Die ganze Nacht und Tag warf es unglaublich viel Schnee, wehte dabei und verursachte die fatalste Witterung. Früh um 6 h stand ich auf, arbeitete bis 8 h, ging zum Gönner und Fürsten. Dem Gönner besorgte ich beim Distler Logen und Sitze. Besuchte Klingmann, später Stessel, welcher eben ankam, weihte ihn in meine Liebesangelegenheit ein und bat ihn, sich gelegentlich für mich zu verwenden. Um ½ 2 kam der Fürst nach Hause, ich ließ unterschreiben, er zahlte mir seine Auslagen. Dann ging ich zum Speisen; wir waren froh, nach Tisch kam Agnes. Nachher ging ich zu Klimbke wegen Geld, erhielt keines. Kaufte Tee, ging in die „Camilla“, wo Therese, Nina und Agnes waren. Ich unterhielt mich mit ihnen, liebelte mit meiner lieben Therese und ging im übelsten Wetter nach Hause.
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Früh um 6 h stand ich auf. Schnee, Regen und Wind hausten den ganzen Tag; die äußerst schlechte Witterung, die heute noch fast ärger war als gestern, machte mir Halsschmerzen. Schrieb Klimbke ein Billett um Geld, arbeitete bis 9 h und fuhr dann zum Gönner; er gab mir Aufträge, die ich mit Eifer ausführte; später bestellte ich bei Distler Logen und brachte ihm die Austeilung. Dann besuchte ich Walther und ließ mir die Haare schneiden. Mittags speisten Händler (?) und Fiedler (?), dann auch Agnes da. Nach Tisch gab ich Theresen für die Umlaufischen 2 Paar Tiroler Handschuhe, welche ich beim Gönner (?) kaufte. Nach Mittag bestellte ich bei Dafner (?) zwei kammertücherne Decken. Abends beim Ankleiden gab es wegen dem rosenfarbenen Kopfschal viel Verdruss, weil die Farbe für Therese in jeder Rücksicht unpassend ist. Um ½ 7 h fuhren Tonerl und ich in Gallianis Akademie zum Jahn. Therese und Pasqua sangen und erhielten viel Beifall. Die Akademie war äußerst schlecht, und der Mensch hatte die beispiellose Kühnheit, 3 fl. Entrée zu nehmen. Agnes und ich waren allein in der Akademie. Mit Therese sprach ich wenig. Beim Nachhausefahren wartete Therese bei der Stiege, wir liebelten und schwätzten zusammen eine halbe Stunde. Gott ! Dies waren selige Augenblicke ! Nie würde zwischen uns ein Missverständnis sein, wenn wir uns zusammen verstehen und ausreden könnten. Nie waren wir so ungestört, nie war unsere Unterhaltung so innig. Ich liebe Therese unaussprechlich ! Sie ist so ein edles, gutes Mädchen, der Liebe des besten Mannes wert ! Möchte sie doch bald mein Weib werden, um ihr durch Treue und Liebe so viel Leiden zu vergelten. Nachher tranken wir beim Taroni Barbaras (?) und fuhren nach Hause.
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Früh um 6 h stand ich auf, arbeitete bis 1 h Mittag. Rangierte den gekauften Slivovitza, fuhr in die Stadt mit dem sehnlichen Wunsche, meine Therese zu sehen und zu küssen. Um 10 h besuchte ich Patsch, schenkte ihm gleich eine Bouteille Slivovitza und Wermut. Um ½ 11 h besuchte Klingmann mich; recht angenehm überraschte mich dieser Besuch. Zusammen fuhren wir in die Stadt; ich ging zum Gönner, welcher nicht zu Hause war, dann zur Mama. Therese war in der Probe, wir unterhielten uns zusammen, nach Tisch las ich. Um 5 h ging ich in die Kanzlei zu Klimbke. Da erwartete mich Klingmann und wir gingen zusammen ins Theater. Man gab zum ersten Mal „Die beiden Klingsberg“ von Kotzebue, ein sehr witziges Lustspiel, welches allgemein gefiel. Brockmann und Roose spielten vortrefflich; ersterer wurde vorgerufen. Nach dem Theater fuhren Tonerl und ich nach Hause.
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Nass, kalt, abwechselnd mit Regen. Meine Halsschmerzen mehren sich, denn wir haben stets unerträglich schlechtes Wetter. Von früh bis 11 h arbeitete ich, fuhr dann in die Stadt zu Pfändler (?), wo mich Kutschersfeld erwartete. Mit diesem plauderte ich ein Weilchen, ging wegen dem Gönner zum Distler, von dort zurück zu ihm, wo ich über meine häusliche Lage sprach; er findet selbe so wie ich sehr misslich. Er war sehr gnädig und versprach mir wieder Kleidungsstücke. Ich begleitete ihn bis zur Kärntnerstraße, kaufte für die Sepherl zum Namenstag einen Umhang und mir zwei weiße Halstücher, dann Linquatoli (?) und Schweizer Käse. Bei Tische waren wir ziemlich munter. Nach Tische besuchte ich die Petrowitz. Abends ging ich ins Kärntnertor-Theater. Man gab wieder die „Beiden Klingsberg“; das Haus war voll und sie gefielen sehr. Klimbke war auch im Parterre, ich sah ihn aber nicht. Brockmann wurde vorgerufen. Therese mit der Mama kam auch hinein; herzlich freute ich mich, sie zu sehen. Ich begleitete sie nach Hause und fuhr dann mit Kutschersfeld dahin.
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Kalt und neblig; sehr unangenehmes Wetter. Den Morgen und Vormittag arbeitete ich; Tonerl kam auch. Nach 12 h fuhr ich in die Stadt mit dem Pfändler (?), besuchte den Gönner, fand ihn nicht zu Hause; brachte dem Joseph Bücher und übergab sie dem Anton. Nach Tische kam der Sattelknecht, wir gingen zusammen Möbel ansehen; ich kaufte einen Toilettespiegel, dann Zucker. Besuchte Klingmann, unterhielt mich mit der Frau, ging um 7 h zu Haus. Mama lag schon wieder im Bette krank. Ich erzählte ihnen von den schönen Sesseln, die ich sah, und dass ich ganz nach diesem Muster mir 6 Sesseln und ein Sopha werde machen lassen. Später spielten Therese und ich Mariage. Ich aß einen Hering und ging mit Kutschersfeld nach Hause.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).