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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
566 1799 2 23 Ein warmer, heiterer Tag. Die Roßau und die Wiesen haben schon Wasser. Früh besuchte mich Rosenberger (?). Ich arbeitete bis ½ 12 h, dann fuhr ich um mit Kutschersfeld zu sprechen, zum Pfändler, welches nur den Walther betraf. Dann besuchte ich Klimbke, wo Kotzebue war, und selbem die Dekorationen zu seinem neuen Zauberstück angab. Mittags aßen Therese und die Mama alleine. Nach Tische schrieb ich an den Haydn im Namen der Mama einen Brief wegen Theresens Hintansetzung und Abgabe des Singparts an die Saal. Abends gingen Therese in das Kärntnertor-Theater, wo „Camilla“, Oper von Paër, zum ersten Mal gegeben wurde. Ich fand sie langweilig und zweifle, ob sie sich öfter als zweimal soutenieren wird. Das Parterre war voll von Italienern, und nach jedem Musikstück ein wahrer Lazzaroni-Lärm. Nach dem Theater fuhr uns Tonerl nach Hause und ich muss ihm gestehen, dass er uns im Phaëton sehr geschickt fuhr. Als ich nach Hause kam, wurde ich durch meinen neuen Commodkasten, welchen ich in meinem Zimmer fand, und mir sehr gefällt, angenehm überrascht. Ich arbeitete bis ½ 1 h und legte mich dann erst schlafen. Heute brach sich das Eis, doch schoppte sich der Stoß zwischen der neuen und der Schlagbrücke. Ein Teil der Roßau und der Leopoldstadt sind im Wasser. Band 02 (II.), Seite 8v
567 1799 2 24 Um 5 h stund ich auf und arbeitete. Meine Mängel, welche wirklich nur Neckereien zu Grunde haben, haben mich vollkommen umgestimmt, obwohl ich sie zu tilgen vollkommen geeifert habe Um 8 h fuhr ich zur Donau, um den Eisstoß und seine Verwüstungen zu sehen. Tonerl und ich fuhren zur Augartenbrücke, wo der Eisstoß stand, und an beiden Ufern den Fluss austreten machte. Es fror heute Nacht und so sah die Überschwemmung einem Spiegel ähnlich. Diesseits war nur Holz und einige Hütten im Wasser, jenseits aber die ganze Reihe Häuser. Der Eisstoß hatte nach meiner Beurteilung Ähnlichkeit mit der Idee einer durch Erdbeben zerstörten Stadt. Von da fuhren wir zur Leopoldstädter Brücke. Das Eis stand da noch alles fest, doch hat das Joch gegen die Kaffeehäuser durch ein Streifung des Eisstoßes sehr gelitten. Wir frühstückten beim Hugelmann; ich fuhr zum Fürsten, blieb bis ½ 11 h und wurde dann auf Nachmittag bestellt. Fuhr zum Kammerdiener Seiler des Grafen Oetting (?), suchte unter mehreren Harfen eine aus, eine gute und auch niedliche Harfe, zahlte selbe für 20 fl. 30 x, und brachte sie gleich der Mama, fand aber niemand zu Hause. Dann fuhr ich zum Gönner, sprach lange und viel mit ihm. Er war sehr guter Laune, am Ende gab er mir einen schönen, ganz neuen Gehstock, der mir sehr gefällt, und versprach mir auch seinen franzblauen Reitermantel, auf welchen ich mich sehr freue. Ich suchte und ließ Klimbke den ganzen Vormittag suchen, um einen Bekannten von ihm, einen russischen Major, unsere reiche Sattelkammer zu zeigen. Bis 1 h ließ er mich und den Sattelknecht vergebens warten, was mich nicht wenig verdross. Mittags waren wir bei Tische froh und munter. Nina überraschte und freute die Harfe außerordentlich. Nach Tische musste ich zum Fürsten unterschreiben und um 3 h gingen die Mama, Nina, Therese, Tonerl und ich auf die Rotenturmbastei, um den Eisstoß zu sehen. Wir blieben eine Weile, und um 4 h erhob sich, durch den Schwall des Wassers getrieben, der Eisstoß mit einigem Geräusch. Es war ein fürchterlich großes Schauspiel, der Augenblick, als sich das Wasser bei 4 Schuh hoch erhob, auf der Leopoldstädter Seite bei dem Schiffzuge aus den Ufern trat, und ungeheure Eisschollen, ganze und zertrümmerte Schiffe daher schwammen. Das Schauspiel dauerte eine Viertelstunde. Das Volk lief zum Teil von den Ufern, und auf der Brücke sperrte man die Passage; alles lief aber glücklich vorüber. Um 5 h waren wir zu Hause, da kamen Agnes, Tonerl und Nina, unterhielten sich auf dem Pianoforte. Ich spielte mit Therese Mariage; sie war sehr zerstreut, machte mehrere Fehler, die zum Ausgang des Spieles wesentlich beitrugen; so gab’s etwas Verdruss und wir spielten nicht mehr. Die Mama legte sich später die Würde des Mediators bei, und so wurde der Verdruss grösser; ich schwieg. Nachher spielten wir Pfänder; Tonerl spielte mit Nina den unteren Nachbar; nach 9 h empfahlen wir uns. Band 02 (II.), Seite 8v
568 1799 2 25 Heute Nacht fror es, früh kalt und neblig. Um 6 h stand ich auf, arbeitete fleißig, schrieb Pointner und dankte ihm für den Laib Käse, welchen ich gleich der Mama schickte. Ging um 12 h in die Stadt zu Klimbke. Mayer war da, wir schwätzten vom Theater, von Kotzebue und von Zieglers neuen Stücken. Um 1 h ging ich zur Mama; Nina speiste bei Braunmüller. Empfang und Betragen waren kalt, ich erwiderte ebenso kalt. Nach Tische fuhr ich mit Klimbke, den Stoß zu sehen; dies machte neuen Verdruss, Therese kam in ihrer Bitterkeit und blieb bitter. Zuerst fuhren wir unter die Weissgärber. Beim Kaffeehaus ist schon Wasser und so alles im Wasser, was zu den Weissgärbern gehört. Wir fuhren in einem Nachen bis zur Brücke, mussten aber doch einige Schritte im Wasser machen. Quer über die Brücke sperrte ein Kelheimer Schiff, welches eben von den Zimmerleuten zerhauen wurde, den ganzen Stoß. Dann fuhren wir über die Leopoldstädter Brücke in den Prater. Bei der Johanneskirche steigt die Überschwemmung an und dauert bis zu des Praters Ende. Es st ein schauerlicher, abschreckender Anblick, den ganzen Prater, diesen so angenehmen Erlustigungsort so ganz im Wasser zu sehen. Nach unserer Wagenfahrt besuchten wir Klingmann, der wegen eines rheumatischen Katarrhs unpässlich ist, fanden da Mayer und gingen zusammen ins Burgtheater in die „Johanna“. Bis zum 3. Akt blieb ich im Parterre, unterhielt mich mit Collet und Casanova. Beim 4. Akt ging ich auf’s Theater, sah die Zurichtung der Dekorationen, schwätzte mit Weidmann, Mayer und blieb bis zum Ende des Stücks. Nach dem Theater ging ich im großen Kot nach Hause. Ich fühlte etwas Kopfschmerzen und legte mich gleich ins Bett. Band 02 (II.), Seite 9r
569 1799 2 26 Regen und kalt. Ich erwachte um 5 h, stand um 6 h auf, arbeitete bis 12 h, beantwortete meine Mängel und reichte alles zur Rücksendung zurück. Tonerl und ich frühstückten zusammen Milch von den Kühen, welche im Roten Hause stehen. Mittags nach 12 h hielten Pfersmann, Mayer und ich Kolloquium, Klimbke lächelte und schwieg. Dann gingen wir auf die kaiserliche Reitschule, wo sich Braun produzierte. Bei Tische ging es sehr kalt zu. Therese schrieb mir einen sehr leidenschaftlichen Brief, machte mir eine Menge, leider unverdiente Vorwürfe. Um allem Zank auszuweichen, machte ich mich davon und fuhr mit Kutschersfeld zum Wasser, welches in der nämlichen Höhe war, wie gestern. Um 4 h erhob sich der Stoß und das Wasser stieg von Minute zu Minute, und sicher um 2 Schuh höher als gestern. Der Stoß zwischen den Brücken ging ohne Anstand, aber jener weit größere vor Nussdorf, welcher länger als eine Stunde dauert, schoppte sich und verursacht eine so große Überschwemmung, dass die ganze Roßau im Wasser stand. Von da ging ich zur Mama, erzählte ihr alles und sprach mit Therese. Ich überzeugte sie von ihrer Ungerechtigkeit und Friede war im Lande. Klimbke und ich brachten den Abend bei Klingmann recht angenehm zu. Ich war entschlossen, nach Hause zu gehen, als mich ein Kutscher von einem Offizier ansprach, mit ihm nach Hause zu fahren, welches ich gerne annahm. Band 02 (II.), Seite 9v
570 1799 2 27 Sehr windig und Regen. Das Wasser ist noch höher gestiegen; wie sehr bedaure ich die armen Einwohner ! Kühe und Pferde nahmen wir wieder auf. Bei uns ist ein kleiner Schweizer Hof, wir haben bei 30 Kühe und 20 Pferde. Früh schickte ich der Mama Obers, auch Tonerl und ich tranken welches vom Roten Hause. Das Wasser stieg um 4 Schuh höher als gestern. Um 12 h ging ich in die Stadt, begegnete Pfersmann und Mayer. Ging mit selben beim Schottentor auf die Bastei, von da zum Neuen Tor und Roten Turm und sahen des Wassers Verwüstungen an. Die ganze Jägerzeile, das Fischertor samt Brücke, das Schanzel samt der Müllerschen Galerie und die Straße rückwärts, der Fischmarkt (?), Salzgries und das Arsenal, alles im Wasser. Bei der Müllerschen Galerie fuhr man im Nachen, in der Gasse rückwärts ging einer auf Treppen, beim Roten Turm konnte niemand ein- und ausgehen. Der Stoß ist an der Augartenbrücke abwärts weit unter der Rasumofsky-Brücke. Es ist ein erschütternder Anblick, solche Mengen unglücklicher Menschen zu wissen. Um 1 h ging ich zu Klimbke, nahm Austeilungen und brachte selbe dem Gönner, welchen ich allein und außerordentlich gnädig fand. Ich sprach über eine Stunde mit ihm von meinem Dienste, Therese, er nahm Anteil, versprach Verwendung, als ich wegging, machte er mir einen schönen, franzblauen Radmantel, welcher mich und meine Therese außerordentlich freute. Nach Tische gab ich ihn gleich zur Zurichtung zum Schneider, der muss wie neu aussehen. Mittags war alles froh. Nach Tische ging ich mit Nina auf die Bastei und zeigte ihr der Donau Verwüstungen. Seit Mittag stieg das Wasser um mehr als 2 Schuh. Beim Roten Turm sahen wir Kutschersfeld und Tonerl reiten; wir grüßten sie und Kutschersfeld sagte, dass Tonerl abends zur Mama kommen wird; er kam auch nach 5 h. Nach 6 h ging alles ins Kärntnertor-Theater in die „Gefangene“. Ich allein blieb zu Hause, las und schlief. Um 8 h kamen sie zurück. Wir soupierten und fuhren mit dem Papa im Phaëton nach Hause. In meiner Wohnung fand ich den Artner schlafen. Wir plauderten ein Weilchen und schliefen erst gegen 12 h ein. Band 02 (II.), Seite 9v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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