Kalt, Schnee. Im Burgtheater „Waisenhaus“, im Kärntnertor-Theater „Sorgen ohne Not“, im Theater an der Wien „Attila, der Hunnen König“. Früh zum Grafen. heute sind Kárner, Brandl, Kridl und Peck unsere Gäste, Richart lieh uns Essbesteck. Heute ist die große Sitzung der Theatral-Gesellschaft. Am Vormittag war ich in Geisslers Gesellschaft und besuchte die kranke Rösgen. Mit Brandl sprachen wir von der Vermählung der Reserl, von der Übergabe des Gewerbes an Franz, dass Kárner Beistand sei und dergleichen. Ich begleitete ihn nach 6 h, brachte der Rodler und Pesch ihre Billetts, plauderten von dem Schwätzer Schluderpacher. Wählte mir Compagnie, um etwas zu soupieren. Therese war allein zu Hause.
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Die Kälte lässt nach. Im Burgtheater „Strelitzen“, im Kärntnertor-Theater „Matrimonio segreto“, im Theater an der Wien „Hochzeit des Figaro“, im Leopoldstädter Theater „Palast der Wahrheit“, Oper in 2 Akten nach Wieland, Musik von Schuster, Dekor von Dollischel und Neefe. Den Vormittag beim Grafen, zum Erdödyschen Sekretär Barits, sprach Botta, war in Geisslers Gesellschaft. Mittags allein, nach Mittag arbeitete ich. Brachte der Rodler die reparierte Vase und Schillers Theater, sprach Jungmann, dann ins Leopoldstädter Theater, wo ich Mark, Neefe und Zimmermann fand, später Jeanette und Kárner. Die Oper ist unter aller Kritik, die Musik schwülstig, die Dekors ungemein schön; ich war wirklich angenehm überrascht. Abends war die Kälte sehr streng, der Wind rau, es krachte unter den Füßen. Meine gute Therese überraschte mich so angenehm mit einem sehr schönen kirschfarbenen, seidenen Hosenträger. Herzlich dankte ich der Guten.
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Strenge Kälte, sehr heiter. Im Burgtheater „Dorfbarbier“, „Weinlese“, im Kärntnertor-Theater „Verbannter Amor“, im Theater an der Wien „Attila“. Zweite Redoute. Abends 6 h heftiges Erdbeben. Senfeld kam zweimal und lud mich zu seiner morgigen Einnahme „Löwenritter“ ein. Vor 8 h zum Grafen, gegen 12 h zum Hoffmann in die Leop[oldstadt ?] Bücher auszulehnen, dann plauderte ich auf dem Kohlmarkt mit Kárner, Seitz, Barits. Mit letzterem auf die Bastei, mittags allein. Therese ließ sich bei der Rodler die Haare schneiden, sie geht heute zum ersten Mal zum Weiß speisen. Joris war bei uns und machte die angenehme Kunde, dass er Niedermayers Adjunkt in der Porzellanfabrik mit 3000 fl., Niedermayer aber Hofrat geworden sei. Herzlich freute uns dies. Therese besuchte ihre etwas kranke Mutter. Ich blieb den Nachmittag und Abend zu Haus, schrieb, las und begab mich um 9 h mit Mark auf die Redoute. Während des Erdbebens, das Therese auf dem Sopha gehoben, Luster und Glockenzüge gebeutelt und Türen geöffnet wurden, kam Therese angstvoll in das Schlafzimmer und glaubte, schon stürze das Haus ein. Es dauerte ungefähr 5 Minuten. Die Redoute war leer. Anfangs hörte ich mit Pfersmann die Menuetts von Kreutzer, dann schlenderten wir herum, es war kalt. Ich bekam Geschenke von eleganten Pilgerinnen, um 2 h nach Haus. Mich hungerte, in der Redoute war alles so schlecht, so teuer, dass man nichts nehmen kann. Ich fand Lissl, Barits, Burgerth (?), Stegmayer.
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Sehr kalt, es schneit und weht abwechselnd. Im Burgtheater „Die Mohrin“ von Ziegler, gespielt von der Krüger, im Kärntnertor-Theater „Häuslicher Zwist“, dann zum 1. Mal „Uthal “, ernsthafte Oper in 1 Akt nach St. Victor, Musik von Méhul, im Barden-Kostüm. Dekor von Janitz. Den Vormittag beim Grafen, und wegen seiner Klage vom Felix Schlick zum kais[erlichen] Rat Tannenberg. Zur Richart, mittags allein. Ich sprach mit Fleisch[hacker ?] Fischer, wo noch immer französische Einquartierung ist. Nach Mittag war ich zu Hause, Therese bei Hocheder. Abends bei Therese die Goldmann, ich war bei Geissler, Scherer (?),bei Brandl, aß etwas in Compagnie, dann nach Hause. Therese machte uns Punsch, ich schlief gleich ein.
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Sehr kalt, abwechselnd schneit es. Im Burgtheater „Uthal“, vorher „Gefährliche Nachbarschaft“ im Kärntnertor-Theater „Mündel. Früh zum Grafen, um 10 h wegen Schlick abermals zur Polizei. Der Graf gab dem Felix 50 fl. Von Fischer erhielt ich Briefe und 56 fl. für Federn; ich schrieb gleich wieder. Die Krieghammer schickte mir von Brünn ein Bild von Van Dyck zum Verkauf. Nach Mittag arbeitete ich, sprach mit Mark, die arme Rosine, welche sich schwer fortbringt. Abends ins Burgtheater, fand Kolbinger, sprach Botta. Mich quält ein heftiger Husten; ich nahm schlechten Barbaras für 36 x. Therese war zu Haus.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).