Katharina. Ich ging ins Haus zu unseren Gästen, in die Theaterkanzlei, zur Probe von „Palma“. Mittags allein, nach Mittag mit Ehlers und Neumann zu Brandmayer. Im Burgtheater Lästerschule, im Kärntnertor-Theater „Horatier“. Ich schlenderte herum, Therese war am Nachmittag bei Schmirer gratulieren. Wir 3 wollten sie überraschen, fanden sie aber nicht mehr. Blieben eine Weile bei Jeanette, dann ins Bürgerspital-Kaffeehaus, ich suchte Compagnie und trank Bier. Die Brandlin ließ uns um die Loge bitten, welche ich ihr auch schickte. Sie war mit der Rottensteiner und dem Capitaine Audibert vom 32. Grenadieregiment darin, der bei ihnen wohnt und mit dem ich mich lange auf italienisch unterhielt. Ich war in beiden Theatern. Therese war abends zu Haus.
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Heiter. Früh schrieb ich ganz (?) an den Grafen, schloss ihm 2 Briefe von der Terzaga an, ging ins Haus, zur Woller, besorgte die Erhaltung des Passes für Schmidt. Im Kärntnertor-Theater „Zweites Kapitel“ und „Wandernde Komödianten“, im Burgtheater „Kurze Ehe“ und „Tanzsucht“. Hornung gab Therese die erste Lektion von einem Tamburin-Tanz zur „Palma“, dann mit ihr eine Promenade auf die Bastei. Nach Mittag war ich zu Haus und abends im Kärntnertor-Theater, leer. Im Parterre plauderte ich mit Stegmayer, war auf dem Theater und langweilte mich den Abend aus Mangel an guter Compagnie. Vom Grafen erhielt ich schon wieder einen Brief mit vielen Einschlüssen. Pfersmann erzählte mir, ein Corps Bayern von 8000 bis 10.000 Mann ziehe nach Ungarn gegen Eisenstadt.
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Ein schöner Wintertag. Früh zum Marquard und zur Terzaga mit Briefen, ins Haus. Mittags mit Therese und Goldmann auf die Glacis und Bastei. In der Stadt begegneten wir russischen und österreichischen Gefangenen, erstere teils verwundet, zerrissen und sehr erbarmungswürdig. Liverati (?) überläuft mich immer wegen einem Pass. Der Magistratsrat Enderle (?) war bei mir und erzählte mir, die Franzosen haben alle Getreide- und Mehlmagazine, und Schlachtochsen übernommen, versehen ihre Armee selbst, damit man nicht erkennen könne, wie stark sie seien. In der Stadt sieht man viele Bayern, welche einen Teil der Garnison ausmachen, da die Franzosen abmarschieren. Täglich kommen auf der Donau in den Gegenden bei Wien Franzosen an, die zur Armee in Mähren stossen. Nach Mittag schrieb ich an den Grafen und gab ihn mit mehr anderem dem Walterskirchen mit. Therese war abends mit Goldmann zu Haus, ich ging ins Kärntnertor-Theater „Muta“ und „Vologesus“. Es war ziemlich voll. Ich suchte mir Compagnie, plauderte mit Helmer (?) etc. Vorher war ich mit Sonnleithner im Seitlischen Bierhaus, da kam eben der Advokat Fürlinger von St. Pölten und erzählte, dass bis nach Wien nur 2 Wirtshäuser, eines in St. Pölten und eines beim Lamm in Purkersdorf offen, alle übrigen gesperrt und verlassen sind. In St. Pölten sind die Keller, worin bei 170.000 Eimer Wein waren, mit Kanonen aufgesperrt und geleert worden. Ein Franzos liegt nackt, und bei 500 Pferde abgedeckt an der Straße. In Maria Zell und Taferl ist der Schatz geraubt und in ersterer Kirche wurden Ochsen und Kühe geschlachtet. Selbst in der heutigen so merkwürdigen Zeitung No. 95 steht, dass der Verwalter von Pottenstein, VUWW, Sartori, am 18. November wegen unzeitigem Patriotismus erschossen wurde. In die Stadtgräben wird immer Pulver geführt, zu welchem Zweck, weiß man nicht. Graf Haugwitz wird im Münzhaus im Appartement von Graf Zichy wohnen. Dass Fürst Carl Auersperg wegen Nichtbefolgung des Verbrennens der Taborbrücken – wodurch unersetzlicher Nachteil entstand – hätte erschossen werden und nur von Kaiser Alexander erbeten, und auf die Festung Königgrätz in Eisen gebracht worden, bestätigt sich von allen Seiten.
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Kalt, neblig. Früh schrieb ich an den Grafen. Heute ist ein Tagesbefehl von Brünn vom 25. November mit Unterschrift des Marschalls Berthier angeschlagen, worin der Unfug und die Verbrechen, welchen die Marodeurs im Rücken der Armee begehen, durch Streifcommandi und Bestrafung abgestellt werden. Um 8 h gab Hornung Theresen die 2. Tanzlektion, um 9 h kam Koch, passierte mit ihr die Kisbek (?) in „Palma“ und um ½ 11 h war Generalprobe von „Palma“, Oper in 2 Akten, Musik von Plantade, übersetzt von Sonnleithner, welche heute zum 1. Mal im Kärntnertor-Theater gegeben wird, vorher „Das Geständnis“, Lustspiel in 1 Akt. Therese ist außerordentlich geplagt. Im Wirtshaus in der Teinfaltstraße war verflossene Nacht eine Rauferei, wobei der Wirt zuschanden gehauen und die Wirtin genotzüchtigt wurde. Mittags allein, nach Mittag schrieb ich. Therese nahm noch eine Tanzlektion. Meine Mutter schickte uns Mehl. Der Husar von Erdödy erzählte, dass er gestern bei 500 Franzosen in Petronell angetroffen habe, die abwärts marschieren. In Preßburg sind auf dem Donaudamm Kanonen aufgepflanzt und die Bürger bewaffnet. Ich war abends im Parterre. Das Theater war ziemlich besetzt, besonders das Parterre noble. Die Oper missfiel ganz und wurde vollstimmig ausgezischt. Nichts wurde beklatscht, außer Theresens Tanz und die Arie der Laucher. Heute wurde die ständische Kasse über 1,600.000 fl. von den Franzosen abgenommen.
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Neblig. Wegen dem Pass des Schmidt habe ich schon sehr viel Ungelegenheiten. Früh schrieb ich, dann in die Theaterkasse. Im Burgtheater „Heftige Frau“ und „Findelkind“, im Kärntnertor-Theater „Romeo“ mit Ballett. Unseren Gästen beim Grafen machte ich auch einen Besuch. Gestern sind die Franzosen mehrere 1000 Mann in Kittsee und über Schlosshof in Preßburg eingerückt, auch in Eisenstadt und der Gegend sollen sie sein. Auf der Holzgestätte wird des Kaisers Holz die Klafter um 5 fl. in CM verkauft. Um 12 h ging ich mit Therese und Nina auf die Glacis vom Burg- zum Kärntnertor spazieren und sahen den Artilleriepark sehr verstärken. Nach Mittag war ich zu Haus, später zu Brandl, wo ich Kunesch und Rottensteiner fand. Abends mit Pfersmann zum Seitl, wo ich Sonnleithner, Pfanner (?) etc traf. Ich blieb bis 9 h, dann ins Kärntnertor-Theater, kam zum 3. Akt. Die Bulla fiel ganz durch und Crescentini gefiel nur halb, übrigens ein volles Haus. Bei Therese waren die Barany und Goldmann. Heute abends kam der preussische Staats- und Cab[inetts]minister Graf von Haugwitz hier im Münzhaus an.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).