Feuchtes Wetter, kotig. Im Burgtheater „Griselda“, im Kärntnertor-Theater „Wald bei Hermannstadt“, im Theater an der Wien „Komödie ohne Theater“. Den Vormittag zu Haus, zu Lang, ins Laboratorium, zum Schießl wegen Rousseaus Grabmal. Therese gab ihre Lektionen. Ich entschloss mich, wegen dem Morgenboten (?) in die Porzellanfabrik zu gehen, nahm Patsch (?), im Retourweg zu Rodler, wo ich ein Billett an Großmann schrieb, dass er veranstalte, dass die Henriette morgen mit dem Fürsten sprechen kann. Mittags allein, nach Mittag schrieb ich an Peck und beklagte mich, dass er mir wegen dem Violinisten Doppler noch nichts wirkte. Dann schrieb ich an den Grafen. Bei Therese waren die Hocheder und Goldmann. Ich brachte dem Cavriani einen Brief, auch dem Batthyány, begegnete dem Bruder Seitz, welcher eben ankam, gut aussieht und für sein Bataillon Quartier macht. Suchte Großmann selbst auf, welcher mich beschwor, zu glauben, dass er alles vorbereite und die Henriette zum Fürsten führen wird. Ich sagte das der Rodler, welche noch liegt. Es kam Schluderpacher, Weiß von meiner Buchhandlung u. s. f. Ich langweilte mich und musste bis 9 h bleiben.
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Feuchtes Wetter, wie gestern abwechselnd Regen. Im Burgtheater „Hamlet“, im Kärntnertor-Theater zum ersten Mal „Der Samtrock“ von Kotzebue als Oper, Musik von Gyrowetz, dann die „Weinlese“. Im Theater an der Wien „Raul Blaubart“. Den Vormittag meistens zu Haus, zum Lang ins Laboratorium, zu Schießl. Kam in Peters Gesellschaft, zu Rösgen. Wir hatten nach langer Zeit wieder einen Fisch und speisten allein. Possel (?) aus der Theaterdirektion besuchte mich und bat, wegen der Beförderung zum Konzipisten ihm behilflich zu sein; trank mit ihm Kaffee. Nach Mittag zu Haus, abends ins Kärntnertor-Theater, in den 3. Stock. Kam neben Marsini (?) und Hönigshof (?) zu sitzen und plauderte mit vielen Bekannten. Die Operette gefiel mittelmäßig. Therese war mittags bei Phillebois, Pfaller, Gabrieli (?) und Brentano gratulieren, abends zu Haus.
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Katharina. In der Nacht Schnee, am Tage Schnee und Regen. Im Burgtheater zum ersten Mal „Der livländische Tischler“, im Kärntnertor-Theater „Entführung aus dem Serail“, im Theater an der Wien vom Stegmayer zum ersten Mal „Jakob und Käthchen, oder die 3 Heiratspunkte“; das lokale Lustspiel in 5 Akten wird wohl ein schlechtes Lustspiel sein. Früh in die Theaterkasse, zur Terzaghi, zur Rodler, dann in Peters Compagnie. Mittags allein, nach Mittag schrieb ich an den Grafen, dann kam ich, durch Henriette gerufen, in Verlegenheit, nochmals zur Josephine gehen zu müssen. Therese gab der Rothe Lektionen und war abends zu Haus. Sie produzierte dem Kämpfler (?) Joris‘ Optik und vollendete die Ärmel zu Peters Leibl. Der Hahnl gratulierte ich und brachte einen Kapaun. Abends ins Theater an der Wien, fand viele Bekannte, Rösgen. Im Nachhause gehen war der Wind auch so unangenehm, als das Stück drei Mal schlecht ist.
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Kalt, feucht, rauer Wind. Im Burgtheater „Samtrock“, „Singspiel“, im Kärntnertor-Theater „Livländischer Tischler“, im Theater an der Wien „Die 3 Heiratspunkte“, mit Illum[ination] und Porträt des Kaisers. Den Vormittag zu Haus mit Arrangierung meiner Bücher beschäftigt, zur Josephine, dann ging ich herum, den Einmarsch der Landwehr und unserer Garnison zu sehen. Mittags mit Therese, Jeanettl, Kridl, Czaczek und Ullmann bei Peter. Der ältere Mark, Pesch und ich schlenderten herum, über den Graben und zum Burgtheater hinaus. Peter kam eben, als ich bei Huber und Poller (?) stand. Ich schickte ihn um Therese, Jeanettl und Kridl, welche bei uns waren. Vorne ritt der Stab der Bürger-Corps, dann zogen die Corps, von Leeb angeführt, selbst auf, welche der Garnison bis zur St. Marxer Linie entgegen gingen. Voraus vom General Fürst Moritz Liechtenstein und [Name fehlt] angeführt, marschierte das erste Bataillon der Wiener Landwehr; Seitz ritt à la tête. Hernach folgten Hohenzollern-Chevauxlegers, grün und rot, Artillerie, Sztáray-Infanterie, weiß und blau, endlich Hiller-Infanterie, weiß und gelb, zum Schluss der Tross. Der Zug dauerte ¾ Stunden. Es war eine wehmütig frohe Empfindung, unsere Truppen wieder zu sehen. Nach 2 h kamen wir zum Speisen, waren herzlich und recht seelenvergnügt. Wir tranken, schäkerten, Jeanettl spielte uns Szenen aus „Menschenhass“ und „Emilia Galotti“. So wurde es 10 h und wir ließen uns nach Hause leuchten. Wir lebten einen angenehmen Tag.
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Neblig, düster. Im Burgtheater „Tag der Erlösung“, im Kärntnertor-Theater „Sargines“, im Theater an der Wien das elende Machwerk „Jakob und Käthchen“ Früh in unser Haus wegen Absendung der Bagage des Louis, zum Buchbinder, zur Rodler, um mit ihr wegen der 100 fl. zu reden, dann in Czaczeks Gesellschaft. Mittags allein. Geissler fuhr heute ins Spital, die Ärmste; ich besorge sehr, dass der dumme Corda sie schlecht behandelt. Der Rodler gab ich die Bancozettel-Lose und im ganzen 1200 fl. bis zum 1. Jänner. Schluderpacher (?) gab als Pfand den Ring. Nach Mittag wurde angeschlagen, dass heute noch der Kaiser komme. Alles richtet sich zu einer Illumination. Nach Mittag kam die Jeanettl, Rhode (sic !), ich schrieb an den Grafen. Therese richtete zur Illumination unsere Leuchter. Beide Goldmann kamen, sie gingen zur Hocheder, ich zur Josephine und Rösgen.Um ½ 5 h, eben als ich den Brief an den Grafen siegelte, entstand ein Vivat-Schreien. Ich verließ mein Pult und stürzte in die Burg. Da kam der Kaiser mit Wöber in einem offenen Kalesch mit 6 Postpferden gefahren, in ungarischer Generalsuniform mit dem Tschako. Das einstimmigste Vivat erscholl aus jedem Munde. Im Schweizerhofe stieg er ab, da wurde er von dem Volke beinahe über die Stiege getragen. Bald erschien er an dem Fenster ober dem Bastei-Tor, grüßte das Volk mit Kopf und Händen, blieb lange, und das rührendste Vivat erscholl von allen Lippen. Abends wurden Stadt und Vorstädte freiwillig illuminiert. Der Kaiser fuhr von Kavallerie und Grenadieren der Bürger und Fackeln begleitet durch die ganze Stadt. In allen Menschen war die herzlichste Stimmung. Bei uns waren die Hofrat Stöger, mit 5 Mädchen, dann beide Goldmann, die Therese mit der Optik unterhielt und die wir nach Hause begleiteten, und dann trotz dem Morast die ganze Stadt durchschlenderten. Der Hörr hatte an einem Fenster „Von Herzen, ohne Zwang“. Gegen 9 h zum Brandl wegen wohlfeilem Kaffee, sprach Henriette, die mit Schluderpacher (?) nach Hause kam, Parisot, Seitz, Mayer von der Wien. Ganz ermüdet ging ich um 10 h nach Haus. Um 1 h nachts zogen noch Musiken durch die Stadt und das Lied „Gott erhalte Franz den Kaiser !“ wurde auf dem Graben unter Abfeuerung von Böllern gesungen. Auf der Glacis, beim bürgerlichen Schießtand und an den Linien wurde aus Kanonen, Böllern, kleinen Stücken und Gewehren aller Art bis 4 h früh gefeuert. Das Entzücken und die Freude der Menschen war grenzenlos. Nie sah ich eine herzlichere Stimmung.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).