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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
4356 1809 7 6 .in jeder Hinsicht ein sehr heisser Tag. Im Burgtheater „Organe des Gehirns“, im Kärntnertor-Theater „Griselda“, im Theater an der Wien „Don Juan“. Niemand besucht die Theater. Unsere Loge zu „Don Juan“ erhielt die Schmirer, die andere Pepermann. Um 2 h in der Nacht begann die Schlacht wieder mit einer fürchterlichen, verheerenden Kanonade. Mittags stürmten die Franzosen unser verschanztes Lager. Ich schlich in der qualvollsten Ungewissheit herum, war bei Rohrweck, Stessel und Kridl. Mit letzterem ging ich in die Burg auf das Dach des Naturalienkabinetts, da begann die Affäre am hitzigsten zu werden. Die Franzosen ließen wieder frische Truppen anrücken und unser rechter Flügel schien sich gegen den Spitz zu retirieren. Mittags allein. Ich kann nicht schlafen und nicht essen. Unser Unglück ist gewiss. Nach Mittag gingen Rohrweck, Kridl und ich zur Hofapotheke, Briffs (?) Glaser im Kugl (?), wo im 4. Stock die Aussicht gut, aber alle Fenster voll Damen waren. Von da in die Feldapotheke zur Stiege (?) in das obere Gartengebäude. Neumann gesellte sich zu uns, da war das Ganze zu eingeschränkt, doch bemerkten wir, dass unser rechter Flügel immer mehr gegen Stammersdorf retiriert. Wir drängten uns auf dem Rennweg durch die Menge Verwundeter und kamen auf den Linienwall. Alles fanden wir leider bestätigt und unsere Retirade immer schneller. Wagen nach Wagen mit ungarischen Bauernpferden bespannt folgten die ganze Straße und ebenso schleppten sich invasionsweise (?) die Verwundeten fort. Viele lagen mit einem Fuß und einem Arm auf ihren Pferden. 21 Offiziere hatten 14 gute Füße. Erschütternd ist der Anblick von so viel Elend. Wir sahen gewiss bei 6000 Unglückliche. Schönofsky gesellte sich zu uns. Wir tranken in Komödi-Gassel Bier und gingen auf die Bastei. Die Kanonade wurde schwächer und um 9 h aus. Zwei Orte brannten wieder und niemand wusste anzugeben, welche es sind. So schien diese so entscheidende Schlacht zu unserem Unglück zu enden. Wie lange wird diese Lage noch währen ? Therese war zu Haus und lehrte die Rothe und Gitter. Im Burgtheater waren heute anfangs 3, später 7 Personen, und die Einnahme betrug 11 fl. Band 06 (VI.), Seite 234v
4357 1809 7 7 Sehr warm. Im Burgtheater „La Molinara“, im Kärntnertor-Theater „Le Médecin de la maison“, im Theater an der Wien „La Reine du Fer“. Heute hört man nichts mehr, nur sind alle Straßen mit Verwundeten angefüllt und noch kommen sie so viel häufiger als gestern. Der Verlust auf beiden Seiten muss außerordentlich groß sein. Von unseren Soldaten sieht man nur einzelne Gefangene, Verwundete keine. Früh schrieb ich. Ich zittere am ganzen Leibe, bin sehr abgespannt, matt und brachte die Nacht beinahe schlaflos zu. Ich suchte Stessel auf, war bei Rohrweck, Brandl und Rodler. Therese besuchte Koch und lud ihn ein, nach Mittag Peters Gärtchen zu besuchen. Ich engagierte den Roose. Der Turmwächter von St. Stephan brachte ins Unterkämmereramt die Nachricht, dass sich unsere Armee bei Bisamberg aufgestellt habe, in der 2. Position stehe und nun vorrücke; das Gefecht engagiert sich auf’s Neue. Nun bringt man auch Verwundete von uns. Rodler hörte von Czernin, dass nun bestimmt Frieden werden muss, weil die Russen wirklich gegen uns anrücken. Brandl war unser Gast. Nach Mittag zu Haus. Um 5 h mit der Jette und Goldmann zu Wirschmidt (?), holten Koch und Roose ab, fanden beim Magistrat die Umlauf, nahmen auch sie mit und gingen zu Peter. Aloys brachte uns Proviant. Das Monument und die Anlage des Gärtchens gefiel ihnen sehr. Sie rauchten Tabak, tranken, aßen. Abends bewirtete uns Peter im Zimmer mit Rostbratl, und um 10 h begaben wir uns nach Haus. Wir hörten nichts mehr schießen, vielleicht der Entfernung wegen. Band 06 (VI.), Seite 235r
4358 1809 7 8 Ein heisser Tag. Im Burgtheater „Intermezzo“, „Komödie aus dem Stegreif“, „Helena und Paris“, im Theater an der Wien „Titus“. Früh arbeitete ich zu Haus, hielt Exekution mit dem Zuckerbäcker und Hausknecht. Später ging ich die gestrigen Wege um zu hören, wie sich diese so mörderische Schlacht endete. Im Unterkämmereramt erzählte mir Ullmann, es kam vom Turmwächter der Rapport, dass in diesen höchst mörderischen Tagen Stadtl Enzersdorf, Breitenlee, Süssenbrunn, Eipeldau, Kagran, Langenzersorf, Jedlesee, Korneuburg, Strebersdorf brannten. Czernin sagte mir, dass unser linker Flügel bedroht war, umgangen zu werden, dass unsere Armee die Stellung um Aspern verließ, sich über Stammersdorf, Wolkersdorf zurückzog und auf der Hohen Leiten in Schlachtordnung aufstellte. Unser Rückzug geschah langsam und in bester Ordnung. Napoleon hatte gestern sein Hauptquartier am Fuße des Berges von Stammersdorf. Von uns kam ein Corps von Krems herab und bei Korneuburg in ein Gefecht, wodurch die Franzosen Korneuburg und Strebersdorf anzündeten. Die Franzosen erhielten nur 6 Kanonen, wenig Gefangene, weil durch unsere langsame Retirade alle Artillerie, die so sehr die feindlichen Linien zerstörte und ungeheure Lücken riss, weggebracht werden konnte. Die Franzosen verloren 25 Generale, teils tot, teils verwundet, und über 40.000 Mann. Alle Augenblicke erwartet man Erneuerung der Schlacht. Nun dauert das Morden schon 9 Tage. Nach Mittag erschien ein Bulletin, dass unser Kaiser heute sein Hauptquartier in Wolkersdorf hatte und nun Napoleon selbes dahin verlegte, dass die französischen Vorposten bis gegen Nikolsburg streifen. Mittags allein, nach Mittag zu Haus. Ich schrieb meiner Mutter. Justinus ließ mich rufen und sagte mir, dass die Reklamation des Kellers bewilligt sei. Abends mit Therese zur Terzaghi, brachten ihr die frohe Botschaft. Sie erzählte, dass sie gestern ihr Quartier aufgekündet habe. Noch immer kommen Verwundete, schrecklich ist ihr Aussehen und ungeheuer ihre Zahl. Band 06 (VI.), Seite 235r
4359 1809 7 9 Sehr heiß. Im Burgtheater französisch „Der unterbrochene Tanz - La Danse interrompue“, Vaudeville – opéra comique en 1 acte; im Kärntnertor-Theater „Savoyarden“ und „Abdul“, im Theater an der Wien „Semiramis“. Früh schrieb ich dem Joseph wegen Anisette für Terzaghi, und 12 Bouteillen Wein für mich. Ich arbeitete, trug die Pensionen in die Bücher, besuchte Filath und Rodler. Sah dem Maler und Anstreicher nach, plauderte auf dem Kohlmarkt und Graben herum. Ich war in der Theaterkasse und hörte von einem Feuer bei Neustadt, dass der Theatersekretär Sonnleithner und der Wechselsensal Schosulan in der Nacht von Gens d‘ Armes aus dem Quartier geholt und arretiert wurden; dies geschah noch mehreren. Die Nürnberger-Handlung Seiler und Franz sperrten und versiegelten die Franzosen. Ich sah einen Stabsoffizier eines Jäger-Regiments, welcher erzählte, dass Ehz. Ludwig in der Bataille durch den Schenkel geschossen wurde. Viele Menschen erzählten mir das mit Freude, weil jeder es diesem Menschen gönnt. Mittags allein, nach Tische kam Zimmermann von Pottendorf, welchem ich einen Brief und Empfehlung wegen Kettel an Stessel mitgab, später Peck, der bei der Sonnleithner war, da die ganze Familie in Beratschlagung fand und hörte, dass er um 11 h mit Escorte aus dem Bett abgeholt, sein Schreibzimmer gesperrt und versiegelt wurde. Heute wurden 200 Fiaker requiriert, um Verwundete zu führen. Mit Goldmann und Therese zu Reimann, später ich zur Terzaghi, brachte ihr Anisette, dann wandelten wir zusammen ins Theater an der Wien. Schöne Oper, sie unterhielt uns angenehm. Ich soupierte mit Rundschek (?) während der Oper bei Vogonedi im Bierhaus. Nach Mittag Wetterregen, abends unerträgliche Staub und kühl. Band 06 (VI.), Seite 235r
4360 1809 7 10 Kühl, trüb, unmäßiger Staub. Burgtheater geschlossen, im Kärntnertor-Theater „Schweizer Familie“, im Theater an der Wien „Lustiger Schuster“. Bei uns mehrere württembergische Generals, Generalleutnant Woellwarther, Generalleutnant Theobald, Major Spitzenberg, Hauptmann Bangold und eine große Suite; gestern abend waren 24 Personen an der Tafel. Früh arbeitete ich, später kam Rodler und erzählte, dass unsere Truppen schon die Hochleithen verlassen mussten und immer retirierten. Ich ging zum Rohrweck, Theaterkasse, ins fürstliche Haus und zu Geissler. Da erwartete mich Therese und sagte mir, dass mich Justinus suchte. Ich eilte zu ihm und erfuhr nicht mehr, als dass zwischen heute und morgen der Keller eröffnet werde und man blechen (?) müsse. Dies avisierte ich dem Joseph. Mittags allein, nach Mittag zu Haus, arbeitete. Abends suchte ich Compagnie, aß etwas, dann nach Haus. Im Kärntnertor-Theater wurde statt der „Schweizer Familie“ „Der Vorsatz“ und „Dorfbarbier“ gegeben. Therese bekam von dem Weibe des Joseph den gestickten Hut, kaufte Taffet, Bänder, verferigte den Hut für die Hörr und die Haube für das Mädl. Abends war sie bei der Bayer, wo sich Salieri, Hummel und Cornega (?) einfanden. Es wurde gesungen und sie kam erst um ½ 11 h nach Haus. Band 06 (VI.), Seite 235v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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