Schikaneder beginnt seine Direktion an der Wien mit erhöhten Preisen und einem Original-Lustspiel in 4 Akten „Die Hauer in Österreich“. In beiden Hoftheatern erhöhte Preise. Im Burgtheater „Gattin und Geliebte“, Schauspiel in 4 Akten, im Kärntnertor-Theater „Die Dorfsängerinnen“, Oper in 2 Akten von Fioravanti. Den ganzen Tag beim Grafen. Kárner schrieb mir, ich kaufte ihm für eine Dame zu einem Mantel 4½ Ellen Tuch. Arbeitete zu Haus, holte bei Wallishauser ein Abschiedsgedicht an Sonnleithner, das gestern im „Blaubart“ ausgeworfen wurde. Als ich mittags nach Hause kam, fand ich Therese wegen Kopfschmerzen im Bett. Eckhart war unser Gast. Abends an die Wien. Der 1. Akt, eine Anspielung auf Schikaneders Direktion, gefiel ziemlich. Als der Akt aus war, wurde eine neue Kurtine nach Zeichnung von Füger [erg: herabgelassen], gemalt von Gail, der Genius aber von Rödl (?). So schön ist das Ganze ausgeführt, dass es ein allgemeines Klatschen erregte. Die übrigen 3 Akte sind nur Unsinn, nicht zum Auswarten, es wurde gezischt, gelacht und sogar gepfiffen. Ich sah und hörte nie etwas Schlechteres. Das Publikum war schon immer sehr unruhig, beim Schluss wurde von allen Seiten, trotz einer Schlussdekoration mit einem Tempel „Den Gönnern geweiht“, und einem Schlusschor, worin sich Babett und Dichtler produzierten, von allen Seiten gezischt und gepfiffen. Weiß wollte annoncieren, einige riefen „Schikaneder“, er erschien und nun begann erst ein wahres, tumultuarisches Betragen. Über 5 Minuten stand er auf der Bühne, ohne zu Wort zu kommen. Des Zischens und Pfeifens war kein Ende. Joël, die Müller, Hoy (?) und noch ein paar Juden wären bald aus dem Theater geworfen worden. Das Publikum rief und schrie laut: „Hinaus, hinaus ! Polizei ! Einsperren ! Das Judengeschmeiss, die Spitzbuben ! Kaiser Joseph hat sie erst zu Menschen gemacht !“ Schikaneder stand immer mit über Kreuz auf die Brust gelegten Händen und machte Verbeugungen. Als die Ruhe hergestellt war, sagte er: Er nehme die schöne Last, zum Vergnügen des Publikums zu arbeiten, wieder auf sich; von ihm entfernt, habe er nur halb gelebt. „Ich hörte, ein Gerücht habe sich verstreut, als ob ich das Publikum immer nur mit meinen Produkten bedienen wollte. Nein ! Ich betrachte mich wie ein Gastwirt, der nach dem verschiedenen Geschmack seiner Gäste heute diese, morgen jene, am 3. Tage eine andere, am. 4. ein gutes Ragout aufsetzt“. Er verspricht auch neue, ländliche Gewächse in diesen Weingarten zu verpflanzen, wozu er die erste Haue anlegte, etc. Er ging ab, und Weiß sagte für den kommenden Tag „Die Hauer“ etc. an. Nun wurde wieder gezischt. Als Schikaneder abging, wurde ein Gedicht ausgeworfen, lang und wässerig. Ich ging nach Haus. Bei uns beurlaubte sich die Schmalz, die morgen nach München reist. Als Therese am Abend besser wurde, machte sie ihr einen Gegenbesuch. Therese gab ihr ihr Bild, sie Theresen einen Ring mit ihren Haaren zum Andenken. Therese ging ins Kärntnertor-Theater in die italienische Oper, die ziemlich gefiel, obwohl es leer war.
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Kalt, mitunter Regen. Früh zum Grafen, Quarin, Keglevich, zur Institutssitzung, weil aber Rühl nicht erschien, mit Kampf und Massbruck (?) in Cleynmanns Predigt. Mittags bei Brandl, nach Mittags mit Therese eine Promenade über den Spittelberg nach Mariahilf, an die Wien, dann zum Kärntnertor-Theater. Therese ging nach Haus, Gefrorenes zu essen, ich „Gattin und Geliebte“ zu sehen. Gefiel nicht, wird samt Schikaneders Produkt heute schon begraben sein. Lefèvre hat einen ganz infamen Charakter. Ich fand Holzinger und Scheiger. Nach dem Theater ins Bett.
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Trüb, etwas Sonnenschein. Vadász gab mir früh, als ich Stessel besuchte, einen Brief von Kárner, worin er mich wiederholt nach Eisenstadt engagiert. Ich ließ ihn auch den Grafen lesen, bei dem ich am Vor- und Nachmittag war. Mittags lud ich Burgerth und Vadász ein, letzterer blieb weg. Nach Tische plauderte ich eine Weile mit Stessel beim Taroni, dann bis 7 h beim Grafen, dann ins Kärntnertor-Theater „Dorfsängerinnen“, unglaublich leer, Brizzi der Ältere will nicht gefallen. Therese war wegen dem jungen Weber bei Tomeoni, da hörte sie, dass sie samt Tochter, Brizzi dem Jüngeren, Sessi, alle abgehen. Dann war sie ein paar Stunden bei Richart, die heute von Himberg kam.
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Ein schöner Tag. Früh schrieb ich zu Haus, dann einige Geschäfte, nahm Billetts zum Ballett „Sabinerinnen“, dann zum Grafen und Stessel. Bei mir war Hilmer (?), um mich zu engagieren, morgen mit ihm zu fahren, welches ich auch annahm. Therese ging zu ihrer Mutter essen, nahm Rosalie, der heute ihr Namenstag, zum Angebinde das blau gestreifte seidene Kleid mit. Ich aß bei Richart, wo ich auch Therese fand; nach Mittags zum Grafen. Abends ins Burgtheater „Eduard in Schottland“, und „Komödie aus dem Stegreif“. Ich fand Compagnie, dann nach Haus. Therese beschäftigte sich den Abend. Heute ging’s bei uns toll zu. Holz und Schmalz kamen an.
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Ein heiterer Tag. Fahrt nach Eisenstadt. Früh besuchte mich Wokurka, der mit mir wegen des Erblichkeits-Privilegiums der Posten Laxenburg, Wimpassing und Höflein sprach. Ich rangierte meine Sachen und erwartete Hilmer, mich abzuholen. Er kam mit dem Maschinisten Langreuter, wir holten im Taschnergassel noch eine Frau ab und kamen erst um 9 h voll bepackt und mit Binkeln beladen von Wien weg. In Wimpassing wurde gefuttert, Langreuter und ich aßen nur Eierspeis und weil wir so schlecht saßen, so gingen wir voraus. Erst beim Galgen holte uns der Wagen ein. Um ½ 5 h kamen wir in Eisenstadt an. Meine Mutter freute sich, mich zusehen. Ich suchte auszupacken, kramte meine Würste und Zichorien-Kaffee aus. Ich suchte Kárner im Schloss, er war aber schon weg. Ich fand ihn beim Kühnel, zusammen fuhren wir bis zum Tiergarten, dann gingen wir in die Probe von den „Beiden Füchsen“. Sie wurde ohne Fenzl (?) gemacht, der des Caché Rolle macht und erst heute von Baden kommt. Ich plauderte mit der Kühnel, Walch, beiden Prinster, Walther etc. Gleich gab mir der Riedl den Brief an mich vom Prinster. Der Fürst war auch einen Augenblick in der Probe. Kárner und ich hielten nicht aus, sondern begaben uns zu ihm, aßen Wiener Würstel und tranken Bier. Ich repetierte mit ihm den Bürgermeister. Dazu kam Grundemann, ich war da bis ½ 11 h. Am ersten sah ich die [Laucher ?] vorbei gehen, ich grüßte sie vom Fenster. Mit ihr scheint niemand viel zu machen und ist sie samt Schwester im Engel-Wirtshaus logiert; nicht viel Ehre für eine Sängerin im k.k. Theater. Ich schlief im Zimmer bei meiner Mutter und recht gut.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).