Heiter. Des Grafen Abreise nach Wien. Um ½ 6 h war ich schon bei ihm und machte über alle Vorfallenheiten Dispositionen. Um 7 h reiste er ab und ich arbeitete mit Andrássy den ganzen Vormittag am Kellerstand. Ich fühlte, wie schwer es mit solchen Leuten zu arbeiten ist. Um 11 h mit Högl, Csiba und Andrássy auf den Schlossberg, um Pressburgs Gegenden und die Situation der gesamten (?) österreichischen und französischen Armee zu sehen. Heute ist kein Theater, doppelte Probe von „Bestürmung von Smolensk“. Wir gingen über die Stiege bei den Hotels der Freudenmädchen vorbei, sahen erstlich am Rande des Bergs die Gegend in allen Situationen, Ratzelsdorf, St. Georgen, Pösing, Lanschitz (?), Ivanko (?), das Oberufer, Engerau, die Fläche von Kittsee, die Petschen (?) und hinauf ins Marchfeld. Dann sahen wir das Schloss und die Nebengebäude, welches jetzt ein Spital für meistens Sachsen ist. Unleidentlich ist der Gestank in den Gängen. Wir bewunderten die Dicke und Feste der Mauern und die ungeheuer große und schöne Stiege. Bei dem Pálffy’schen Schloss über den Zuckermantl und die Judenstadt – hier ließ ich mir des Leidesdorfer und Biedermanns Haus zeigen – .über die große Weternitz (?), bei der Sonne vorbei in die Kapitel- und Ventur (?)-Gasse, wo wir Högl das Taschenbergsche und Kammerhaus, dann auf dem Johannsplatz das Primatial- und Ormozdysche (?), dann vor dem Lorenzer Tor das Casparische (?) Haus zeigten, wo die Illésházy wohnt. Mittags bei Petter, dann nach Haus schreiben, mit Petter auf die Post in die Schöndorfer Gasse, dann auf den Grünen Markt zum Hauptmann Maier, ins Aichingerische Kaffeehaus, wo ich mit Liebenfels eine Stunde Billard, dann zum Spaß Pasee spielte und 2 fl. verlor. Um 8 h suchte ich Högl im Theater-Casino, gingen soupieren, dann ins Bett.
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In Preßburg. Ein trauriger, melancholischer, trüber Tag. Früh besuchte mich Zimmermann, mit ihm verabredete ich eine kalte Pastete zu machen. Ich arbeitete, beantwortete meiner lieben Therese Brief, ging vor das Lorenzer Tor ins Haus der Casimir, sprach mit dem Sekretär Dobrössy, ins Casparische Haus, sprach mit Vanderton (?), suchte Ehlers und Hasenhut im Landerischen (?) Haus, dann zum Speisen. Bei Ehlers war ich 2 Stunden, wir plauderten vom Theater, von Wien, ich versprach, mich wegen einem Bassisten zu verwenden. Die Petter lag in Krämpfungen und wir mussten das Essen aus dem Wirtshaus holen lassen. Als ich nach Tische von der Illésházy hereinging, begegnete mir eine militärische Leiche, Man begrub einen Offizier von der Landwehr, eine Kompanie von Jos[eph] Mittrowsky-Infanterie, kirschrot mit gelben Knöpfen, und die Musikbanda begleiteten ihn zum Grabe. Ich schloss mich dem Zuge an, ging zum Lorenzer Tor hinaus in die Spitalgasse vor das Tor rechts in den Andreas-Kirchhof. Es fing stark zu regnen an und regnete unaufhörlich fort. Am Grabe wurde 3mal gefeuert. Ich ging mit einem sehr artigen Feldwebel. Ganz durchnässt kam ich im Frack nach Hause, wechselte den Rock und ging abends in die „Bestürmung von Smolensk“, Schauspiel in 5 Akten von der Weissenthurn, das Seitenstück zum „Wald bei Hermannstadt“. Das Stück wurde zum 1. Mal und gut gegeben, auf Dekorationen, nichts auf Garderobe viel verwendet. Es dauerte bis nach 10 h. Da es so stark regnete, so eilten wir gleich nach Haus.
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Letzter Tag in Preßburg. Die ganze Nacht und Vormittag Regen, mittags heiterte es sich aus. Im Kö[niglich]-Städt[ischen] Theater „Der 30-jährige ABC-Schütz“, Hasenhuts 6. und letzte Gastrolle. Den ganzen Vormittag mit Eintragung und Benennung der Zimmer beschäftigt. Der Hausknecht Jakob verstreute mir eine Nadel, welche ich im Spenzer fand; ich war sehr unruhig. Vom Maierhof in der Hochstrass ließ ich Wein und Holz bringen. Der Hausmeister, Csiba und Andrássy waren den Vormittag bei mir. Nach 12 h kam ich mit Liebenfels im Aichingerischen Kaffeehaus zusammen und gingen auf die Weternitz (?) zur Sonne speisen. Nach Mittag ins Posthaus, ging mit Liebenfels zu Gottl (?) Fischers elegantes Gewölb in die Sattlergasse, dann zu Ehlers und Hasenhut, wo ich auch Näschel (?) von Hamburg fand. Nach Tische kam ich mit Doberauer (?) und dem Tenoristen Stelzer (?) von Pest zusammen, welche vom Czibulka (?) geschickt, dem entlaufenen Bassisten Renner (?) nachreiset. Von da in unsere Häuser, wo noch manches gemessen und nachgesehen wurde, dann mit Petter die Posse in 3 Akten vom K[arl]. F[riedrich] Hensler mit der Musik von W[enzel] Müller zu sehen. Ich nahm seinen Franzl mit, der sich vortrefflich unterhielt. Den 1. Akt plauschte ich mit Liebenfels und Fischer, und weil es zu voll war, blieb ich auf dem Theater. Der Müller machte ich mein Kompliment als Fedorowna und heute als Fräule Rosel, sprach mit der Thau (?), welche die alte Jungfer Potasch (?) spielte, deren Schwester die Mad. Müller in Eisenstadt ist, und beurlaubte mich von den Bekannten. Bei Petter soupierten wir, um 11 h ins Bett.
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Thomastag, kürzester Tag. Reise nach Wien. Im Kö[niglich] St[ädtischen] Theater „Bestürmung von „Smolensk“ Früh in Fischers Gewölb wegen seinem Auftrag, packte und ordnete alles, nahm eine ganze Partie Mohnbeugeln, 50 Stück, und ebenso viel Krainer Würste mit. Nahmen bei Petter ein Déjeuner à la fourchette, um 10 h Ehlers und Hasenhut abzuholen, die mit uns im 2. Wagen reisen. Högl musste mir vom Damm in der Engerau Preßburg zeichnen, und zwar gleich vom Wagen aus. Zum zweiten Mal traf ich Fischer, sie schrieb wegen Waren ein Billett an die Schwarzleitner, welches ich ihr zu besorgen versprach. Nachdem wir in der Au eine kleine Stunde verweilten, fuhren wir durch die Allee nach Kittsee, besuchten Artner, den ich schon vor 7 Jahren nicht sah, sahen am Schlosse noch die Befestigungen der Franzosen, ihre Schanzen. Dann über Wolfsthal nach Hainburg. Bei der Post fanden wir Hasenhut, der schon 3 Stunden auf Pferde wartete. Hier futterte Philipp, ich engagierte Högl und Hasenhut, mit mir zu promenieren. Wir gingen bis Altenburg. Der Kot auf der Straße ist außerordentlich. Im Ausweichen schlüpfte ich aus und fiel, mit einer Hand erhielt ich mich. Der Tag war heiter und der Weg durch die Weingärten angenehm, Keglevich begegnete ich auf der Straße. Hasenhut saß in seinem Post-Kalesch. Ich stieg mit Högl auf dem Kirchhof bei der alten Kirche herum, Philipp kam nach und wir fuhren weiter. Außer dem Tor von Petronell brach die linke hintere eiserne Achse und wir lagen im größten Morast. Unsere Lage war zum Verzweifeln; die Bauern verlangten 50 fl.. für das Ausleihen eines Leiterwagens. Wir trafen Watzal (?), welcher mit einem Transport bei einem Bäcken einquartiert lag, und mir antrug mitzufahren. Bei Michael Suttner (?), No. 13, bekam ich ein Kalesch für 20 fl., ließ umpacken und fuhren beim Mondschein um 5 h bis Fischamend zum Lamm. Da hatte Hasenhut für uns Quartier gemacht. Wir erzählten unsere Fatalia, soupierten, und schickten zu Spuler (?), um ihn unsere Ankunft wissen zu lassen. Es war 8 h, er schickte uns seinen Franzl, wir sollten durchaus bei ihm einlogieren. Wir versprachen, morgen da zu frühstücken. Wir lachten viel mit Högl und unterhielten uns vortrefflich. Nach genossenem gutem Essen um 10 h ins Bett.
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Trüb, kalt. Reise von Fischamend nach Wien Früh vor 8 h fuhren wir in die Mühle zum Spuler, wurden herzlich aufgenommen. Die Frau und Sohn führten uns überall herum; das Ganze gleicht einem reichen Edelsitze. Hier machten wir die Bekanntschaft mit dem General der Artillerie Rouvrois (?), Sohn jenes berühmten Generals, der unter Laudon die Artillerie bei Belgrad kommandierte. Um 10 h fuhren wir nach Schwechat, begegneten dem 2., 3., 4. und 5. Bataillon der Landwehr. Dann nach Wien, wo wir um 2 h ankamen. Herzlich war Theresens Empfang, ich freute mich innig, das edle Weib an mein Herz zu drücken. Sie spendete Würste und Mohnbeugeln aus und ging abends zur Schreibers. Ich war den ganzen Nachmittag beim Grafen, arbeitete mit ihm. Abends zur Rodler, blieb in Compagnie, dann nach Haus und um 9 h ins Bett. Im Burgtheater waren „Die Jahreszeiten“ und Mayer unser Gast. Er hat gleich eine große Freude mit dem Hector.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).