Trüb. Freie Theater für den Hof. Früh um 7 h zum Grafen, welcher mit der Gräfin nach Preßburg reisen will, aber nirgends Postpferde bekommt, auch nicht von Leitgeb und Janschky, Er gab mir einen Sitz ins Parterre noble zur „Weihe der Zukunft“, ich gab ihn Kridl, dann Schenk und ihr. Der Graf reiste allein. Vor Mittag zur Moser, mittags auf Lungenbratel und Pastete zu Josephine mit Tony, Kridl, Jungmann. Nach Tische kamen Richart, Krünes, mit welchen Therese zu Aspelmayer ging, später bei Josephine blieb. Ich arbeitete zu Haus, zum Finzi mit 100 #, in No. 373. Abends ins Leopoldstädter Theater, „Hugo der Siebente von Elsass, der Friedensgeber“. Langweilte mich, sprach mit Huber wegen Zins 75 fl. halbjährlich für Neefe und empfahl ihn. Richart begleitete mich.
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Veränderlich. Im Burgtheater „Wiedervergeltung“, „Kleiner Proteus“, im Theater an der Wien „Zrinyi“. Nach 7 h abermals wegen Freibilletts zum Pálffy, zu Reimann, in den Keglevich’schen Garten, dann wegen Stall mit Sträubl (?) Konferenz. Mit Schreyvogel sprach ich heute lange. Ich badete im Diana-Bad, speiste bei Radl mit Angerbauer und et[?]. Nach Mittag kam Müller vom Vogelhuber und der Küchen (?)meister. Therese zeigte ich bei Keglevich die Zimmer und Garten. Sträubl baut sein Haus mit allem Eifer. Therese speiste allein, ist heute den ganzen Tag bei der Josephine. Ich schrieb an den Grafen, suchte Gesellschaft, ging abends zur Kohlpringer (?). Bestimmte abends, die Serenade zu hören, die zur Ankunft des Schwarzenberg gegeben wird, komponiert von Hummel, mit Instrumental- und Vokalstimmen. Um 10 h fuhr ich mit Schenk von der Kohlpr[inger] weg, holten die Julie ab und begaben uns in die Wollzeil. Polizei und Ulanen hielten schon die Straße besetzt; Kraft und Mayseder spielten Soli. Das Ganze langweilte, vom Chor verstand niemand eine Silbe. Ein paar tausend Zuhörer schrien dem Fürsten ein Vivat. Um 1 h kam ich nach Hause.
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Veränderlich, nach Mittag Gewitter. Im Burgtheater „Wallenstein“, im Theater an der Wien „Aschenbrödel“. Früh arbeitete ich zu Hause, ging zu Pfersmann wegen Entrée, fuhr mit Johann nach Meidling wegen Stall, ins Badhaus, ließ ihnen Wein und Rostbratl geben. Nach der Rein, Fünfhaus. Mittags allein, nach Tisch kamen Richart, Roller, Neefe große Abhandlung wegen Veränderung der Optik und Figuren. Ich schrieb an den Grafen, Therese ging zur Josephine. Abends suchte ich Gesellschaft, war auf der Bastei, aß in Compagnie Fisolen.
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Trüb, kühl. Im Burgtheater „Spanier in Peru“, im Kärntnertor-Theater „Schweizer Familie“, im Theater an der Wien „Joh[ann] v[on] Calais“. Josephine und Tony frühstückten da, erstere schnitt mir die Haare; der (?) Tony schenkte ich ein kleines Tabakdöserl. Nach 10 h in No. 373, zum Kridl, führte Schenk, Entenfellner, Grünwald, Liebisch’s Schwager in die Reitschule. Mittags allein, Richart trank mit mir Kaffee. Schrieb an den Grafen, Therese und ich gingen mit Reimann in des Kreuz-Commandeurs Garten, vorher ich zur Terzaghi wegen kranker Carolina. Die Therese gab uns schöne Rosen, mit Reimann ging ich ins Oratorium zum Segen, dann zum Natter. Da waren Jaworek (?), sie, eine taube Hofratstochter und ein volles Mädchen von Pest. Die fuhren mit Therese nach Haus. Ich blieb bis 9 h, sprach mit Friedrichsthal, von Preßburg aus bekannt, dem Commandeur, las und so verstrich die Zeit. Es goss und stürmte die ganze Zeit, ganz durchnässt kam ich nach Haus. Die Wien schwillt an. Stessel wurde heute der Kaiserin Louise vorgeführt.
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Regengüsse, stürmisch, die Gewässer treten aus. Im Burgtheater zur Einnahme der Rivollischen Waisen nach 16 Jahren wieder „Die Korsen in Ungarn“; Schauspiel in 4 Akten von Kotzebue; die Rivolla diente 16 Jahre. Im Theater an der Wien „Joh[ann] v[on] Calais“. Ich lag bis 9 h, in No. 373, wohin Schenk kam, fuhr zu Kutschersfeld, Hoffmann, Brandmayer, in die Porzellanfabrik. Austritt des Alserbaches und der Wien; die Zerstörung ist schrecklich, die Bärenmühle, das Theater und ein Teil der Glacis, wo das Bancozettel-Haus steht, sind unter Wasser, Holz, Geräte und verschiedene andere Sachen schwimmen herab. In Baden soll die Verwüstung auch ungeheuer sein. Das fehlte noch zu der unerschwinglichen Teuerung ! Wind und Regen wüten fort. Mittags allein, nach Mittag hatte ich wieder Konferenz mit Hörr, der alles für die Mirus ablieferte. Ging an die Wien, um die Gräuel wieder zu schauen. Haim kam zu mit. Bei dem Bretter-(?) Steg sahen wir das Militär mit Verwegenheit Holz auffangen. Dann ging’s zur Bären- und Schleifmühle. Alle Zimmer sind verschlämmt, die Böden aufgerissen, Steg von der Seite abgerissen und das Erdreich vom Grunde weggespült, und so sind alle oberen Stege zerstört. Im Theater machte es den Demnerischen und Legatta (?) viel Schaden, es wurde aber gespielt. Abends ins Burgtheater, voll, fand Compagnie. Das Stück langweilte, die Rivolla gefiel nicht, wurde aber vorgerufen und dankte und schloss: „So lange ruht der Segen meiner Mutter auf mir, so lange Sie mir Ihren Beifall nicht entziehen“. Nach Mittag ging der Kaiser dennoch nach Baden. Die Zerstörung vom Bache soll groß sein.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).