Ein heisser Tag, äußerst schädlicher, erstickender Staub. Nirgends wird gespritzt, die Straßen sind voll Schmutz, sehr unrein, heute zum ersten Mal wird etwas geputzt. Bei den abgebrannten Häusern liegt der Schutt bis zum ersten Stock. Im Burgtheater wegen dem Gestank von dem Spital in der Reitschule kein Spektakel, im Kärntnertor-Theater „La jeune femme colére“ und Ballett „Abdul“, im Theater an der Wien „Le Congé - Der Urlaub“ und „Hausgesinde - Le désespoir de Jocrisse ?“, im Leopoldstädter Theater das „Höckerweibchen“. Die ganze Nacht wurde bei Nussdorf kanoniert, ebenso auch am Tabor, und noch der Übergang über die Donau nicht zustande gebracht. Viele Wägen mit Verwundeten wurden in die Stadt geführt. Man glaubt, die Franzosen haben bei ihren Übergangsversuchen in diesen Tagen schon mehrere tausend Mann verloren. Nun sind alle Zimmerleute zur Verfertigung von Pontons requiriert, alle Anhöhen von Nussdorf, Kahlenberg bis Klosterneuburg werden mit Kanonen besetzt. Heute Nacht soll der Übergang forciert werden. Heute ist vom Brigadegeneral und Reichsbaron Razout (?) – er wohnt bei Fries – für den Platz Wien die Ordre wegen Abgabe der Einquartierungs-Listen wegen Verpflegung, und Meldung der vorhaltenden Beschwerden bei selber angeschlagen. Den Vormittag im fürstlichen Haus und beim Jos[eph] Pálffy wegen Absendung meiner Briefe an den Grafen, dann zu Phillebois und Quarin, um ihn zur Erwirkung eines Passes für Nitschners Geflügel zu erbitten und ihm zu seiner morgigen Franzosen-Tafel roten und weißen Wein anzutragen. Später in Peters Gesellschaft. In der Leopoldstadt wimmelt es noch immer von Franzosen. Mittags allein. Richart half uns mit Fleisch aus. Kreuzersemmeln werden keine mehr gebacken. Am Nachmittag und Abend schrieb ich an Keglevich eine 6 Blätter lange Epistel und setzte den Brief an meinen Grafen fort. Bei Czernin hat der Fürst von Neuchatel sein Absteigquartier. Er erzählte, dass Napoleon bei Ebelsberg in die Ferse seines linken Fußes einen Streifschuss erhielt. Heute nach Mittag hält er bei Schönbrunn auf der Schmelz über 16.000 Mann, nur Infanterie, eine Revue, stieg von seinem weißen Araber, ging die Reihen durch, sprach mit vielen und nahm von anderen Bittschriften. Heute nach Mittag war das Leichenbegängnis eines Hauptmannes vom 2. Bürgerregiment, des Seidenzeug-Fabrikanten Borochetti vom Schottenfeld, der beim Bombardement auf die Burgbastei einen Fuß verlor und daran starb. Französische Grenadiers mit ihren Offiziers und die Bürgercorps begleiteten die Leiche. Gegen 8 h ging ich mit Therese auf die Burgbastei, da war Musik, die Gesellschaft nahm Gefrorenes und im Gloriett kampierten französische Grenadiers. Ein Regiment Grenadiers und eines Chasseurs marschierten zum Burgtor hinaus gegen Nussdorf. Die Nacht wird durch Blutfließen denkwürdig werden. Von Kavallerie ist in der Stadt, den Vorstädten und ihren Umgebungen nichts zu sehen. Beim neuen Tor gingen wir herab und nach Haus.
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Warm. Vom Schutt-Abbrechen der abgebrannten Häuser unerträglicher Staub. Niemand spritzt, reinigt die Straße. Die alte Ordnung ist ganz gestört, vernichtet. Peter ließ mir sagen, dass in der Leopoldstadt und Landstraße noch alles Militär liegt, also auch der Übergang noch nicht gelungen haben. In den beiden Vorstädten mögen bei 50.000 Mann liegen. Wie sehr sind da die Einwohner gedrückt. Im Kärntnertor-Theater „La Forêt de Hermannstadt“, im Theater an der Wien „L‘ Acte de Donation - Der Schenkbrief“. Die Cavaliere der Direktion verließen Wien, ohne die Kassen zu decken. Hartl nahm sich der Direktion an und sorgt für die Gagen. Ich besuchte die Terzaghi, welche in der Paniglgasse 16 Artilleristen haben, die der Tafeldecker verpflegt; in unser Haus, dann zum Fürsten. Eben kam der Mayerknecht Fröhlich an. Ich eilte nach Haus, schloss meine Briefe, Baron Peck brachte mir auch eine Abschrift, die ich samt einem Brief von mir an den Stessel schickte, und ihm noch jenen an den Keglevich und meinen Grafen anschloss, mit der Bitte, selbe gleich mittels Expressen nach Preßburg zu spedieren. Nach 2 h fuhr Fröhlich fort. Ich war sehr froh, diese Last vom Halse zu haben; möchten sie ihnen nur in die Hände kommen. Ich begegnete Quarin, dem ich 12 Bouteillen Ratzelsdorfer und Nesmüllner schickte. Dieser erzählte, dass die Franzosen heute Pechfakkeln, Pechstränge, Stroh und dergleichen requirieren, um vermutlich durch Brand der jenseitigen Ortschaften den Übergang zu erzwingen. Nina war unser Gast. Nach Mittag zu Peter, wir waren allein mit Jungmann, sprach Erhart. Die Franzosen fingen alle Schiffsknechte zusammen, bauten Flösse und bestimmten, in der Nacht den Übergang über die Donau unter dem Lusthause bei Simmering zu versuchen. Abends waren mehrere Regimenter an der Donau bis zur abgebrannten Franzensbrücke aufgestellt, mit einer ganzen Reihe Artillerie und Munitionskarren unterstützt. Vom Hofkommissär war angeschlagen, dass auf Befehl des Hr. Generalgouverneurs Grafen Andreossi alle Offiziers und andere Individuen, welche Kriegsgefangene sind, sich allsogleich im Kriegsgebäude beim Oberst Belloutte (?) melden, wo wegen ihnen das Weitere bestimmt werden wird. Die schärfste Ahndung folgt dann, wenn sie nicht gingen. Beim Baptist Batthyány wohnt der General Berthier, aide de Camp Napoleons. Ich besuchte die Rohrweck, welche noch gar nicht gefasst ist. Sie wohnen beim LaRoche und ziehen wieder aus. Ich war bei ihm im Gewölbe.
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Unverträglicher Staub. Von allen Seiten wird von den Brandstätten Schutt abgeworfen. Im Burgtheater „Jugend Heinrichs V.“, dann produziert H[err] Mälz[e]l seinen Trompeter. Im Kärntnertor-Theater „Armand“, im Theater an der Wien „Fanchon“. Früh arbeitete ich, Therese gab ihre Lektionen. Mittags speisten wir mit Karilla bei Peter. Ich begann heute neue Briefe an meine Padronen zu schrieben. Durch Aloys schickte ich Peter Nessmüllner. Napoleons Hauptquartier ist von Purkersdorf nach Schönbrunn verlegt worden. Von Seibersdorf kamen zwei Bauern, welche von Jammer und Elend, Plünderung der herrschaftlichen Kasten, Keller und Viehes die traurigste Schilderung machten. Schön bewirkte durch den V[ize]-Präsidenten der Kammer, Pergen, Cavrianis Schwager, das die Früchte, welche sich vielleicht noch in Waltersdorf finden, die Weine bei 300 Eimer, die 80 Rinder, 1100 Schafe, 600 Lämmer, mittels Sauve Garde nach Wien gebracht, vom Magistrat übernommen und bezahlt werden. Mittags bei Peter, mit Jungmann, Karilla und ihren Mädchen. Nach Tische kam der Ob[er]leutnant Decaen (?) vom 56. Inanterieregiment, Division Boudet (?), Corps des Marechal Masséna, Duc de Rivoli. Therese verlor sich nach 4 h, ich etwas später mit Jungmann und Decaen, Wir zeigten ihm die Stephanskirche, sie besuchten uns, Umlauf und Treitschke gesellten sich dazu, nahmen Rosoglio und gingen, die Stadt zu besuchen. Bei Wassermann kopierte ich die Proklamation Napoleons an die Ungarn, schön in deutscher und französischer Sprache und ungarisch gedruckt: Im kaiserlichen Quartier zu Schönbrunn am 15. Mai 1809. Ungarn ! Der Kaiser von Österreich, ungetreu seinen Traktaten, verkannte die Großmut, mit welcher ich ihn nach drei aufeinanderfolgenden Kriegen, zumal nach jenem von 1805 behandelt hatte. Er hat meine Armeen angegriffen. Ich habe diesen ungerechten Angriffen begegnet. Gott, der Geber des Sieges, der den Undankbaren und Meineidigen straft, ist meinen Waffen günstig gewesen. Ich bin in der Hauptstadt Österreichs eingezogen und stehe an Euren Grenzen. Der Kaiser von Österreich ist es, nicht der König von Ungarn, der mir den Krieg erklärt hat. Nach Euren Konstitutionen konnte er dies nicht ohne Eure Einwilligung tun. Euer System, welches beständig nur defensiv war, und die Massregeln, welche Ihr in Eurem letzten Reichstag genommen habt, haben mir zur Genüge zu erkennen gegeben, dass Euer Wunsch die Beibehaltung es Friedens war. Ungarn, der Augenblick ist gekommen, Eure Unabhängigkeit wieder zu erhalten. Ich biete Euch Frieden an, die unabänderliche Vollständigkeit Eures Gebietes, Eurer Freiheit und Konstitutionen, sie mögen wie sie bis jetzt bestanden, beibehalten, oder durch Euch selbst umdefiniert werden, wenn Ihr es für gut findet, nachdem es der Geist der Zeit oder das Interesse Eurer Mitbürger erheischen. Ich verlange nichts von Euch, ich will Euch nur als eine freie und unabhängige Nation sehen. Eure Vereinigung mit Österreich hat Euer Unglück gemacht. Euer Blut ist geflossen für dasselbe in entfernten Gegenden und eure Hauptinteressen wurden beständig denjenigen seiner Erbstaaten aufgeopfert. Ihr waret der schönste Teil seines Reiches und dennoch wurdet Ihr behandelt wie eine Provinz, welche immer Leidenschaften preisgegeben wurde, die Euch fremd waren.Ihr habt National-Sitten, eine Nationalsprache; ihr rühmt Euch mit Recht uralten und glorreichen Ursprunges. Verschaffet Euch also wieder eine Existenz als Nation ! Seid, was Ihr wart ! Gebt Euch einen König, der Eurer Wahl seine Krone verdanke, der nur für Euch regiere, der unter Euch wohne, und von Euren Bürgern und Soldaten umringt sei. Ungarn ! Dieses ist’s, was Europa von Euch verlangt, welches auf Euch seine Blicke richtet. Das ist alles, was ich von Euch verlange: einen anständigen Frieden, Handlungsverhältnisse mit mir, eine gesicherte Unabhängigkeit. Dieses ist das schöne Los, welches Eurer harret, wenn Ihr Euren Vorfahren und Euer selbst würdig sein wollet. Ihr werdet diese großmütigen Anerbietungen nicht von Euch stossen, und Euer kostbares Blut nicht verschwenden wollen für schwache Fürsten, welche beständig bestochenen Ministern unterworfen waren, denen England sein Geld gab, dieser Feind des festen Landes, welches seinen Reichtum auf seinen Alleinhandel und unsere Zwietracht gegründet hat. Versammelt Euch auf einem National-Reichstage auf dem Felde von Rakos, nach der Art Eurer Vorfahren und gebt mir Euren Entschluss zu erkennen. Napoleon. Auf Befehl des Kaisers, der Fürst von Neuchatel, Major-General der Armee, Alexander. Diese Proklamation gab mir die volle Gewissheit, dass er Österreich von Ungarn trennen wird. Auch meine Existenz ist dahin, dies kümmert mich sehr. Meine Erwartung ist auf’s höchste gespannt, was Ungarn antworten wird. Heute wurde das Hofkommissariat aufgehoben und mittels Platzbefehl des Grafen Andreossi unter seiner Leitung die Regierung eingesetzt. Graf von Bissingen (?) ist Präsident, Reich[ ... ?] Hofkirchen Vizepräsident. Ich arbeitete bis 8 h, kopierte noch einmal die Proklamation, besuchte die Richart wegen Obers und Milch, dann Fleisch. Therese blieb den Abend zu Haus. Bei Richart war eben Lärm wegen Einquartierung. Es kamen ein paar Regimenter Infanterie an, welche sich auf dem Hof im Karree aufstellten und dann in dem Viertel einquartiert wurden. Hillers Hauptquartier ist in Stammersdorf. Heute erhielt die Porzellanfabrik eine Sauve Garde und Tafel, dass selbe kaiserlich französisch sei; traurige, erschütternde Nachrichten !. Um 9 h ins Bett. Mein linker Vorfuss schmerzt mich sehr, aus der kleinen Zehe fließt Blut. Bei Ebersdorf und Schwechat forcierten die Franzosen, auf einem kleinen Arm eine Brücke zu bauen. Nun haben sie die Donau, noch 10 Mal so lang zu passieren.
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Warm. Im Kärntnertor-Theater „Phädra“, im Theater an der Wien „Strandrecht“, „Geheimnis“, im Leopoldstädter Theater „Teufelsmühle“. Früh wurde gearbeitet, die Proklamation kopiert, meine Briefe fortgesetzt, dann in der Stadt herum rekognosziert. Mein Fuß schmerzt mich so sehr, dass ich hinken muss. Noch brennt es seit 10 Tagen bei Johann Pálffy, der hintere Teil des Hauses muss ganz grausam zerrissen und wieder aufgebaut werden. Es ist Mangel an allem, besonders an Dachziegeln, und muss (?) kann indessen nur auf den vorderen Traktat (!) ein Ladendach erhalten. Heute ist kein Rindfleisch zu bekommen, das schlechte Kalbfleisch kostet 1 fl., Butter 7, auch 8 fl. das Pfund; sonst kann man fast nichts erhalten. Heute und gestern schwammen viele Franzosen auf der Donau herab, auch einzelne Teile, Kopf, Füße, Hände. Früh 4 h fuhr ein Floss mit 2 Kanonen und 20 Mann durch Ungeschicklichkeit der Schiffleute an ein Joch der Schlagbrücke an, das Floss stellte sich ganz auf, Kanonen und Mannschaft stürzten herab, ertranken und nur 2 Mann retteten sich. Heute früh kamen wieder mehrere französische Infanterieregimenter hier an, hielten Rast und marschierten zum Teil über die Landstraße nach Ungarn wieder ab. Ich besuchte Giáy, er kam von Ofen. Von diesem hörte ich, dass die Kaiserin allda in der betrübtesten Lage ist, die meisten Magnaten anwesend und der Kaiser mit dem Carl an der Donau bei der Armee sind. In Raab traf er ungefähr 4000 Insurgenten, nicht ganz bewaffnet, uniformiert, viel weniger exerziert. Wenige Komitate sind beisammen, drauf ist nicht zu rechnen. Mittags allein, nach Mittag vollendete ich meinen Brief an den Grafen, schrieb auch dem Stessel, weil der Pölt hinabfährt. Noch war der Division[sgeneral] Claparéde im Quartier und schon übergab man es dem Gen[eral] Barbanègre, so endet die Last gar nicht. Ich schrieb bis 8 h abends, schon wurden meine Augen schwach. Mit des Grafen, Keglevich’s und Stessels Brief sendete ich den Aloys zu Giày. Bei Nussdorf begingen 60 Mann der Landwehr einen Wagestreich. Sie fuhren an das diesseitige Ufer der Donau, nahmen ein Piquet von ungefähr 20 Mann, einen Oberst mit einem Stabschirurg, welche eben nach Klosterneuburg fahren wollten, samt Bagage auf der Straße gefangen und fuhren in eben dem Augenblick ab, als die Franzosen Sukkurs erhielten. Zwei Mann Landwehr wurden gefangen, und auch diese entriss ihnen das Volk in Lichtenthal und misshandelten die 12 Mann Eskorte. Zur sicheren Passage von Lebensmitteln aller Art sind nebst den französischen Gens d’ Armes 60 Mann von den Bürgercorps aufgestellt, und der famose Schönfeld zum Kommandanten erschaffen worden. Sie beziehen täglich 2 fl und sind bei Müllnern, Bäckern und anderen Lieferanten einquartiert. Ihre Pflicht ist es, die Transporte mit den Franzosen zu begleiten. Pfändler (?) erzählte mir mit Ängstlichkeit und warnte mich, dass die Franzosen viele Menschen von der Straße abfangen, und zum Brückenbau bei Nussdorf oder Schwadorf bei Schwechat, dem Fries gehörig, treiben, wo ihre Armeen stehen.
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Pfingstsonntag. Heute ist der 12. Tag, dass unsere Feinde in die Vorstädte, und der 9., dass sie in unsere glücklich gewesene Stadt eingezogen. Unser Elend mehrt sich mit jeder Stunde und meine Trennung von Wien spricht sich mit Gewissheit aus. In der Nacht machten die Franzosen wiederholte Versuche zum Übergange. Sie hatten in dem Hohlwege bei Nussdorf 2 Regimenter Kavallerie, um selbe mit Flössen überzuführen; als sich selbe auf der Freie blicken ließen, wurden sie vom jenseitigen Ufer mit Granaten beworfen und in Unordnung zurückgetrieben. Noch konnten sie nicht übersetzen. Bei allen Türmen stehen Wachen, niemand darf hinauf oder sich eine Anhöhe nähern, um ihr Tun zu beobachten. In der Früh arbeitete ich. Es kam Bar[on] Peck und brachte für Röckel 20 fl. aus dem Armenfond, dann kam er selbst. Gestern erschien seit dem 6. Mai die erste hiesige Zeitung, mit Weglassung des kaiserlich[en] Adlers, Wappens und der Aufschrift „Österreichische kaiserlich privilegierte Wiener Zeitung“, es steht auf dem 1. Blatt nur „Nr. 37 Wiener Zeitung“ Therese ging zu ihrer Mutter, ich schlich mit meinem geschwollenen Fuß etwas herum, zu den August[inern], sprach Meitrath (?), und dann auf den Kohlmarkt und Graben. Therese speiste zu Haus, ich bei Brandl mit seinem einquartierten Franzosen von der Direction militaire. Im Augarten, Prater und an abseitigen Orten fangen sie die Menschen zum Brückenbau ab. Am ersten Ort wollte man solches auch dem Baron Sala, ehemaligen Stadthauptmann von Wien tun. Er widersetzte sich, ein Franzose schoss ihn nieder. Schreckliche Gräueltaten ! Nach Tische sprach ich die Rodler und ersuchte sie, zum Baron Mayern um Befreiung unseres Hauses von Einquartierung zu gehen. Ging zu Peter, blieb in Jungmanns, Ullmanns, Mosers und Czaczeks Gesellschaft, bis zur schrecklichen, heftigen Kanonade unterm Prater-Lusthaus, bei Schwamendorf (?), welche um 4 h anfing, sich immer mehr verstärkte und mir wegen Torschluss bange machte. Da ging ich mit der Czaczek in die Stadt. Die Basteien sind gedrängt voll. Die Erde bebte, man sah den Rauch und Feuer von angezündeten Ortschaften. Sie dauerte bis 10 h, ließ etwas nach und begann mit Tagesanbruch wieder. Den Erfolg weiß man noch nicht. Auf der Bastei fand ich Klimbke, Haim, Janitz, den unsere Leute im Laboratorium ganz ausplünderten. Um 9 h war ich im Bett, denn der linke Fuß schmerzte mich zu sehr. Solche Pfingsten erlebte ich noch nicht.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).