Großer Nebel. Mein Husten quält mich außerordentlich. Um 12 h ging ich in die Stadt, gab dem alten Poldl die Verse für die Mama und eine Torte, welche Adler verfertigte, mit dem Auftrage, sie morgen vor 7 h hinauf zu tragen. Dann ging ich bei der Burg auf die Bastei und beim Johannstiegl herunter. Bei Tische waren wir ziemlich munter; nach Tische gingen wir auf die Bastei, bei unserer Rückkunft kamen Lang und Salieri. Da wurde gesungen. Um 5 h gingen Lang und ich abermals auf die Bastei, dann machte er sich in die Burg, ich ins Kärntnertor-Theater, wo man „Emilia Galotti“ und die Unzelmann die Orsina gab. Nach dem Stück wollte man selbe vorrufen, sie war aber schon weggegangen, sagte Klingmann, welcher auf morgen wegen der Entbindung der Kaiserin mit einem Prinzen freie Komödien ankündigte. Im Theater unterhielt ich mich mit der Kleiner (?), Collet und Casanova. Agnes war ganz von ihnen getrennt; nach dem Theater begleitete ich selbe nach Hause. Tonerl, Kutschersfeld und ich gingen auch.
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Der Mama Geburtsfest; ein schöner Morgen. Um 5 h stand ich auf, um 6 h fuhr ich zu Klimbke, dann zu Mayer und um 7 h fuhren wir nach Hetzendorf, um den Kotzebue, welcher heute nach Regensburg reist, ein herzliches Lebewohl zu sagen. Wir wollten nach Purkersdorf, um während dem Umspannen mit Kotzebue länger reden zu können, da aber Mayer um 10 h Probe hatte, konnten wir nur bis Hütteldorf. Ich ließ auch meine Muhme Blumen besorgen; wir unterhielten uns indes im Garten, in den Zimmern. Um 9 h fuhren wir zurück. In Baumgarten – wo es vor einigen Tagen brannte – kamen wir mit Kotzebue zusammen. Seine Frau und Familie fuhren in einem sechsspännigen Wagen voraus; ersterer bot Mayer die Blumen an, als Beweis unseres Andenkens. Von Kotzebue nahmen wir mit tränendem Auge Abschied, denn auch ihm entfielen Tränen. Er versprach, uns aber in einem Jahr wiederzusehen; wie freue ich mich darauf ! Um 10 h waren wir wieder in der Stadt. Ich ging gleich zur Mama, um ihr meine Glückwünsche abzustatten; da erfuhr ich, dass Agnes und Lang zu Mittag geladen sind, dass wir am Abend von Braun eine Loge haben, und dass alles munter ist. Um 11 h ging ich auf den Bürgerspitalplatz, um die Salven zu hören, welche wegen der Taufe des Prinzen abgefeuert werden. Später ging ich zu Klimbke, wo ich Gewey fand; mit selbem in die Burg, da kam ich mit Lang zusammen, mit ihm auf die Bastei und speisen. Bei Tisch war alles munter; nach Tisch fuhren wir mit einem Postzug nach Nussdorf hinaus. Schön und angenehm war es da. Ich bestellte gleich Kaffee und lud alles zu einem Spaziergang an die Donau ein. Weil aber ein Windchen wehte und es der faulen Mama nicht behagte, durfte niemand gehen; doch Agnes und ich ließen uns nicht abschrecken. Wir schlenderten weit bis über das Ende des Dorfes hinaus und fanden unsere Promenade sehr angenehm. Bei unserer Rückkunft tranken wir bei der Goldenen Rose Zichorienkaffee, wofür ich 3 fl. 45 x bezahlen musste. Später kamen auch Simoni und Lotti mit ihren Schönen. Um 5 h fuhren wir in die Stadt. Tonerl wartete unser, um 6 h waren wir im Kärntnertor-Theater. Man gab die „Edle Rache“; alles übertrieb in hohem Grade, besonders aber Baumann, dem seine alten Leopoldstädter Freunde recht weidlich zuklatschten und am Ende gar herausruften. Er sagte „Ja heute ist ein freudiger Tag; ich gefreue mich auf einen solchen freudigen Tag !“; wie dumm ! Vor Anfang der Oper gingen Tonerl und ich ins Burgtheater, die außerordentliche Menge Menschen, die Hitze, der Geruch und Dunst erreichen keine Beschreibung. Nach dem Theater begleiteten wir unsere Frauenzimmer nach Hause und taten ein Gleiches.
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Ein schöner Tag, etwas windig. Früh von 6 bis 10 h arbeitete ich, Tonerl und Charles waren auch bei mir. Um 10 h ritt ich mit Kutschersfeld spazieren, um 11 h ging ich in die Josephinische Militärakademie, um die chirurgischen Apparate von Wachs zu sehen. Lang war da und machte mich mit dem Oberarzten Zank bekannt. Ich fand dieses Kabinett außerordentlich interessant. Nach 12 h sprach ich mit Stessel, welcher mir die beruhigende Versicherung gab, dass Siess ihm sagte, im Falle, dass hier im Stalle Einschränkungen geschähen, man für mich hier schon ein Plätzchen finden wird. Mit Krug ging ich hernach auf der Bastei spazieren, dann zum Speisen. Bei Tische waren wir alle sehr ernst; nach Tische besuchte ich Gewey, später den Gönner, wo heute Gesellschaft von mehr als 40 Personen ist und Elise solo tanzt. Um 5 kamen der Großfürst von Russland im Wagen des Herzogs von Württemberg und im 2. Wagen der Fürst, welcher seinen Kurier vorausreiten ließ, in seinem englischen Wagen und Postzug; sie fuhren gerade in die Burg. Später ging ich ins Burgtheater. Man gab zum ersten Mal das Schauspiel „Albert von Thurneisen“; Therese, Nina und Lang waren da, später auch Klimbke. Vor Anfang erschien der Kaiser in der Loge; sein Erscheinen verursachte ein dreimaliges Klatschen. Später erschien der Großfürst, ganz das Bild seines Vaters, mit dem Palatin und wurde ebenfalls mit dreimaligem Klatschen empfangen. Das Stück gefiel ziemlich; am Ende desselben wurde die Koch, dann auch ihr Vater vorgerufen. Nach dem Theater begleiteten wir unsere Damen und Klimbke begleitete mich nach Hause.
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Ein heiterer Tag. Früh schon um 6 h kamen die Stalleute und Pollack, welcher mit dem Fürsten als Kurier war. Ich arbeitete bis 12 h, ging zu Stessel; mit ihm sprach ich von Einschränkungen, Wirtschaft, Verminderung der Garde, Jagdbarkeit und stimmte meinem Herzenswunsch zu, dass bei der Hofstatt nicht so eingeschränkt werde. Dann besuchte ich Klimbke, kaufte die Theaterkritik, lasen sie zusammen. Dann gingen wir auf die Bastei, sahen und untersuchten des Großfürsten Reisewägen. Gewey begegnete mir und begleitete mich zur Mama. Beim Speisen gab das Heraufziehen der Tante hinlänglichen Stoff. Nach Tische besuchte ich den jungen Fellner, ging mit selbem auf die Bastei, später zu Stessel und mit ihm ins Burgtheater, wo Therese und Nina waren. Man gab den „Weiberfeind“ und „Hercules“. Nach dem Theater begleiteten wir die Damen nach Hause und soupierten im Michaeler Bierhaus, wo wir recht viel schwätzten. Um 11 h ging ich so langsam nach Haus, dass ich erst um ¾ nach 12 h nach Hause kam.
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Trübe. Früh frühstückte Packh bei mir. Der Kimlin schickte ich mit 2 Laib Milchbrot zur Mama. Um ½ 11 h ging ich in die Stadt, mit Packh zu Stessel und mit selbem spazieren. Um 12 h besuchte ich Klimbke, da kam auch Gewey. Wir sprachen vom Theater und begleitete mich bis zur Mama. Bei Tisch war alles ernst; nach Tisch ging ich zu Walther, verfertigte für selben seine Reiserechnung nach Polen; er brachte mir Casimir gestreift auf 2 Beinkleider, welche ich gleich zum Schneider schickte. Später gingen Stessel und ich auf die Bastei, da begegnete uns Kutschersfeld. Wir tranken im Michaeler Bierhaus Horner Bier, gingen dann ins Kärntnertor-Theater. Man gab auf des Hofes Verlangen „Johanna von Montfaucon“. Therese war auch mit Nina und Agnes da. Ich begleitete sie nach Hause, verlor Stessel und trollte mich auch in meine Heimat. Tonerl war auch im Theater und im Nachhause gehen verabredeten wir einen morgigen Spazierritt.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).