Kalt und neblig. Um 6 h saß ich schon am Schreibtisch und arbeitete bis nach 12 h. Heute machte ich für Therese ein Stück Gingham zusammen, gab das Gedicht und eine goldene Schnur dazu; so freue ich mich jetzt schon über Theresens Vergnügen, dass ich die Stunde erwarte, wo ich ihr es anbieten kann. Patsch und Rehbock besuchten mich, ich schenkte jedem ein Gilet und eine Bouteille Slivovitza. Bei Tische erfuhr ich, dass mich die Petrowitz nach Tische besuchen werde. Die Witterung ist sehr schlecht, seit 12 h schneit es unaufhörlich. Nach Tische ging ich zu ihnen, die Mama, Clair, Nina, Lisette und Heinrich fuhren zusammen in einem Fiaker heraus. Ich zeigte ihnen die Galawägen, die Reitschule, den Stall und alle meine Schätze. Hernach tranken wir Tee, später Tokajer, unterhielten uns bis 6 h. Ich ließ einspannen, setzte sie beim Milano ab; ich aber begab mich ins Burgtheater, man gab neu einstudiert „Matrimonio segreto“. Ein Terzett, welches Therese, Tomeoni und Milloch sangen, gefiel mir sehr, sonst hatte ich Langeweile im Theater. Nina, Agnes, Klimbke, Mayer, Rotter waren nur stückweise da. Erstere machte eine beißende Rede „Durch Plaudern nehmen sie meiner Schwester viel Freude“; sehr böse, und umso mehr, weil sie und Agnes stets mit einem gewissen Holzer, ein wahres Noners (?), plauderten. Ich erhielt Weidmanns Redoute-Billett und sagte Nina, ich ginge morgen in die Redoute. Obwohl ich keinen Sinn dazu hatte, führte ich sie nach Hause und sagte kein Wort. Kutschersfeld wartete meiner beim Taroni, wir fuhren zusammen. Abends las ich einen Auszug aus Müllers Tagebuch von 1792, von Kuefsteins Bestellung als Direktor, Brockmanns als Regisseur, ihre Vorstellung beim Kaiser, Müllers Entlassung, Pensionierung und Wiederaufnahme.
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Die ganze Nacht schneite es; der Schnee hält sich, so ist es kalt. Um ½ 6 h saß ich zum Schreibtisch, arbeitete bis 9 h, fuhr zum Gönner, der eben nach Preßburg fuhr. Dem Joseph schenkte ich die 12 schlafenden Jungfern (?), dem Anton 2 Redoute-Billetts. Dann ging ich ins fürstliche Haus, fand da 2 Ries Papier, welche Paur selbst mitbrachte; dann mit Kutschersfeld zusammen, schwätzte mit demselben von Fellner. Nachher besuchte ich Klimbke, las da Kotzebues neues Geisterstück „Die kluge Frau im Walde“. Nach 1 h ging ich zum Speisen und überraschte meine Therese mit der Äußerung, dass ich heute nicht in die Redoute ginge; sie freute sich so herzlich darüber. Ich besuchte die Weidmann und lud sie samt dem Franzel morgen zu mir ein. Nachher ging ich ins Theater zu Klimbke. Dieser gab mir 2 Redoute-Billetts, diese schenkte ich der Brandlin und Gruber. Ich blieb im Burgtheater im „Gastrecht“; die Geisterszene machte abermals keine Wirkung. Es war sehr voll; ich unterhielt mich mit Cleynmann, dem ich Platz neben mir verschaffte, recht angenehm. Nach dem Theater gingen Kutschersfeld und ich nach Hause. Den ganzen Tag und Abend schneite es unaufhörlich und stark.
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Theresens Geburtsfest. Kalt und außerordentlicher Schnee. Um 5 h saß ich heute schon am Schreibtisch; um 8 h fuhr ich mit Tonerl zu Fellner; wurde gut aufgenommen; ich versprach, ihm einen Koch zu bringen und empfahl ihm den jungen Adler. Nachher ging ich mit meinen Geschenken, dem kleinen Gedicht, dem Stück Gingham, der goldenen Schnur und einer Bouteille Tokajer für die Mama zu Theresen. Tonerl fuhr mit zu Theresen. Innig und groß war Theresens Freude über das Angebinde. Von da ging ich zum Fürsten, ließ unterschreiben, er zahlte mich auch, musste aber bis ½ 3 h warten. Agnes war bei Tische; es war schon abgespeist; ich zahlte der Mama 100 fl. Um 3 h kam der Wagen; wir fuhren zu Weidmann, dann mit ihr und dem Franzel nach St. Marx zur Bauer (?), von da ins Rote Haus. Agnes und Sepherl fanden wir schon da; recht angenehm überraschte mich Agnes und ungemein freute mich die Galanterie, weil ich schon bös war, dass sie nicht mit uns fuhr. Wir tranken Kaffee, jausneten, unterhielten uns mit der Optik und blieben bis nach 8 h, dann fuhren wir nach Hause. Ich soupierte etwas bei der Mama. Um ½ 10 h abends ging ich wieder ins fürstliche Haus, wohin auch Kutschersfeld kam, um des Fürsten Abreise nach Russland zu erwarten. Wir blieben beim Portier, Walther, Gio, Krug; der kleine Jean gesellte sich zu uns. Wir aßen Würstl, tranken Bier, und lebten recht munter, bis der Fürst wegfuhr, welches nach 12 h geschah. Dann fuhren wir nach Haus.
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Die ganze Nacht und heute den ganzen Tag schneit es ungemein stark; bei Mannsgedenken erinnert sich niemand so häufigen, so anhaltenden Schnees bei dieser Jahreszeit. Von 7 bis 12 h arbeitete ich sehr fleißig; ging in die Stadt zu Klimbke im stärksten Schneien. Mittags ging es ernst zu. Nach Mittag ging ich zu Fellner, fand da die General Pachtische (?), Joseph und den Kremnitzer aus Pest, sprach ein Weilchen mit den Herren wegen Arbeiten, empfahl ihnen den jungen Adler als Koch. Um ½ 6 h ging ich ins fürstliche Haus, dann ins Kärntnertor-Theater; man gab „Menschenhass“ und Mme. Unzelmann spielte darin die Eulalia. Ich plauderte mit Agnes und Nina; mir und ihnen gefiel sie nicht, obwohl ihr ihre Partei jämmerlich klatschte. Kutschersfeld und ich fuhren nach dem Theater nach Hause.
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Es weht und schneit unaufhörlich, und hat die Kälte so zugenommen, dass sich der Schnee erhält. Um 10 h ging ich in die Stadt, wollte zum Gönner, hörte aber, dass er in Preßburg sei. Dann engagierte ich den Kremnitzer von Pest; mit diesem ging ich herum, auch zum Kaufmann Menzel (?), die sich als Bekannte fanden und wo wir beide auf morgen Mittag zum Speisen eingeladen wurden. Von da ging ich zum Taroni, um Klimbke zu erwarten, welcher aber nicht kam. Ich kaufte für 3 fl. 40 x seidene Strümpfe, weiß mit breiten Streifen. Mittags versprach ich der Mama eine Jause, mit welcher wir nun – Therese und ich – viel Spaß hatten. Nina speiste bei der Schmidtmayer und kam um 4 h, die Jause aber erst um 5 h an, welche in einer Torte – von Adler verfertigt – bestand. Um 6 h ging ich zu Klimbke, unterhielt mich mit Pfersmann und Brunelli (?), welcher erst von Prag kam, und ging nachher ins Burgtheater. Man gab den „Amerikaner“, umgearbeitet von Kotzebue, und „Flora“. Nina, Therese und die Mama waren auch, gingen aber nach dem Stück, das mir so nicht missfiel. Nach dem Theater fuhren Kutschersfeld und ich gleich nach Hause.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).