Ein düsterer Tag. Napoleons Geburtsfeier. Früh schrieb ich an den Grafen und Keglevich. Therese ist sehr melancholisch, mit ihr schwer zu reden, man muss viel Geduld haben. Um 9 h mit dem Bruder des Mayer zur Donau, um die mit Flaggen geschmückten Schiffe und das Abfeuern der Kanonen zu sehen. Wir fanden Hensler, er ging mit uns auf die Brandstätte des gestern in die Luft gesprengten Laboratoriums, dann die Stadt durch und sahen ein paar unbedeutende Apparate zur Illumination. Die Muhme Lenerl und Peter waren unsere Gäste. Nach mi um 3 h mit Therese zur Geissler, sahen um 4 h den unordentlichen Zug zu Pferd, wobei der V[ize]-König, Marschall und Reichs V[ize]- Konstabler Berthier, Andreossi, Meriage (?) der Großen und Autoritäten des Reiches waren, nach St. Stephan gehen. Von da zur Donau, wo von der Marine sich 8 entkleideten, und auf einem auf dem Wasser stehenden, mit Unschlitt beschmierten Baum zu gehen den Versuch machten, um den an der Spitze mit einem Strauß befestigten Preis zu bekommen. Drei erhielten den Preis; jene Preise aber, welche auf einem hohen Baum, ebenfalls mit Talg beschmiert und senkrecht aufgestellt, angebunden waren, konnte keiner erhalten. Unter allen machten nur 3 Versuche. Dann speisten sie öffentlich auf dem Schiffsplatz. Wir gingen in die Stadt, führten Therese nach Haus und sahen von den kaiserlichen Ställen das elende Feuerwerk. Restaurierten uns mit schlechtem Bier, gingen auf die Bastei, in den Rittersaal, die Tafel zu sehen. Holten Therese ab, mit ihr in die Leopoldstadt auf den Schiffsplatz, wo sie eben alle Tafeln und Bänke auf Veranlassung ihrer Generäle mit bacchantischem Jauchzen ins Feuer warfen und so die ganze Leopoldstadt anzuzünden dachten. In der Jägerzeil fanden wir das Haus von Kommandant Lefèvre, dem Chef der Marine, und noch ein paar andere Häuser schön illuminiert. In der Stadt war die Illumination des Komm[andanten ?] Meriage bei Fries, und jene beim Lobkowitz dann jene der Reichskanzlei mit der Devise „Vive l‘ Empereur, Napoleon le Grand !“ etwas auszeichnend. Um 11 h gingen wir ganz entkräftet nach Haus.
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Warm. Im Kärntnertor-Theater „Faniska“, im Theater an der Wien „Strandrecht“ und „Hausgesinde“, in Schönbrunn Spektakel. Am Vormittag zu Haus, Theaterkasse, Geissler und mit Peter zur Karilla. Die Württemberger beziehen ein Lager bei Heiligenstadt und plündern alle Ortschaften. Mittags allein, Nina bei uns, nach Mittag zu Haus, zu Peter, später [führte] ich den jungen Neefe bei Hensler auf und führte ihn auch auf’s Theater. Ich blieb bis 9 h in Compagnie, dann nach Haus.
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Warm. Im Kärntnertor-Theater „Waisenhaus“, im Theater an der Wien „Salomons Urteil“. Früh arbeitete ich zu Haus, später in die Theaterkasse, zu Richart mit Weinmustern. Therese war baden. Mittags allein. Der Liverati (?) plagt mich mit Weinen, Hüten und Öl, dass ich ihn nicht vom Halse bringe. Nach Mittag zu Haus. Ich schrieb an den Grafen, ordnete meine Sachen. Ging auf die Bastei, traf die Geissler, Bouvard (?) mit Gouvern (?) und blieb den Abend in Gesellschaft.
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Sehr warm. Im Kärntnertor-Theater „Wald bei Hermannstadt“, im Theater an der Wien „Kreuzfahrer“. Minister Champagny reiste nach Altenburg zum Kongress. In Altenburg gaben die Fürsten am Napoleonstag Tafel, luden den Minister Metternich und Fürsten Paul, als 2. Ministerial-Sekretäre dazu ein. Sie tranken französische Gesundheiten, da stand Metternich auf und trank auf das wohl des Kaisers von Österreich; die Franzosen tranken mit. Gedanken bei der Illumination am 13.: „Es lebe der Kaiser“ „Vivat Franc[iscus] Imperator“ „Auch mein Lämpchen lodert, weil man es so fordert.“ „Zur Weihe an Napoleons Geburtstage – Z.W.A.N.G.“ „Ihr Wiener hört ! Beleuchtet nicht ! Ihr seht ja euer Elend ohne Licht !“ Einer illuminierte transparent die Verordnung, dass man beleuchten muss. Den Vormittag arbeitete ich zu Haus, ging ins gräfliche Haus, sprach mit Kleiner wegen Aloys und nahm letzteren zum Essen. In der Theaterkasse hörte ich, dass heute in Schönbrunn „Griselda“ und ein Divertissement sei, und dass Napoleon schon mehrere kaiserlich belohnte. Den ganzen Nachmittag war ich zu Haus, auch Therese, später zu Rohrweck und auf die Bastei. Ich sprach lange mit Escherich, der überall Krieg sieht, und leider fand ich seine Gründe richtig. Dann ist Wien und alles verloren, weh uns ! Abends schlich [ich] mit Schöpfer herum, trank in Compagnie etwas Wein, dann nach Haus.
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.Unerträgliche Hitze. Im Kärntnertor-Theater „Epigramm“, im Theater an der Wien neu einstudiert „Die Waldmänner“, Oper in 3 Akten von Emanuel Schikaneder, welcher als Bruder Reymund als Gast auftritt. Mich freut dies von Herzen, und Therese ging gleich zur Kasse, um für uns die Loge zu holen. Früh schickte ich den Neefe mit seinen Dekorationsskizzen zum Hensler, welcher ihn mehrere malen lässt. Therese lud den Kridl und seinen Compagnon in die Loge. Ich ging in unser Haus, nahm Aloys zum Essen, wartete bei Geissler den Peter. Therese gab ihre Lektionen. Nach Mittag zu Haus, am Abend mit Therese an die Wien. Es war zum Brechen voll. Ich sprach mit Witter (?), Mayer und Scholz, der eben von Baden kam. Sehr glänzend wurde Schikaneder empfangen, doch er machte doch nicht viel, welches mir sehr leid war. Am Ende wurde er vorgerufen und dankte in gewöhnlichen Ausdrücken. Zuletzt war der Beifall nicht groß. Heute kam der Held Cavriani von Galántha, befindet sich ganz wohl. Der General Foucher zog bei uns aus, der Engländer vom 2. Stock zieht herab. Ich zweifle, ob dieses großes Haus von Einquartier[ung] frei bleibt.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).