Trüb, kühl. Im Kärntnertor-Theater „Grenadier“, und „Schatz im Traume“, im Theater an der Wien „Zauberflöte“ mit Heurteur. Früh schrieb ich für Radl einen Glückwunsch für Anna Bihler (?), arbeitete an der Kellerevision, besorgte bei Schießl ein wirklich schönes Billett. Sprach bei Richart Musini, später Peter. Mittags bei Radl, Birkmayer war da, kränkelt und ist beinahe sinnesverloren wegen seiner Nervenschwäche. Ehrimfeld holte mich bei Radl ab. Nach Mittag zu Hause, besorgte die Harmonie-Serenade von Triebensee (?) für Radl, bestellte Wanzmann zur Nachtmusik. Therese speiste allein und gab nach Tische der Nina zum Angebinde ein gelbes Halstuch, fuhr dann mit Gewey, Retzer und Ehrimfeld in den Bergenstammischen Garten zur Probe. Zu Hause wartete ich mit Ungeduld des Grafen Ankunft von Baden. Gegen 8 h ging ich auch zur Probe und hörte, dass der Lump Rossmüller (?) weggeblieben sei. Zum Glück kam Weidmann und übernahm beide Rollen. Um 10 h ins Bett.
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Ein schöner Tag, Warm. Im Kärntnertor-Theater „Zauberflöte“ zum 8. Mal, im Theater an der Wien zum 1. Mal „Gustav Wasa“. Um 7 h zum Grafen, mit ihm sehr beschäftigt, nachher mit Radl. Fuhr mit Peter in die Brigittenau. Mittags allein, nach Mittag zu Haus. Die Loge gaben wir der Weber. Nach 4 h zum Grafen, die Langer (?) besuchte uns. Erwarteten Radl, ins Kärntnertor-Theater, Therese sang besonders schön und wurde, trotz der Leere sehr applaudiert. Nach dem Theater in die Weihburggasse, Wanzmann voraus, arrangierte die Harmoniemusik von Lobkowitz, welche für 27 fl. nur 6 Stücke machte, welches mich sehr beleidigte. Arrigoni, Sedlaczek, Birkmayer, Dessauer mit Anhang und Krünes schlossen sich uns an. In der Mehlgrube fanden wir ein ganzes Orchester, dann kleine Harmonie auf dem Heidenschuss, sonst aber alles leer und stille. Um 12 h kam ich nach Haus.
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Annenfeier. Heiter. Im Kärntnertor-Theater „Ostade“, „Schatz im Traume“, Im Theater an der Wien „Gustav Wasa“. Früh arbeitete ich zu Haus, dann in den Prater, fand Schenk mit Anhang. Therese hatte um 10 h Probe, ich schrieb an den Grafen, promenierte auf dem Kohlmarkt, Graben. Therese speist bei ihrer Mutter, die Mirus auch, welche aber wegen Krämpfungen nicht kam und nur ihre Therese schickte. Ich überraschte die Mama und war auch ihr Gast, doch wollte es mir nicht behagen. Nach 5 h sprach ich Krünes und hörte von Origoni, dass ganz Baden in Flammen steht. Ich eilte zum Erzherzog Carl, fand keinen Briefträger, auch sonst niemand. Eilte ins Cavrianische Haus, fand gar niemanden. Fuhr mit Therese und der Glöckl (?) ins Bergenstam’sche Haus zur Aufführung des „Zerstreuten“ und „Armen Hansel“, Tableau, Quartette, Harmonie vom Lobkowitz, Beleuchtung des Gartens, große Gesellschaft, traf da Schenk, Castelli, Hassaureck, Appel, Hitzinger, Richart, Peter, Huber und viele andere. Da kam die Sepherl mit der Hiobspost, dass der Cavriani gekommen sei und die Hiobspost gebracht habe, dass ganz Baden brenne, unser Haus aus dem Grund abgebrannt sei und ich gleich nach Baden kommen soll. Meines Weibes, die als Tandlerin spielen soll, und meine eigene Bestürzung sind ohne Schilderung. Ich flog in die Stadt, zog nur Stiefeln an, fuhr in einem Fiaker hinaus; bei der Teufelsmühle packte ich noch den Grafen Aichelburg auf und war um 9 h auf dem Platz der Gräuel und Verwüstung. Das Haus war leer und stand in Feuer. Ich fand niemanden, die erste Erscheinung war der Effenrath. Da erfuhr ich, dass der Graf gesund, sehr gefasst und das wenige Gerettete in der Pfarrkirche sei. Ich suchte den Grafen, fand ihn nach 11 h bei der Apotheke und wirklich voll Fassung. Dann ging ich in die Kirche, sah, dass etwas ordinäre Möbel, Bettgewand, Porzellan viel, Wäsche und Silber beinah alles gerettet sei. Die meisten Sachen von mir sind verloren. Schrecklich war der Einsturz des Augustinerturmes und der Anblick, den ganzen Hauptplatz in Flammen zu sehen. Der Turm des Rathauses schien sich mit Gewalt losreissen zu wollen. Mangel an Löschanstalten machten die Verheerung noch grösser, nirgends war eine Spritze, nirgends Wasserläden. Alles, was weniges vorhanden war, war auch unbrauchbar, für 50 fl. keine Wasserlaid zu bekommen. Erst nach 2 h bekam ich Wasser und Militär, welches nach 2 Stunden die Brandstätte wieder verließ und so war der Brand nur unterdrückt, nicht gelöscht. Die ganze Wassergasse, Annagasse bis zum Wirtshaus sind abgebrannt, dann vom Platz die Pfarr-, Wiener-, Rathausgasse sind alle abgebrannt. Man schätzt den Verlust auf 140 Häuser. Die Erzherzoge gingen herum, konnten aber nichts tun.
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In Baden. Der Brand dauert noch immer. Früh kam Militär und so wurde doch mit Ernst gearbeitet, der Verheerung Einhalt zu tun. Nach einer so fürchterlich verheerenden Nacht kam ein ebenso schrecklicher Tag. Ich arbeitete und traf alle nur möglichen Löschanstalten. Der Graf schlief im Wagen, ich gar nicht, ruhte nur eine Stunde in der Kirche, war stets bei der Brandstätte und hatte unsäglichen Verdruss. Dann ließ ich das Gerettete in vier Zimmer der Redoute räumen, da fand sich noch ein großer Teil gestohlen. In Bezug auf mich habe ich auf den Jäger Heyss (?) großen Verdacht. Die Hitze war sehr drückend. Nach 7 h früh riss sich der Turm vom Rathaus mit großem Gerassel los, erschütterte den Erdboden und erfüllte den ganzen Platz mit einer Staubwolke. So ging in Entsetzen und Anstrengung der ganze Tag dahin, welchem wieder eine schlaflose Nacht folgte. Hofrat Liedermann, der Graf und ich speisten bei der Englischen Köchin, er fuhr abends um 6 h nach Wien. Der Kaiser war da und sagte: „Da siehts wild aus“ und auf dem Platze sagte er: „Geht’s Leute, arbeitet lieber, helfet einander, anstatt dass ihr mich anseht.“ Die Erzherzoge gingen immer herum. Von den Wienern, welche den Brand ansehen kamen, strotzten alle Gasthäuser und waren alle Straßen voll. Als ich gestern herausfuhr, war die Straße einer großen Flucht ähnlich, Wagen an Wagen eilte der Stadt zu. Die Bestürzung ergreift alle Gemüter.
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In Baden. Große Hitze, noch immer brennt es, am stärksten beinahe bei uns. Den ganzen Tag traf ich mit größter Anstrengung Löschanstalten. Der junge Jäger, Fähnrich Schunker (?) und Pionierkorporal Hoffmann taten und leisteten mir wesentliche Dienste. Früh badete ich im Antonsbad, wohin alle Augenblicke ein neuer Feuerlärm kam, traf mit Schröder und Peter zusammen, welche eben angekommen sind, mit ihnen und Richart, welche ich erst mittags fand, speiste ich bei Döller (?). Nach Mittag beim Haus fand ich mehrere Bekannte, ganz Wien fährt nach Baden, um unser Unglück zu sehen. Abends fuhr ich mit Rabe (?) nach Pfaffstätten, um für den Grafen Quartier zu suchen; sahen den Pfarrhof (?), fanden da Rokowin (?), das Haus des ehemaligen Papierfabrikanten Purtscher, den Lilienfelderhof, nichts ist für uns passend. Dann sah ich im Blumenstock bei der Grundgeyer eine Wohnung an. Über alles schrieb ich dem Grafen umständlich, schrieb auch meinem kranken Weibe und beantwortete ihren lieben Brief; auch schrieb sie mir, dass mich Castelli noch gestern Abend spät beim Fuchsischen Volksfeste erwartete. Abends suchte ich mir Compagnie, um durch den Park zu Scheiner zu gehen, dort trank ich Bier und aß Käse. Um 9 h war ich zu Hause. Die Leute, alle 4 Kutscher, Johann, Heyss, Martin und Hausknecht, kamen erst um ½ 11 h, keiner wachte, wie ich es befahl. Nun stürmte ich sie. Nun gingen alle 4 zum Haus, und den Hausknecht, welcher 4 Stunden beim Essen blieb, fand ich Tabak rauchen. Nun ging mir über diese Unmenschlichkeit die Geduld zu Ende. Ich schlug ihm die Pfeife aus dem Maul und gab ihm einige derbe Hiebe.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).