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Anzeige von 4456 - 4460 aus 11858
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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
4456 1809 10 14 Äußerst unangenehmes, kaltes Wetter, die ganze Nacht Regen. Abreise meiner Schwester mit dem dummen Székely und dem Capitaine Jean Marie Joseph Lefèbvre de Ponette (?), der ein sehr gebildeter, guter Mann ist. Im Kärntnertor-Theater „Sonnenjungfrau“, im Theater an der Wien „Semiramis“. Früh schrieb ich an den Grafen einen langen Brief, war im Hause, Theaterkasse und in Geisslers Gesellschaft. Die Loge im Kärntnertor-Theater gaben wir Passy, der sie wegen Krankheit der Fräule zurücksandte. Mittags allein. Unterm Essen kamen Peter und Kridl fast ohne Atem, und riefen, dass Friede sei, dass er heute morgens 9 h zwischen Liechtenstein und Champagny abgeschlossen wurde. Ich lief mit einem Billett zu Schießl, dann zur Geissler, Hocheder, Hitzinger, schrieb meinem Grafen und expedierte alles. Während dem wurde auf den Wällen 100 Kanonen gelöst; Gewühle auf den Straßen, Entzücken, Freude, man umarmte, man küsste, man drückte sich, alle gaben die deutlichsten Beweise, wie sehnsuchtsvoll man des Tages der Erlösung harrte. Bei uns waren die Rohrweck, Lavotta, Goldmann, Mark. Dieser brachte mir ein Blatt der Wiener Zeitung, das angeschlagene Plakat selbst nicht. Ich blieb bis ½ 8 h zu Haus, dann suchte ich mir Compagnie um etwas zu soupieren. Bei Therese war die Goldmann. Sie erhielt von Reimann eine Tee-Schale von grünem Holz und einen artig gestrickten Arbeitsbeutel; von der Rothe 7 Ellen Vapeur auf ein Kleid. Band 06 (VI.), Seite 249r
4457 1809 10 15 In der Nacht starker Regen, kalt und trüb. Im Burgtheater französisch „Zemire und Azor“, im Kärntnertor-Theater „Intermezzo“, im Theater an der Wien „Rochus Pumpernickel“. Tagesbefehl, Schönbrunn den 14. Oktob[er] 1809: „Der Friede wurde heute morgens um 9 h zwischen dem Herrn Grafen von Champagny, Minister der Auswärtigen Geschäfte, Sr. Majestät des Kaisers der Franzosen, Königs von Italien, und dem Herrn Fürsten von Liechtenstein, Bevollmächtigten Sr. Majestät des Kaisers von Österreich unterzeichnet. Die Herren Marschälle werden diese Neuigkeit durch Artilleriesalven verkünden lassen“. Unterzeichnet: Der Fürst von Neuchatel, Major-General Alexander. Beim Erwachen gab ich Therese 2 Vorstecknadeln, 10 Ellen geruschten (?) Calicot, 11 Ellen schwarzen und 14 Ellen puce-farbenen Taffet, womit ich dem vortrefflich Geschöpfe viel Freude machte. Früh kamen die Muhmen Hitzinger und Willmein, Moreau. Mein Bruder brachte Therese ein Billett mit der Devise „Frieden !“ Ich arbeitete, schrieb an den Grafen, Keglevich und sandte ihnen die Friedens-Proklamation. Es kamen noch viele Besuche, Mark, welcher Filath ein Friedens-Billett brachte. Auf den Straßen wurde aber angeschlagen, von dem kaiserlich französischen Platzkommando wurde der Regierung bekannt gemacht, dass auf Befehl des Sr. Majestät des Kaisers von Frankreich und Königs von Italien heute, den 15. Oktober, die Festungswerke von Wien gesprengt werden. Man beeilt sich, dieses dem Publikum bekannt zu machen etc. Ich ging mit Mark, Bruder und Pol auf die Bastei, sahen von allen Seiten an den Minen arbeiten und fanden eine Menge Menschen. Nina war unser Gast; sie ging gleich nach Tische mit Therese, Umlauf und der Sepherl, welche 2 Guglhupf und Äpfeltorte trug, zu Peter und arrangierte alles. Ich mit Mark und Joris zum Burgtor auf die Bastei bis zum Roten Turm, hörten Krachen, glaubten schon es würde gesprengt, indessen waren es die Schanzen auf dem Spitz und Tabor, welche zerstört wurden. Die Erschütterungen waren stark und dauerten über 2 Stunden. Zu Peter kamen Lange, Lüders (?), Nitschner, der Zehrgadner Seliger (?), Ullmann mit Czazcek, Geissler mit ihrem fatalen Dr. Corda; in allem waren unser 17 Personen. Seliger und der Doktor störten unser Vergnügen, es ging nicht sehr cordial zu. Peter machte sich wieder lächerlich und dies dauerte bis 10 h, wobei sich der Doktor sehr unartig betrug. Ich wurde müde, schläfrig, sehnte mich nach Ruhe und wanderte in tiefem Morast nach Hause. Band 06 (VI.), Seite 249r
4458 1809 10 16 Ein finsterer, melancholischer Tag, abwechselnd Regengüsse. Im Burgtheater „Prüfung der Treue“, im Kärntnertor-Theater „Schweizer Familie“, im Theater an der Wien „Rochus Pumpernickel“. Den Vormittag arbeitete ich zu Hause. Therese ist nicht ganz wohl, sie leidet heftige Kopfschmerzen, war mittags allein. Ich mit Tannenberg (?) bei Peter, bei Geissler war das Rendezvous. Tannenberg fand das Wetter zu schlimm und ließ absagen; ich war also allein in Peters Compagnie. Wir waren zufrieden, aßen und tranken gut und unterhielten uns nach Mittag mit Schießls Optik ganz vortrefflich. Nach 5 h, als es zu dämmern anfing, nach Haus. Da erzählte mir Therese, dass um ½ 4 h beim Schottentor die erste Mine gesprengt wurde, dass sie auf dem Sessel sehr erschüttert und die Türen aufgesprengt wurden. Von da zum Huber ins Theater, da wurde referiert, dass man vor Mittag alle Stadttore schloss, dass 2 Minen gesprengt wurden, dass die 3. aber von der 2. verschüttet wurde und sich nicht entzündete, dass morgen die Fortsetzung geschehe. Bei Peter hörten wir gar nichts. Es machte in der Stadt mehr eine Erschütterung wie ein Erdbeben und nur ein dumpfes Getöse. Um 8 h war ich zu Haus und legte mich gleich. Band 06 (VI.), Seite 249v
4459 1809 10 17 Stinkender, dichter Nebel wie gestern, Im Burgtheater französisch, im Kärntnertor-Theater „Übelgehütetes Mädchen“, im Theater an der Wien „Kreuzfahrer“ Früh 9 h, da ich vorher meine Arbeiten schlichtete, mit Zichys Sekretär Langer auf die Bastei, die gestern zerstörten Festungswerke zu sehen. Kridl war unser Gast, der erzählte, dass gestern nach 3 h nach Mittag Napoleon abgereist sei, und dem Schlosshauptmann Riedl eine goldene Dose mit der Namenschiffre in Brillanten, dem Gartendirektor Boos und dem Zimmerwärter Willinger jedem einen Brillant-Allianzring geschenkt habe. Wir sahen den Ravelin rechts vom Schottentor, welcher am 14. Aug durch die Entzündung des Feuerwerks die Explosion litt, und dann seine Nachbarn nicht gesprengt, sondern mutwillig verwüstet wurde. Die Menschen stiegen auf dem Schutt aus und ein. Um 2 h nach Mittag wurde der halbe Mond hinter dem Paradeis-Gärtl, der Paradeplatz und das Vorwerk, auf welchem Alberts Reitschule steht, gesprengt. Ich saß eben auf dem Sopha und las. Die Erschütterung war stark, es wurde die Tür aufgerissen. Da ich vor Mittag badete, war ich etwas von der großen Motion und dem Bade ermattet, doch entschloss ich mich, die Zerstörung anzusehen. Ging zuerst wegen Keglevich’s roten Losen (?), welche mir gestern Odescalchi brachte, zum Offenheimer, dann bei den Dominikanern auf die Bastei und machte die Tour bis zum Schottentor. Außerordentlich ist die Verwüstung des Paradeplatzes, der heuer unsere einzige Promenade war. Um 6 h ging ich mit Mark nach Haus, machte mirs bequem und blieb. Bei uns war die Goldmann. Um 9 h wiegten wir uns schon in Morpheus‘ Armen. Nun sind erst 5 Werke gesprengt; wenn das so fort dauert, haben mehrere Wochen zu tun. Sie lassen uns Ruinen und den Schimpf (?) zurück, die Mauern dieser alten Kaiserstadt gesprengt zu haben. Band 06 (VI.), Seite 249v
4460 1809 10 18 Im Burgtheater „Sargino“, im Kärntnertor-Theater „Don Carlos“, die Loge an Wildgans. Im Theater an der Wien „Lustiger Schuster“. Früh kam Carlo von Galántha und brachte mir einen Brief vom Grafen, den ich beantwortete. Um 11 h mit Mark in die Theaterkasse. Er ging zu Kunz (?), ich verweilte in Compagnie, kam bei Karilla mit Peter zusammen. Mittags allein. Ich war wegen Papieren wieder auf der Börse, fand die Papiere gefallen und für meine schwarzen Lose gar kein Geld. Nach Mittag war ich zu Haus, gegen 5 h mit Josephine, Hocheder, Goldmann, Therese, Nina und Mark auf die Burg- und Schottentor-Bastei, um die Ruinen zu sehen. Ich sprach mit Höglmüller, den seine Wunde im linken Ohr noch immer sehr schmerzt, weil die Kugel noch steckt. Als wir uns sahen, riefen wir uns zu „Soll denn Korinth untergehen ?“ Abends waren wir zusammen unterhielten uns mit dem Ansehen der Billetts. Mark und ich begleiteten die Hocheder, dann gingen wir ins Kärntnertor-Theater, blieben bis zum Ende, beide Brüder begleiteten mich. Heute wurde wohl gearbeitet, aber nichts gesprengt. Band 06 (VI.), Seite 249v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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