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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
4316 1809 5 27 Früh arbeitete ich, dann in unser Haus, zum Nitschner, welchem ich von Schön 10 Metzen Haber ausborgte, zur Zeuner, welche im Freihaus wohnt und ich zurück begleitete. Mittags war Rosal[ie] unser Gast. Therese ließ Treitschke das purisierte Promemoria lesen, ich dem Peck, sie fanden es vortrefflich. Unterm Essen kam Negri von Pottendorf, brachte mir von meiner Mutter einen Brief samt zwei Schachteln mit Eiern und Butter. Therese und ich antworteten unserer auf’s Neue kränklichen alten Frau, ich schloss meine Briefe an Grafen und Keglevich, und gab alles unter Stessels Adresse dem Negri mit. Im Kärntnertor-Theater „Porträt der Erbin“, „Nebenbuhlerinnen“, im Theater an der Wien „Der lustige Schuster“, „Weiber sind getreuer als Männer“. Abends führte ich Negri herum, dann ins Kärntnertor-Theater. Ich blieb im 4: Stock; sprach mit Meitrath (?) und Schwager, unterhielt mich mit einem französischen Offizier. Heute Nacht schifften ungefähr 150 Mann, meistens Landwehr, im Prater bei den Inseln zu den Schiffsmühlen, hauten die Seile ab und ließen selbe hinabschwimmen und die Brücke wieder zerstören. Als die Franzosen Lärm machten, schifften sie sich wieder ein, ungefähr 40 verspäteten sich und wurden gefangen. Der Zweck der Brückenzerstörung wurde indessen erreicht. In der Nacht hörte man wieder gegen Bruck und Altenburg stark kanonieren. Napoleons Hauptquartier ist in Ebersdorf, welches rein ausgeplündert ist. Band 06 (VI.), Seite 224r
4317 1809 5 28 Ein warmer Tag, erstickender Staub. Man hört heute hier kanonieren, ohne zu bestimmen, woher die harmonischen Töne kommen. Therese ging früh zur Rivolla, die heute ihr Namensfest feiert, ließ beim Frühstück die Lotte singen und sang selbst. Im Théâtre de la Cour, place St. Michel „Catherine de Marienbourg“, im Kärntnertor-Theater „Sargines“, im Theater an der Wien „Hausgesinde“, „Arlequin et Colombine sur les Alpes“. Unser Zuckerbäcker Franz Obermayer wurde gestern beim Verkauf silberner Kaffeelöffel wegen Diebstahl ertappt und eingesperrt. Sehr überraschte mich dieser schlechte Streich, da ich nicht das Mindeste vermutete. In seiner Kasse fanden sich noch 4 Kaffeelöffeln, den Schlüssel davon nahm ein Vertrauter zu sich. Früh schrieb ich, ging in unser Haus nachsehen, schlenderte über Graben, Kohlmarkt zu den Augustinern, sprach Filath. Mittags beim Brandl. Heute ist eine mächtig große Proklamation von Napoleon angeschlagen, Quartier Ebersdorf vom 27. Mai datiert und an die Armee von Italien gerichtet. Sie ist so pasquillmäßig geschrieben, dass sie den unbefangensten Leser empört und unter der Würde jeder Regierung ist. Im Stadtgraben unter den Münzwerken entdeckten die Franzosen einen großen Eisenhammer, von Wasser getrieben, zum Zusammenschmieden grösserer Eisenstücke. In dem Augenblick benützten sie selben und schmieden jetzt Anker zur Befestigung ihrer Schiffbrücken. Mittags beim Brandl mit einem französischen Magazinsbeamten, nach Mittag im Freihaus, zum Keglevich, besuchte die Wiesinger, zur kranken Karilla, auf die Bastei, wo sich jetzt, da Prater, Augarten und andere öffentliche Gärten gesperrt sind, die schöne Welt versammelt. Gegen [...?, Wort fehlt] erhob sich ein Gewittersturm und ich eilte nach Haus. Therese war bei der Neumann Tinerl (?), dreimal verehelichte Bäckermeisterin Brugger, vis-a-vis von Hugelmanns Kaffeehaus und sagte ihr, dass man sich in Eisenstadt um Nachrichten von ihr sehne. Um 9 h ins Bett. Man hörte heute wieder Kanonieren. Band 06 (VI.), Seite 224v
4318 1809 5 29 Ein warmer Tag. Im Kärntnertor-Theater „Les Organes de la Cerveille“. „La Vendange“, Ballet; im Theater an der Wien „Le Procureur de Mariages“. Früh schrieb ich, um 9 h mit Therese und unserer gegen Suspension des halben Gehaltes verfertigten Protestations-Schrift zu Hartl. Er war verreist. Ich ging in unser Haus, um die Zuckerbäckerei zu revidieren. Sah eine ganze Reihe von Wägen mit rohen und halbfertigen Cotton-Fabriksprodukten in die Stadt führen, hörte, dass Passau und Umgebung einer Festung gleiche, dass die Fenster seiner äußeren Häuser vermauert sind. Heute ist wegen Mehl-, Brot- und Fleischmangel ein Zirkular angeschlagen, dass wegen Zuführung die wirksamsten Massnahmen von der Regierung veranstaltet sind, dass man durch unmäßigen Vorkauf nicht wirklichen Mangel herbeiführen möchte; dann, dass das französische Gouvernement bestimmt sei, zur Erleichterung der Einquartierungslasten das Militär in Kasernen und andere öffentliche Gebäude zu verlegen und sich selbst zu verpflegen. Man möchte von Seiten der Hausherren nur Bettstätten, Bettgewand, Strohsäcke, Tische, Geschirr beischaffen. Ich war eine Zeit in Peters und Mosers Gesellschaft. Im Herumgehen sah ich die Franzosen wieder an Flössen arbeiten. Sie führten viel Artillerie an der Donau herab. Von den Wällen ist das Meiste herabgeführt. Roose gab mir Brauns Zirkulare vom 7. Februar 1804, ich ließ es durch Röckel kopieren. Mittags waren der geplünderte Mayer, dem man auch seine ganze Gartenplanke raubte, nebst Rosalie unser Gast. Nach Mittag arbeitete ich. Therese sah um Brot. Ich besuchte das fürstliche Haus, Therese die Goldmann. Schlenderte herum, kam zum Peter, sprach Zeuner und ging zeitlich in die Stadt. Ich hörte, dass das Corps von Bernadotte geschlagen und unsere Truppen unter Kolowrats Kommando am 25. dieses in Linz eingerückt sind. Die Franzosen führen die schwere Artillerie von den Wällen an die Donau zu den Schiffsmagazinen und haben den ganzen Platz mit einer Ladenwand eingeschlossen. Heute ersuchte die Hofrätin Stöger Therese, wegen drückender Ausgaben nur 2 Mal die Woche zu kommen. Der Assessor vom Criminale und Magistratsrat Huber rief mich heute wegen dem eingesperrten Franz Obermayer auf der Hauptmaut-Bastei an und fragte mich nach seiner Aufführung, nach seinem Dienste und ersuchte mich und Walter, den er auch rufen ließ, morgen um ½ 10 h auf dem Stadtgericht zu erscheinen. Er stahl 6 Kaffeelöffel beim Fürsten und einen beim Stadion; unseliger Leichtsinn ! Band 06 (VI.), Seite 224v
4319 1809 5 30 Ein warmer Tag. Im Kärntnertor-Theater „Schweizer Familie - Le pauvre Jacques“; im Theater an der Wien „Salomons Urteil - Le Jugement de Salomon“. Früh arbeitete ich, gegen 9 h mit Therese zum Hartl, um ½ 10 h zum Criminale im Stadtgericht, zum Magistratsrat Ferdinand Huber, wegen den vom Franz Obermayer gestohlenen Kaffeelöffeln, da fand ich auch Walther. Beide sprachen wir für den Burschen, ich unterschrieb sogar die vorteilhafteste Empfehlung und erhielt die Versicherung seiner baldigen Befreiung. Bei Hartl, welcher sich mit dem Drange der Umstände entschuldigte, mit der Versicherung, dass es nachgetragen wird und dass wir es nicht so notwendig brauchen, und sagte, er wisse nicht, wo er das Geld für die Juni-Gagen hernehme, nachdem er jetzt schon für den Mai 10.000 fl. zugeschossen habe, dass alle Abzug leiden müssen; es wird nicht viel zu hoffen sein. Später in die Theaterkasse, wo eben zum Burgtor 12 bespannte Kanonen mit ihren Munitionskarren hereinfuhren. Ich schrieb meiner Mutter, schickte ihr 2 Pfund Schokolade noch vom Fasching und den Tagesbericht von der Ebersdorfer Schlacht, der so lächerlich als entehrend für jede Regierung ist. In diesem 10. Bulletin vom 20., 21. und 22. Mai geben die Franzosen unsere Armee mit 90.000 Mann und 200 Kanonen, und unseren Verlust auf 12.000 Mann, ihren Verlust aber auf 1100 Tote und 3000 Verwundete an. Mittags allein, nach Tische zu Haus. Nach 5 h schlenderte ich herum, um über verschiedene Gerüchte Bestätigung zu erhalten. Napoleons Hauptquartier soll heute nach Wien kommen. Er wohnt im Belvedere, so ist der Antrag, der unterblieb. Ich war bei Rohrweck, wo ich die Frau, Hohenberg (?) und Weiß sprach, die mir das bestätigten, was mir nachher Giáy gerade widersprach, auch der Graveur Fischer, der eben von Eisenstadt kam. Fischer erzählte, dass von Neustadt her auf der Straße nach Ödenburg mehrere Regimenter Franzosen marschierten, und selbst durch Eisenstadt zwei Kavallerie-Regimenter passierten. Die Grenadiers auf der Hauptwache rückten ins Gewehr, salutierten sie, welches von ihnen wiederholt wurde. Ein großer Artilleriezug folgte. Wir plauderten von der Vernichtung unserer Monarchie und waren bis ½ 10 h beisammen. Ich freue mich meines Lebens gar nicht. Welche düsteren Aussichten ! Band 06 (VI.), Seite 225r
4320 1809 5 31 Warm, erstickender Staub. Im Kärntnertor-Theater „Taubstumme - L‘ Abbé de l’ Epée“, „Belebtes Gemälde - Le Tableau animé“; im Theater an der Wien „Wladimir, Fürst von Nowgorod - Wladimir, Prince de Nowgorod“, opéra en 3 actes. Früh arbeitete ich, um 9 h zu Reitmayer (?), in unser Haus, setzte die Revision des Inventariums von der Zuckerbäckerei fort. Ging noch einmal zum Magistratsrat Huber, und bat ihn, er möchte wegen dem armen Franz Obermayer dem Grafen selbst schreiben, ich würde den Brief begleiten. Er möchte ihn, damit er sich zeigen kann, entlassen, und verband mich, ihn zur Strafe ins Polizeihaus zu senden, wenn es verlangt würde. Er versprach mir alles. Später besuchte ich Karilla, erhob für Therese die Gage – diesmal noch ganz –, besuchte Brandl. Mittags allein, nach Mittag schrieb ich an den Grafen. Ich sprach Eckhart, Paur, alles ist trostlos, niemand hat vernünftige Gründe eines guten Ausgangs. Nach Mittag kam Schön, die Hauptmann Pehaker (?) und der Zuckerbäcker Obermayer, dem ich mit aller Strenge hernahm und ihm das heiligste Versprechen der Besserung abnahm. Später kam Negri (?), brachte mir unser Extrablatt von Ofen, herausgegeben am 25. Mai, welches ich schnell kopierte, und ein Lamm für 6 fl. 24 x.. Ich führte ihn ins Kärntnertor-Theater und sah eben von Alberts Palais herab Bonapartes Stiefsohn Beauharnais, Vizekönig von Italien, herab nach Ebersdorf fahren. Er wohnt seit 2 Tagen hier. In der Nacht ¼1 h starb in seinem Hause in der Kleinen Steingasse No. 73 der große Haydn Joseph im 78. Jahr an der Entkräftung und wird morgen begraben. Er war 77 Jahre und 61 Tage alt. Früh gegen 6 h starb, nachdem ein Fuß glücklich operiert und abgenommen wurde, am Brand des anderen Schenkels, in Ebersdorf Napoleons Schwager Marschall Lannes. Herzog von Monte[bello]. Napoleon wich nicht von seinem Sterbelager. Er wurde einbalsamiert und wird nach Paris gebracht. Auf der Bastei sprach ich nebst anderen Bekannten den würdigen Magistratsrat Ferdinand Huber, welcher mir für den armen Obermayer einen rührenden Brief an den Grafen gab, dass ich ihn lesen sollte. Er ist ein wahrer Menschenfreund. Ich blieb noch eine Weile in Compagnie und um 9 h nach Haus. Ich dachte Haydns Schicksal nach, wünschte seine Biographie zu lesen, wozu ich mehrere Daten liefern könnte. Er war eines mittellosen Wagners zu Rohrau an der hungarischen Grenze Sohn, kam nach St. Stephan als Sängerknabe, und blieb bis in sein 16. Jahr. In späteren Jahren kam er in fürstlich Esterházysche Dienste nach Esterház, machte nach des Fürsten Nikolaus Tode zwei Reisen nach London, die den wahren Grund zu seinem Ruhme und mäßigen Vermögen legten. Als er starb, war er Doktor der Tonkunst, des französischen Nationalinstituts der Künste und Wissenschaften, der königlich schwedischen und Wiener musikalischen Gesellschaft Mitglied, Bürger von Wien und wirklicher Kapellmeister bei Herrn Niklas Fürsten Esterházy von GalánthaNachtrag: Montag den 30. Oktober 1820: Mittags 2 h ließ Fürst Esterházy Haydns Leichnam im Hundsthurmer Friedhof ausgraben; da fand man selben ohne Kopf, nur die Perücke. Der Fürst, entrüstet über diese Tat, wandte sich gleich an den Polizeiminister Sedlnitzky und alle Naderer wurden in Bewegung gesetzt. Band 06 (VI.), Seite 225r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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