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Anzeige von 3016 - 3020 aus 11858
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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
3016 1805 11 5 Ein schöner Tag. Früh zum Keglevich, der heute abreist. Cavriani kam mit der Gräfin ihren Schlüsseln, die ließ ihre Kästen räumen und alles wegschicken. Am Vormittag war ich in der Kassa, Theaterkanzlei, im Haus des Grafen, dann mit Therese und der Goldmann auf dem Markt; alles leer, niemand kauft etwas. Heute müssen des Grafen Pferde Kugeln führen. Nach Mittag war ich mit Therese und der Goldmann an der Donau spazieren, und sahen wieder unaufhörlich vom Hof Bagagewägen kommen und in die Schiffe laden. Beim Hugelmann, vis-à-vis, die ganze Brücke, Bastei, alles stand voll Menschen, um den russischen Kaiser zu erwarten, der nicht kam, während der Hof stets Bagage mit seinen Zügen führen und in die Schiffe laden ließ. Ein sonderbarer Anblick, ganz Wien wird von Schätzen entblösst. Furchterweckend ist der Gedanke, dass der Hof gar alles wegführt. Mit Nor[bert ?] sprach ich auch an der Donau, die Linzer Zeug-Fabrik packt auch alles weg. Bei Therese war abends die Töpfer Mutter. Ich ging ins Kärntnertor-Theater „Savoyarden“ und „Tanzsucht“. Ich schlief aus Müdigkeit, plauderte, weil ich Compagnie fand. Der Mangel an Kupfergeld mehrt sich mit jeder Stunde. Gewerbeleute wechseln die Banco-Zettel mit Kartenblättchen mit ihrer Unterschrift. Band 05 (V.), Seite 94v
3017 1805 11 6 Heiter. Kundmachung von Rudolph, Graf von Wrbna, Landeskommissär, dass sich aus unnützer Furcht das Volk mit Viktualien so sehr versehe, dass Mangel entsteht, dass gewinnsüchtige Spekulanten mit Kupfermünzen Wucher treiben, dass derlei Verfahren streng gestraft wird etc. Heute wird Kupfermünze beim Magistrat und in den Vorstädten bei den Richtern ausgegeben, das Gedränge ist außerordentlich. Arnfeld übergab mir seine 2 Silberkästen, um selbe nach Ungarn zu schicken; dieser Menschen Furcht kennt keine Grenzen. In der Theaterkasse hörte ich, ein Streifcorps der Franzosen soll bei Enns sein. Bei Linz sind die Brücken abgeschlossen (?) Die Flucht wächst von Stunde zu Stunde. In der Burg wird ein Bagagewagen nach dem anderen, und so auch in der Winterreitschule geladen. Mittags allein, nach Mittag arbeitete ich, fuhr mit Therese in die Leopoldstadt spazieren. Heute weiß wieder niemand, wann der russische Kaiser kommt. Abends ging ich ins Kärntnertor-Theater „Geständnis“ und „Organe des Gehirns“. Mayer von Hetzendorf war mir seiner Frau bei uns. Sie ziehen in ihr Haus in die Stadt. Die Benkó will auch abreisen. Bubna soll als Kurier gekommen sein, wir sollen in Italien Vorteile erhalten haben, indessen nähern sich uns die Feinde immer und täglich mehr in Österreich. Nach Mittag kam Oeppinger mit der Hiobspost, die Russen hätten sich schon bis St. Pölten zurückgezogen, Wien wäre in großer Gefahr, von streifenden Chasseurs überrumpelt zu werden, ich möchte auf des Arnfeld Verantwortung packen lassen und alle Pferde wegschicken. Ging zur Polizei wegen Pass, erhielt ihn aber durch Cavriani von der Stadthauptmannschaft, wo ich selbst bei der Regierung war. Auf dem Josephsplatz standen über 100 Pferde vom Fuhrwesen, um die Bagagewägen zu spannen, die in der Winterreitschule stehen. Darauf ist Gold in Fässern, der Schatz, Münz- und Naturalienkabinett, Silber, Wäsche etc. geladen. Es waren viele Menschen versammelt, welche das Fortführen von allen beweglichen Sachen sehr übel nahmen. Zur Begleitung ist das Militär, welches gewöhnlich die Burgwache hält. Band 05 (V.), Seite 94v
3018 1805 11 7 Heiter. Früh schrieb ich dem Keglevich, Grafen und Florian (?) Dann ging ich ins Haus, ließ packen und expedierte Leute, Pferde und Wägen. Bei Hof sind heute die Bagagewägen und alle Pferde abgegangen. Der Kaiser ist nach Preßburg, die Flucht wächst mit jeder Stunde. Ferdinand Freiherr von Geramb errichtet ein Freicorps, welches den Namen führt „Freicorps der Österreichischen Kaiserin“. Auf der Regelbogen-großen Nachricht führt er an: „Der Feind Europas bedroht die Grenzen unseres Vaterlandes“. Er führt es selbst an, obwohl er Gatte und Vater von 6 unmündigen Kindern ist, aber er wäre eher Untertan und Patriot als Gatte und Vater. Beiträge nimmt die Stiftungskasse und einschreiben lässt man sich beim Richter in der Alser Vorstadt. Kundmachung vom Magistrat, dass binnen 24 Stunden alle Ställe und Pferde beschrieben werden sollen. Alle Stunden liest man neue Kundmachungen. Das 2. Extrablatt dieses Krieges von dem Gefechte an der Etsch am 29., 30. und 31 Oktober von Ehz. Carl und Masséna beruhigt niemand, man befürchtet vielmehr, Carl werde abgeschnitten; da fürchtet man schon, die Feinde könnten am Sonntag in Wien sein. Therese hatte Probe von „Palma“; Der Mangel an Kupfergeld nimmt immer zu. Mittags allein, nach Mittag zu Haus, ich schrieb an Stessel alles, was vorging und geschieht. Abends im Kärntnertor-Theater „Gefangenschaft aus Liebe“; die Direktion muss denken, das Publikum mit lustigen Stücken aufzuheitern. Sie wird kaum eine Spur vom Endzweck erreichen. Vor den Linien bei der Spinnerin am Kreuz werden Schanzen aufgeworfen. Gestern brachten Tiroler Schützen von Trient Banco-Zettel Verfälschen (?) in mehreren Wägen. Nach Mittag verbreitete sich die Kunde, Regierungspräsident Graf Rudolph Wrbna sei zu Bonaparte gereiset, um Convention oder so etwas einzuleiten, und Prinz Württemberg sei mit ihm. Nach Mittag waren Neumann und Ehlers, Goldmann und Pauline bei uns, wir schäkerten und waren munter. Abends war Therese mit Goldmann bei Rivolla. Die Stadttore werden zum Sperren, die Brücken zum Aufziehen eingerichtet. Wohin der Kaiser von Russland ist, weiß niemand, das russische Ballett wird wohl vor der Geburt erstickt werden. Im Kärntnertor-Theater war es außerordentlich leer, ich plauderte auf dem Theater mit Roose, Koch, Koberwein, Korn, Korntheuer, alle sind mit Bangigkeit erfüllt und harren der Ankunft der Franzosen. Band 05 (V.), Seite 95r
3019 1805 11 8 Trüb, Nebel. Früh vollendete ich Stessels Brief. Therese ist so wie alle Gesellschaft um ½ 10 h zum Braun beschieden, im Redoutensaal zu erscheinen. Vorher besuchte uns Eckhart, der uns erzählte, General Augereau habe die Tiroler Armee abgeschnitten und Bonaparte sei mit einem Corps von 40.000 Mann in 2 Kolonnen von der Donau-Armee nach Krain aufgebrochen, um dem Ehz. Carl in den Rücken zu kommen. Im Kärntnertor-Theater ist heute das „Zweite Kapitel“ mit der Müller, Ehlers tritt auf, dann die „Tanzsucht“. Therese hatte Probe von der Palma. Braun erschien vor 10 h. Seine Lage – so sprach er ungefähr – ist sehr misslich. Er muss auf Befehl Sr. Majestät bleiben, ihn könnte es treffen, als Hofbankier und Gutsherr vom Feind, der in einigen Tagen ankommen dürfte, als Geisel mitgenommen zu werden. Er teile mit allen Glück und Unglück, es würde immer fortgespielt werden und im Falle eines Bombardements hätte er Pässe für alle. Als er dies auf Italienisch sagte, applaudierten die Italiener. Mittags allein, nach Tische kam der Graf, mit dem ich am Nachmittag beschäftigt war. Therese war am Nachmittag mit Goldmann bei Treitschke en visite. Ich war im Kärntnertor-Theater teils auf dem Theater, teils im Parterre und unterhielt mich so. Ehlers gefiel und wurde vorgerufen. Die Theater sind schauerlich leer. Heute sind Russen nach Nussdorf und die Gegenden, auch in die Roßau gekommen. Band 05 (V.), Seite 95v
3020 1805 11 9 Neblig. Kundmachung Graf Rudolph Wrbna: Se. Majestät habe bei der Franzensbrücke ein Schiff angewiesen, wo jedermann bei der drohenden Gefahr Gold, Silber, Juwelen und Geschmeide bringen und gegen Schein einladen kann. Se. Majestät versichere es – elementarische Zufälle ausgenommen – und bürge für die Erhaltung. Vor 7 h zum Grafen, der mir heute einen schwarzseidenen Sack schenkte. Um 10 h fuhr er mit dem Louis wieder nach Preßburg. Ich war an der Wien, plauderte mit denen und hörte dass in der Nacht das Kanonenführen aus dem Stadtgraben noch immer fortwähre. Mittags war Eckhart unser Gast, nach Tische kam Ehlers. Ich arbeitete, später zu Weidmann, der mich zu sich bitten ließ. Abends ins Burgtheater „Das zweite Kapitel“, dann „Wandernde Komödianten“, von da ins Kärntnertor-Theater „Die Hagestolze“. Weidmann wollte sein Silber etc. auf’s Schiff vom Kaiser geben und schickte seine Frau und Frankstein zum Schiff hinaus, wo sie niemand fanden, der etwas hintrüge. Schnell wurde heute der Markt aufgehoben, die Hütten abgebrochen, da noch Waren darinnen waren; da er nur eine Woche dauerte, welch ein Schade für die Marktleute ! Nach 5 h fuhren vom Landhaus weg in mehreren Wägen die Deputierten zum Feinde, um mit ihm wegen Wien eine Konvention zu treffen. Also ist die Sage vom Donnerstag ganz falsch. Unter diesen waren Bürgermeister Stephan Wohlleben, Oberkämmerer Schwinner (?), Fürst Zinzendorf, der Prälat von Seitenstetten Ambrosius, Graf Veterani, Baron Käs (?), Magistratsrat Franz Pöltinger, Staatssekretär (?) Kost (?), der die Feder führt und ein ständischer Aktuar. Heute erschien eine Kundmachung von Rudolph Graf von Wrbna unterzeichnet, dass alle die öffentliche Gewalt ausübenden Beamten weiß und rote Schärpen über die linke Schulter tragen, dass sich die Oberbeamten mit silbernen Quasten unterscheiden, dass jene, die sich widersetzen, mit Kerkerstrafen von 1 bis 20 Jahren gestraft würden. Band 05 (V.), Seite 95v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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