Noch immer dauert dieses teuflische Wetter, Sturm und Regen hausen fort. Abends heiterte es sich aus. Im Burgtheater zum 1. Mal „Rodrigo und Chimene“, Trauerspiel in 5 Akten von Aug[ust] Klingmann in Jamben, nach dem „Cid“ des Corneille. Dekoration vom sel[igen] Melchior. Wurde des Ausgangs wegen, als Chim[ene], dann Rod[rigo] sich erstach, ausgezischt. Im Theater an der Wien „Deutsche Treue“. Den Vormittag beim Grafen, neues Quartier, mittags bei Radl. nach Mittag zu Neefe, brachte Roller Tabak, sprach wegen „Zauberflöte“. Zur Jeanette, welcher die Aufkündung verwies und ihr sagte, dass ich mit Hensler gespannt sei, darum mich nicht verwenden könnte. Dann nach Haus, ins Burgtheater, voll, fand Compagnie, plauderte mit Bouche (?). Nie erlebte ich ein unisoneres Zischen, als Adamberger den Korn, dann sich erstach; da wurde auch gelacht. Nachher in Neefes Compagnie zur Möhrung.
Band 07 (VII.), Seite 159r
5872
1813
8
29
Petri und Pauli. Heiter, mittags und nach Mittag Regen. Auf Allerhöchsten Befehl im Burgtheater „Zerstreute“ und „Verwundeter Liebhaber“, der Saal ist beleuchtet. Im Theater an der Wien „Kaspar der Thorringer“. Gestern kam die Prinzess von Weimar und stieg im Schweizerhof ab. Den Vormittag beim Grafen, Theaterkasse. Der Festtag nach langem Regen lockte mich ins Freie, wo ich speiste. Ich ging durch das Lerchenfeld, sehr schlüpfrig. Schrieb Therese und schickte Nina 100 fl. Ins Burgtheater, blieb beim Eingang ins Parterre. Einen schönen Anblick gewährte der beleuchtete Saal und die geputzten Menschen. Nur die Weimar erschien im Theater, die Oldenburg wegen Trauer nicht. Dann in Compagnie nach Haus.
Band 07 (VII.), Seite 159r
5873
1813
8
30
Trüb, kalt. „Rodrigo“ mit abgeändertem Schluss, im Theater an der Wien „Folge einer einzigen Lüge“. Den Vormittag beim Grafen, mit ihm ins neue Quartier, beim Pálffy wegen Sitzen, im Hause der Plaideux. Dann ging ich auf die Börse, Kurs 164 fl.. Mittags mit Kridl bei Richart, nach Mittag fuhr ich im Regen zur Keglevich, Jahny. Es heiterte sich aus und ich machte mich eine Stunde vor die Linie. Abends ins Burgtheater, Loge zum Stifft, fand Jean. Sie erzählten mir, dass unsere Truppen am 26. die Schanzen vor Dresden stürmten, abgeschlagen wurden, selbe am 27. beschossen, und an 10 Orten brannte, dass die Franzosen einen Ausfall machten, welchen die Unsrigen blutig zurückwiesen, dass Vandamme bei Rumburg schecklich hause. Sprach auch mit der Mirus, welche mich heute beschwor, wegen Rechnungsangelegenheiten zu ihr zu kommen. Um 9 h aus dem Theater, fand Compagnie zum plaudern, Saal erzählte mir von der Auflösung der gesamten Oper.
Band 07 (VII.), Seite 159r
5874
1813
8
31
Heiter. Im Burgtheater „Lohn der Wahrheit“, im Theater an der Wien großes Spektakel unter Beleuchtung des Saals, „Abu Hassan“, Oper in 1 Akt, Musik von Weber, dann „Aschenbrödel“. Früh zum Grafen, zu Froon wegen Logen und Sitzen, auf die Börse, ins neue Quartier. Mittags zu Radl, nachher mit Stifft. Gegen 5 h zur Mirus, welche mich mit fatalen Aufträgen beehrte. Mit der Tochter ging ich noch eine Weile in den Gängen herum. Nachher ins Theater an der Wien, schreckliches Gedränge, ich führte Schenk beim Orchester herein, die Kaiserin und Prinzessin von Weimar erschienen. Kam erst spät in Compagnie und schwitzte mich sehr ab. Nach 6 h kam Therese mit Kopfschmerzen, legte sich gleich. Wir plauderten bis nach 11 h. Sie brachte mir einen sehr niedlichen Zungenschaber (?), welcher mich sehr freute.
Band 07 (VII.), Seite 159r
5875
1813
9
1
Heiter. Im Burgtheater „Der Virginier“, Lustspiel in 3 Akten, eine Art „Vetter aus Lissabon“, gefiel nicht. Im Theater an der Wien „Johann von Paris“. Früh plauderten wir, dann ging ich zum Grafen, Therese ordnete alles. Rösner kam und bat sich den Kontrakt zwischen Braun und Hof aus, welchen ich ihm gab. Bei Stifft verkaufte ich 200 # und hörte, dass Moreau neben Kaiser Alexander durch eine Kanonenkugel beide Füße verlor, dass wir bei Dresden die Bataille durch die Russen verloren und uns gegen Böhmen retiriert haben. Welch schrecklicher Schlag ! Alles Glück ist von uns gewichen. Des Kaisers Hoflager ist in Laun und retirierten. Mittags mit Therese allein. Der schöne Tag und Hoffnung auf Aufheiterung zog mich ins Freie. Vorher waren Jean und Stifft bei uns. Joseph war heute zum 1. Male im Comptoir. Heute war mit einem Seelenamt die Einweihung von Collins Monument in der Karlskirche. Leithner ging mit mir bis zum Lerchenf[eld], dann ich allein. Suchte Compagnie um zu plaudern, saß bei Therese lange und entwarf für den größten Unglücksfall einen Lebensplan.
Band 07 (VII.), Seite 159v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).