Nasskalt. Im Burgtheater „Cantatrici villane“, im Kärntnertor-Theater „Wald bei Hermannstadt, “im Theater an der Wien „Rochus Pumpernickel“. Früh schrieb ich, dann zu Reppel (?), dann ins Haus, ließ des Grafen Zimmer ausheizen, zum Cappi um Wasserfallzeichnungen für Schließl, zur Geissler, welche an einer Gedärmentzündung liegt; fand wieder den fatalen Corda. Zu Liebisch, um dem Bschaidner nachzusehen, dann suchte ich den Kaufmann aus Böhmen in der Renngasse wegen Tücheln auf. Später zu Richart. Kridl war unser Gast. Therese gab ihre Lektionen. Dem Schießl brachte ich die illum[inierten] Kupferstiche von Schweizer Gegenden, worunter der Zug der Franzosen über den St. Bernhard. Nach Mittag regnete es. Ich blieb zu Haus, las, erwartete den Haim mit einer Antwort von der Rubana, dass sie sich ganz auf meine Leitung, meinen Rat verlasse. Wir gingen später selbst hin und hörten ihre Klagen. Ich versprach, mit Richart und Peter zu reden und morgen wieder zu kommen. Er erzählte, dass in der vorigen Nacht der Ballettmeister Aumer und der Tänzer Taglioni entflohen sind, dass er ein Kind mitnahm, seine Frau mit einem Kinde und vielen Schulden zurückließ. Das ist schändlich; er handelte am Publikum und der Direktion sehr undankbar. Nun sind alle Balletts gehemmt. Nachher fand ich Compagnie, soupierte etwas und war um 9 h zu Hause. Therese arbeitete, ich las.
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Tiefer Morast, düster, abwechselnd Regen. Jahrestag der Ausgrabung und Abnahme von E[lisabeth] R[ooses] Kopf durch den schon verblichenen Jakob Demuth.Im Burgtheater „Adelheid von Burgau“, im Kärntnertor-Theater „Schweizer Familie – Le pauvre Jacques“, im Theater an der Wien zum ersten Male „Laboratorium -Comédie sans Thèâtre“, opéra en deux actes de Stegmayer, musique de Paër. Früh arbeitete ich, ging in unser Haus, ließ heizen. Sah bei Hitzinger nach, der sehr schlecht ist. Besuchten Stessel, den alten Brandl, weil Weber da war und mich bat, wegen ihrer Verheiratung mit ihm zu reden. Um 12 h mit Peter und Richart zur Rubana, dann zum großen Diner bei Quarin, wegen des Grafen Namens- und Phillebois Geburtstag.. Außer der Familie Phillebois, Peck (?), speisten noch Hofrat Ulrich und Zeiller, Direktor Braunental (?), Dr. Lautsch, der reiche Weinjude Weidenthal, Schönauer, in allem 14 Personen. Die Tafel war elegant, unter selber und nach selber wurden Minen gesprengt. Wir blieben bis ½ 6 h, dann nach Haus, da hörten wir, dass Joseph wieder im Blutspeien liegt. Die Josephine war da wegen ihrem Prozess mit der Brandstätter (?), die ihr alle so teure Kindswäsche zurückkauft. Abends wegen Neefe und Mark ins Leopoldstädter Theater „Zaubergeige“, Oper in 2 Akten vom Eisenhändler Huber, Musik von Kauer. Elenderes gibt es nicht. Ich schlief eine Weile und konnte es mit Müheaushalten.
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Ein trauriger, melancholischer Tag. Jahrestag der Übernahme von R[ooses] Kopf. Das Sprengen der Minen dauert fort. Im Burgtheater abermals französisch „Alexis“ und „Schreibermahlzeit“, im Kärntnertor-Theater „Ostade“ und „Weinlese“, im Theater an der Wien „Komödie ohne Theater“. Um 9 h zum Stessel, dem ich wieder 1500 fl. anzulegen brachte; nun haben wir beim Fürsten 4000 fl. Dann 5 Bände von Schiller. Nach 10 h in Cleynmanns Predigt, der heute seit seiner Frau Tod – welche vor 10 Tagen starb – zum ersten Mal predigt. Zu Haus erwarteten mich Richart und Peter. Zusammen zur Rubana, sprachen auch wegen dem Prozess der Rodler mit Brandstätter. Unser Gast war Brandl, mit dem ich wegen der Rückkunft des Franz aus Prag und der Heirat der Reserl paktierte. Die Rodler kann nichts tun, als sich ganz auf die Großmut jener Bestie zu verlassen, da sie nicht majorenn ist und nichts in den Händen hat. Bei Rubana wurde an Klimbkes Zimmer schon die enge Sperr angelegt. Nach Mittag führte ich Therese auf die Bastei und zeigte ihr die gesprengten Kurtinen vom Hause der Lubomirska bis zur Stallung des Albert. Dann ging sie nach Haus, ich mit Mark wieder dahin, weil das Werk hinter dem Paradeisgärtl heute mit Pulver gefüllt wurde. Wir hörten, es wird morgen gesprengt. Abends ins Burgtheater, fand an der Kasse Rösgen mit Fischer vom Zichy und blieb im 3. Stock. Therese erhielt einen Brief von der Schmidt aus Frain, den wir gleich beantworteten.
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Kalt, feucht. Im Burgtheater „Don Carlos“, im Kärntnertor-Theater „Armand“ im Theater an der Wien „Komödie ohne Theater“. Ich höre, die Oper soll schlecht sein. Früh arbeitete ich zu Haus, dann in einige Buchhandlungen wegen Stessel und Hofer, zu Rösgen. Therese ging heute zum ersten Mal wieder zu Hofrat Stöger. Ich kaufte auch für mich „Julie oder die neue Heloise“ von Rousseau. Mittags allein, nach Mittag mit Richart und Peter zur Inventierung von Klimbkes Sachen, die alle auf 299 fl. geschätzt wurde. Anfangs gab es durch der Rubana und Tochter Bettelstolz einen kleinen Zwist mit Reith (?) wegen meinem Kasten, wobei sich beide als boshaft und bettelstolz auszeichneten. Später bestellte ich für Therese seidene Strümpfe, dann zu Haus, fand Mark. Abends ins Burgtheater, plauschte mit der Jeschke, da rief mich die Sepherl weg, weil der Graf angekommen. Ich eilte zu ihm, wir waren zusammen, er fuhr in den Garten. Ich suchte Compagnie zum Soupieren.
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Regen, neblig. Der Graf ist hier. Früh zum Janschky, zum Janitz und Quarin, dann zum Grafen, wo ich den ganzen Vormittag war. Im Burgtheater französisch, im Kärntnertor-Theater „Savoyarden“, „Tanzsucht“, im Theater an der Wien „Kreuzfahrer“. Mittags allein, nach Mittag schrieb ich dem Keglevich einen derben Brief wegen Wein, machte mit Offenheimer eine große Berechnung. War beim Grafen und abends beim Souper bei Franz Reich. Therese war den Abend bei Hocheder, wo sie Goldmann und Hohenadel fand. Bei Reich waren Arzt Eckmann (?), Peck (?) mit Sohn, Maler Scheuer (?), Janitz und Antonio und Schiller aus Jägerndorf. Uns überraschte ein Schweinsmagen als Elefant adjustiert. Es wurde punschiert und erst um 11 h nach Haus travelliert. Odescalchi erzählte, dass auch die Coustou entflohen.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).