Sprung zur TabelleSprung zum MenüSprung zur SucheHotkey Referenz
Anzeige von 4326 - 4330 aus 11858
Sortiere nach 
Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
4326 1809 6 6 Ein heisser Tag. Unerträglicher Staub und Gestank. Im Kärntnertor-Theater „Iphigénie en Aulide“, „Der lustige Schuster - Le Cordonnier gaillard“. Den ganzen Vormittag zu Haus und schrieb dem Grafen. Metternich und Paul sind als Gefangene mit Begleitung der Offiziers hier, weil unser Hof den Dodin mit Personale nach Pest sandte. Sie wohnen alle im fürstlichen Haus. Fürst Paul sah auf der ganzen Herreise keine österreichischen Truppen. Die Franzosen bestimmten den Fürsten Colloredo, gewesenen Erzbischof von Salzburg, den Fürsten Metternich, den Grafen Pergen, Sohn des gewesenen Polizeiministers und den Oberstjägermeister Grafen Hardegg als Geiseln. Jeder hat Wachen vor der Tür. Die Ursachen weiß niemand und werden sehr verschieden angegeben. Mittags allein, nach Mittag zu Haus, ins fürstliche Haus, sprach Hauptmann Jeschke und Zinnenburg (?), mit Jungmann auf die Bastei. Sprach sie wieder, nach 9 h nach Haus. In unser Haus kommt neue Einquartierung, auch wir wurden mit einem ganz jungen Menschen von 20 Jahren, blond, vom 48. Infanterie-Regiment, beglückt und lagerten ihn in die Garderobe. Band 06 (VI.), Seite 227v
4327 1809 6 7 Sehr windig, warm, unmäßiger Staub. Im Kärntnertor-Theater zum ersten Mal „Bescheidenheit und Argwohn - La susceptible“, Komödie in 1 Akt; im Theater an der Wien „Idas und Marphisa“. Um 4 h schon ging Sepherl um Fleisch. Unser Gast ist sehr reinlich, er putzt und reinigt schon den ganzen Morgen, ist sehr artig und still. Früh kam die Muhme Tischlerin, klagte über Mangel, an Verdruss (?), weinte, jammerte. Wir schenkten ihr und suchten sie zu trösten. Den Vormittag schrieb [ich] und setzte meinen Brief fort. Therese gab ihre Lektionen. Gestern wurde Regierungssitzung wegen Erhebung von 3 Millionen fl. zum Einkauf von Lebensmitteln gehalten, der Kaufmannstand berufen, welcher gleich eine Million subskribierte. Rauch- und Schnupftabak fehlen, weil alle Zufuhr aus Ungarn gesperrt ist. Die Tabakgewölbe schließen zu. Aus dem bürgerlichen Zeughaus wurden bei 5000 Gewehre abgenommen, welche dem Landsturm verteilt wurden und ins kaiserliche geführt. Mit aller Anstrengung wird in diesem Tag und Nacht an Munition gearbeitet, die Gewehrfabrikanten Oesterlein (?) und Frühwirth müssen Tag und Nacht an Verfertigung neuer Gewehre arbeiten lassen. Mittags war Eckhart unser Gast. Nach Mittag arbeitete ich, Therese und Goldmann waren zu Haus. Jungmann kam mit Decaen vom 56. Infanterieregiment, der seit 14 Tagen auf der Lobau bivakierte und viel ausgestanden hat, besuchten uns. Wir hatten große Freude, ihn nach der Schlacht wieder gesund zu sehen. Decaen erählte mir noch, dass auf der Insel Lobau täglich 2000 Menschen an Verschanzungen arbeiten, um im Falle eines Überganges von den Unsrigen gesichert zu sein. Er forderte uns auf, die mit der Türkenkette befestigte Brücke und alle Verschanzungen zu sehen, und versprach uns abzuholen, wenn ihn nicht ein Gefecht überraschen und abhalten sollte. Später erhielt Therese ihre dem Hartl gegebene Schrift zurück, mit dem Bescheid „ In das Gesuch kann nicht gewilligt werden“, 6. Juni und Sonnleithners Unterschrift. Ich erwartete nichts Besseres, nur wollte ich meine gerechte Galle ergießen. Abends 7 h ging ich auf die Bastei, Therese und Goldmann mit mir. Wir machten die ganze Tour und waren um 9 h zu Haus. Heute hielt Napoleon Revue auf der Schmelz über 4 Infanterieregimenter. In der Nacht wurde von 2 bis 5 h wieder stark kanoniert, man glaubt, es war bei Ebersdorf. Band 06 (VI.), Seite 227v
4328 1809 6 8 Trüb, kühl; man erquickt sich etwas. Früh arbeitete ich, schlenderte herum, in Jungmanns und Peters Gesellschaft. Im Kärntnertor-Theater „La Maison des Orphelins“, im Theater an der Wien „Raoul Barbe bleue“. Mittags fing es zu regnen an und regnete den Nachmittag fort; welche Erquickung, man lebt neu auf ! Früh um 2 h bis nach Mittag hörte man von der Pressburger Straße kanonieren. Dem Kridl brachte ich die Loge. Heute wurden die am Dienstag genommenen Geiseln wieder frei gegeben. Früh hielt Napoleon auf den gesegneten Feldern der Schmelz, welche mit Korn, Gerste und Erbsen gebaut sind, Revue über seine Garden, Infanterie, Kavallerie und Artillerie. Es mochten 15.000 Mann gewesen sein, ein schöner, kräftiger Schlag Menschen. An der Donau am Schanzel wurden wieder einige 20 neue Flösse gebaut. Man glaubt, Napoleon will durch einen mächtigen, entscheidenden Schlag den Jahrestag des Sieges bei Eylau – 9. und 10. Juni 1807 – feiern und den Übergang bei Ebersdorf erneut versuchen. Am 14. Juni 1807 ist der Tag der Schlacht bei Friedland, worauf der Friede von Tilsit bald folgte. Am 14. Juni war der Jahrestag der Schlacht von Marengo, woher sich unser Unglück datiert. Nach Mittag fuhr ich nach Haus und setzte meine Briefe fort. Negri kam und brachte mir die Tagesberichte von unserer Armee und den schönen, sehr wahr geschriebenen Tagesbefehl des Ehz. Carl nach dem Siege bei Ebersdorf. Therese war Mittags allein und blieb immer zu Haus. Nach 7 h kam Negri, ich führte ihn ins Kärntnertor-Theater, suchte Compagnie um zu plaudern und war um 9 h im Bett. Von Paris kam der Ballettmeister Aumer mit einer Gage von 1000 fl. an und wird nächstens ein Ballett machen. Fürst Paul engagierte in Paris eine erste Tänzerin. General Lefèvre ist mit seinem Corps in Linz und ließ den jenseitigen Bewohnern des Dorfes Urfahr bedeuten, dass sie auswandern und ihre besten beweglichen Habseligkeiten nach Linz nehmen möchten, weil er das Dorf rasieren und zu einem festen Punkt machen will. In der Nacht regnete es stark und erquickte die ganze Natur. Band 06 (VI.), Seite 228r
4329 1809 6 9 Am Vormittag heiterte es sich wieder aus. Im Kärntnertor-Theater „Proberollen“ und „Achille sur l’ Île de Scyros“, die Coustou tanzt die Deidamia, Lykomedes‘ Tochter. Im Theater an der Wien „Le Menteur – Der Lügner“. Früh und vor Mittag ordnete ich meine Briefe nach Preßburg und expedierte sie durch Negri. Heute empfing ich von meinem Grafen einen Brief vom 27. Mai von Preßburg, mit mehreren Einschlüssen, die ich gleich beförderte und den Brief beantwortete. Mittags allein, nach Tische las ich, ging zum Rohrweck, ins fürstliche Haus, in die Theaterkasse, konnte aber nirgends etwas erfahren. Der Graf schenkte mir Mehl und Schmalz, und als ich selbes holen wollte, hat es der Bandit Carlo in der letzten Stunde seines Hierseins genommen und ich bekam nichts. Heute sprach ich wiederholt mit Reppel (?) wegen schwarzem Atlas für Therese auf einen Mantel. Mit Krendl (?) ging ich auf den Graben. Es kam ein Wetter, dies wurde abgewartet. Sprach Erhart, ging über die Glacis bis zur Josephstadt; es war ein schöner Abend. Suchte später Compagnie und war um 9 h zu Hause. Bei Therese war die Goldmann Josephine, wir plauderten zusammen, und bedauerten unseren Verlust. Ich nahm dafür ein großes Stück vortrefflichen Parmesan-Käse und 12 Bouteillen Großdorfer (?), vovon ich dem Reppel 6, mit 2 Bouteillen Slivovitza gab. Heute sollte Graf Zinzendorf zu unserem Kaiser reisen, warum, weiß niemand, man glaubt wegen Lebensmitteln. Er lehnte es aber ab und so unterblieb es ganz. Band 06 (VI.), Seite 228r
4330 1809 6 10 Kühl und abwechselnd Regen. Im Kärntnertor-Theater „Sargines“, im Theater an der Wien „Le Secret“ Oper in 1 Akt, und „Arlequin et Colombine sur les Alpes“. Früh arbeitete ich. Therese gab uns heute Brot zum Frühstück, weil keine Semmeln zu bekommen waren. Später besuchte ich Quarin bei Phillebois, kaufte für mein braves Weib 16 Ellen schwarzen Atlas bei Reppel (?). Ging zu Reimann, um ihm die Loge ins Theater an der Wien zu bringen, sprach Fischer und Zeuner. Therese gab ihre Lektionen. Reimann erklärte ich meine Ideen zu einem Behältnis für Haydns Kopf und zeichnete alles auf. Mittags allein, nach Mittag zu Haus. Um 5 h zu Peter, fand Klapper (?) und Moser, schnitt einen Rosenstrauch ab und bestellte auf morgen bei der Lenerl Spritzkrapfen für Therese. Ging mit ersterem in die Stadt und passierte so den Abend in Compagnie. Band 06 (VI.), Seite 228v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

Copyright © 2025 Heraldisch-Genealogische Gesellschaft "ADLER", Wien. All Rights Reserved. Austria-1095 Wien, Postfach 7, Universitätsstraße 6/9b