Heiter. Im Burgtheater französisch, im Kärntnertor-Theater „Gefährliche Nachbarschaft“, „Zerstörung von Pompejanum“, im Theater an der Wien „Kreuzfahrer“. Früh arbeitete ich, dann in die Theaterkasse, zum Buchbinder, zu Reimann und in Geissler Gesellschaft. Mittags allein. Therese arbeitete an ihrem Mantel. Mit Mark war ich vorher bei Eckhart, brachte ihm französische Komödien, dann machte ich die Tour zum Burgtor und an der äußeren Verschanzung zum Kärntnertor und auf die Wieden. Ich war sehr müd. Nach Mittag zu Haus, dann zum Grandhomme (?) in die Weihburggasse um Keglevich’s rote Lose um 229 fl. zu verkaufen. Therese war mit Goldmann auf der Bastei spazieren, aber vertrieben wegen Sprengung der Minen in der Nähe des Paradeisgärtls und beim Vorwerk des Albert, welche nach 6 h erfolgte. Therese ging mit den Goldmannischen, Kämpfler (?) und Stein Therese ins Kärntnertor-Theater, Theodor und Evarist von Reimann kamen nach, ich auch. Vorher war ich der Compagnie wegen beim Burgtor, dann auf der Bastei. Es war ein schöner Mondabend. Therese bekam im Theater Kopfschmerzen.
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Neblig, dann heiter. Im Burgtheater „Jäger“, im Kärntnertor-Theater „Armand“, im Theater an der Wien „Idas und Marphissa“. Früh brachte mir Keglevich’s Jungfer Briefe von ihm und meinem Grafen, samt Einschlüssen. Ich ging zum Cavriani und hatte eine Menge anderer Gänge. Therese liegt an Kopfschmerzen. Krieghammer und Kathi nahmen heute Abschied, sie reisen morgen nach Brünn und haben ihre 2 schönen Kästen (?) nicht verkauft. Den ganzen Vormittag und auch Nachmittag wurde heute gesprengt. Außer dem großen Werk vor dem Burgtor entzündete sich durch das Sprengen der Mine das große Heu- und Stroh-Magazin; niemand löschte, wer etwas retten konnte, griff zu. Einige Schabe liegen auf der Glacis, die auch die Leute nahmen. Ein Bube nahm sich auch einen Schab, diesen stach ein bleicher, gallsüchtiger Franzose mit dem Bajonette in den Rücken, dass er sehr blutete. Das Publikum und die in der Nähe gewesene bürgerliche Kavallerie, dann Gens d‘ Armes und der Adjutant-Hauptmann nahmen sich des Armen an. Letzteren wollte die Schildwache arretieren, ihm seine Muskete entreissen. Es kamen mehrere Franzosen herbei, schimpften und schlugen auf den Burschen, befreiten den Franzosen. Der Hauptmann machte sich aus dem Staub, wie feig. Nun wurde die Sache ernsthaft, das Volk warf mit Steinen auf die Franzosen, die zogen die Säbel, luden scharf. Der Tumult wurde immer grösser, Ein bürgerlicher Kavallerist wurde vom Pferde gerissen und arretiert, die Bürger und Gens d‘ Armes wurden misshandelt. Mehrere Kompan[ien] Franzosen rückten aus, luden scharf, sperrten das Burgtor, vertrieben alles vom Glacis und so wurde nach einer Stunde wieder die Ruhe hergestellt. Wir geleiteten eine sehr entschlossene Frau nach Hause auf den Hohen Markt. Mittags allein. Therese ist besser, nach Tische schrieb ich wieder. Gesten kam Graf Rudolph Wrbna an und nach Mittag erschien mit seinem Namen die Kundmachung, dass dem Publikum bekannt gemacht wird, dass heute vor Mittag der Friedenstraktat zwischen Se Majestät dem Kaiser von Österreich, König von Ungarn und Böhmen und Se Majestät, dem Kaiser von Frankreich und König von Italien ratifizierter ausgewechselt worden sei. Champagny, Herzog von Cadore, reiste nach Mittag ab. Ich war in Peters Compagnie mit Zeuner. Abends kam die Krieghammer sich zu berurlauben. Mark begleitete sie. Ich schrieb bis 8 h, dann suchte ich Compagnie um zu soupieren.
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Sehr neblig und regnerisch. Im Burgtheater „Singspiel“, „Belebtes Gemälde“, im Kärntnertor-Theater „Macbeth“, im Theater an der Wien benefice de la Mad. Eigensatz „Les Noces de Figaro“, Weinmüller als Figaro, Milder als Gräfin, Buchwieser als Susanne. Abreise der Krieghammer, sie und Mark frühstückten bei uns. Früh zum Stessel, zur Rodler, zum Rath in die Bäckerstraße wegen Besichtigung einer Optik, dann zur Geissler. Ich expedierte den Carlo mit Mühe. Durch Wöbers Vermittlung als Landes-Kommissär wurde das Sprengen der Festungswerke aufgehoben. Der würdige Bissingen kommt als Gouverneur nach Graz. Saurau ist an des Kaisers Seite. Mittags allein, nach Mittag arbeitete ich zu Haus. Hocheder kam, später mit Mark auf die Bastei. Bei der Lubomirska ihrem Haus werden eben die Minen geleert. Von da wegen Neefes Dekorationen ins Leopoldstädter Theater, „Insel der Liebe“, Oper in 2 Akten, übersetzt von Stegmayer, Musik von Martini (sic). Ein Walther (?) als Bassist tritt auf. Elenderes lässt sich nichts sehen, so auch Schuster Ignatz als Schiffskapitän und primo amoroso. Ich langweilte mich gar zu sehr und plauschte mit Neefe, der Rösner und jung Handel (?) mit Gattin. Therese war allein und unterhielt sich mit der Optik der Geissler.
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Neblig, trübe, tiefer Kot. Im Burgtheater französisch, im Kärntnertor-Theater „Matrimonio segreto“, im Theater an der Wien „Figaro“; die Loge dem Quarin. Früh arbeitete ich, machte meine Rechnungen, schrieb an den Grafen. Dann in Cleynmanns Predigt, seine Gattin bessert sich. Später auf die Promenade. Therese speiste allein, ich mit Ullmann, Czaczek und Jungmann bei Peter, wo ich bis 5 h blieb. Beim Jüngling erwartete ich Mark und mit diesem machte ich die Tour über die Bastei, zum Burgtor herab und nach Hause; fanden niemand. Therese war bei ihrer Mutter und produzierte Geisslers Optik, mit der sie auch nachher Mark unterhielt. Um 9 h ins Bett.
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Ein schöner Tag. Am Vormittag arbeitete ich zu Haus, dann baden. Mittags waren Tannenberg und ich Peters Gäste. Bei uns ist großes Holzführen. Im Burgtheater „Kabale und Liebe“, im Kärntnertor-Theater „Singspiel“, „Übelgehütetes Mädchen“, im Theater an der Wien „Rochus Pumpernikkel“. Die Muhme Willmein kam, frühstückte mit uns und erzählte, dass am Sonnabend Mittag den Vetter Hitzinger in seinem Zimmer der Schlag getroffen habe, und sie ihn auf dem eisernen Ofen liegen fanden, wo er vielleicht schon ein paar Stunden röchelte. Er lebt zwar noch, wird aber nach Meinung der Ärzte den heutigen Tag schwer ausdauern. Mir ist sehr leid um den braven Mann. Durch die Jungfer des Keglevich schrieb ich dem Grafen und schickte Zeitungen. Mit Ullmann ging ich vom Burg- zum Schottentor auf de Bastei und sahen mit verdoppelten Anstrengungen minieren. Die Kurtine am Haus der Lubomirska, von Moreau erbaut, stürzt sicher ein. Der Gouverneur Andreossi schlug gestern nach der Ablösung einen Bürgergrenadier, der ihm seiner Order gemäß die Durchfahrt auf den Schweizerhof wehrte, ins Gesicht, traf aber nur den Schirm. Befahl ihn zu arretieren und das ganze Wachkommando der Burg fortzuschicken. Der Platzkommandant Dänzel (?) vermittelte es dahin, dass dem Bürger in Gegenwart mehrerer sein Säbel ehrenvoll zurückgegeben wurde und Dänzel (?) dabei eine Rede seiner Dienstpflicht hielt. Gegen 6 h kam ich nach Haus, schrieb meinem Grafen. Bei uns war die Hocheder und Mark. Mit diesen ins Burgtheater, sahen ein paar Akte und hörten, dass Koberwein durch sein heute aufgenommenes Dienstmädel an Silber und Kleidungen sehr bestohlen wurde.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).