über diese Überraschung. Die Witterung war kalt, abwechselnd auch mit Regen; dies verdarb uns den Spaß wesentlich. Wir gingen ins Gloriett, ließen uns aufziehen, sahen die Ruinen, den Obelisk; fuhren um ½ 7 h weg und waren in 10 Minuten in der Stadt. In vollem Laufe prallten wir vor Theresens Wagen vorbei. Beim Theater fanden wir Klimbke, diesen engagierten wir ins Michaeler Bierhaus zum soupieren. Nachher gingen wir ins Burgtheater zu den „Beiden Klingsberg“. Es war voll und zu meinem Verdruss musste ich stehen. Nach dem Theater ging ich zum Portier, plauderte mit Stessel und machten uns dann nach Hause.
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Kalt und regnerisch. Von 6 bis 9 h arbeitete ich, ging zum Gönner, blieb lange bei ihm und wurde von ihm sehr gnädig behandelt. Um 12 h fuhr er nach Ács in Prozessachen. Vorher war ich bei Burgerth, wo von meiner Heirat gesprochen wurde; ich erzählte alles dem Gönner, wo ich nur zu deutlich bemerkte, dass er dem Burgerth sehr abhold ist. Um 12 h ging ich mit Stessel auf der Bastei um die ganze Stadt. Bei der Mama sagte ich ab und speiste mit Stessel bei Jahn. Ich trank Horner Bier und Wein, dies verursachte mir rasende Kopfschmerzen. Nach Mittag musste ich mit Stessel Billard spielen; dies verstärkte die Schmerzen und ich musste mich zweimal übergeben. Abends ging ich ins Kärntnertor-Theater; man gab „Nina“, zum ersten Mal ohne Rezitative. Im Theater fand ich Therese, Nina, Berwald und Sohn. Die Mädchen gingen gleich nach der Oper; die Mama machte mir viel Verdruss wieder. Berwald und Sohn blieben; über Lotti lachten wir wieder, dies heiterte mich auf. Nach der Oper wurde Tomeoni vorgerufen; dann gab man einen Pas de deux von Viganò. Im Regen ging ich nach Hause und ins Bett.
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So fatal wie gestern. Vor 6 h stand ich auf; der Bediente Anton vom Gönner frühstückte bei mir. Tonerl arbeitete bei mir bis 12 h. Ging zu Stessel; er versprach, bei Janitz (?) Gutes zu sprechen. Später gingen Gewey, Schmirer, Klimbke und ich auf die Bastei und sprachen vom Privattheater in Breitensee. Beim Speisen zu Mittag gab es ein Gemisch von Frohsinn und Verdruss. Nach 4 h erwartete ich im Hause den Stessel, blieb bis 6 h in der Zuckerbäckerei, wo wegen des Sattelknechts und Schmieds Quartier gesprochen wurde. Der Stallmeister kam hinzu und machte fürchterlich große Augen; ich ging mit ihm weg, er klagte mir seine Leiden und ich bedauerte ihn aufrichtig. Abends ging ich ins Burgtheater in „Lohn der Wahrheit“ und fand Stessel, Tonerl, Berwald Sohn und das Liebste, meine Therese. Stessel bediente alle mit Gefrorenem, Wir plauderten zusammen und ich unterhielt mich angenehm. Im Nachhause gehen beleidigte mich Therese mit ihren Zweifeln und Argwohn so sehr, dass wir böse voneinander schieden. Mit Stessel soupierte ich etwas beim Portier und trollte mich dann mit Tonerl im Regen nach Hause. Heute schrieb ich an Brunano und bat ihn, mir bei der Rückkunft der Küche von Schottwien einen Hut Zucker von 8 bis 10 Pfund zu schicken.
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Regen und Kälte. Um 6 h stand ich auf, um 9 h fuhr ich in die Stadt, besuchte Stessel und ging mit selbem in die Physik der Universität. Um 12 h besuchte ich Klimbke. Wir plauderten von seinem Prozess mit Andreaczy; er begleitete mich zum Speisen. Therese und ich sprachen wenig. Nach Tisch ging Nina zur Kren (?), dann gab es nur feierliche Pausen. Abends um 6 h ging ich zu Stessel. Csekonics kam eben von Eisenstadt; ich fand sie beim Hause, als ich zu Stessel ging. Um 8 h ins Burgtheater zu „Nina“ und „Fantasma“. Im Theater waren Therese, Agnes und neben ihnen Csekonics. Nach der Oper begleitete ich letztere nach Hause und tat ein Gleiches. Im Hause fand ich von Klimbkes Bruder einen Brief, der mich sehr lachen machte: er dankte für die geleistete Gevatternschaft.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).