Reise nach Brünn. Früh vor 5 h kam Moreau. Therese, das teure Geschöpf, frühstückte mit uns, dann nahm ich Abschied und gingen zum Rössel in die Leopoldstadt. Die zwei mit uns Fahrenden, auf welche der Kutscher bis ½ 7 h wartete, kamen nicht, so fuhren wir allein. Am Spitz bat uns ein alter Jude, ihn bis Pohrlitz mitzunehmen, weil er dann nur noch 2 Stunden bis Kreuz (?), seinem Wohnort hat. Die erste Post ist in Stammersdorf, außer dem Wirts- und Posthaus nichts da gebaut. Letzteres ist sehr niedlich, hat einen schönen Garten, Waldl und eine angenehme Lage. In Wolkersdorf die zweite; da frühstückten wir zum 2. Mal, Eierspeis. In Gaunersdorf lebten wir sehr teuer; für 2 kleine gebackene Hähnl rechnete uns der Wirt 1fl. 40 x. Abends in Poysdorf, 5. Post. Moreau und ich gingen eine Weile im Markt herum, sahen den Bau des Rathauses en miniature und legten uns um 8 h schon ins Bett; ich war sehr müde und fror, denn es regnete den ganzen Tag. Im Löwen beim Hansl wurden wir sehr billig behandelt.
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Der schnelle Wechsel von der brennendsten Hitze bis zur außerordentlichen Kälte tat sehr weh. Um 4 h fuhren wir ab, waren um 7 h an der Grenze von Österreich und Mähren und nach einer halben Stunde in Nikolsburg, dem ersten Städtchen in Mähren. Hier frühstückte ich Kaffee, sah das Schloss der Fürsten Dietrichstein an, die Ruine der Lorettokirche, welche ein prächtiges Portal hat. Hier gesellte sich noch ein Jude zu uns. Um 11 h kamen wir nach Pohrlitz. Am 1. Hause beim Wegkommissär Posbischel (?) erwartete uns schon der Bruder des Moreau, Auffenberg und Seel (?), beide beim Tabakamt angestellt. Der Pfarradministrator führte uns in die sehr alte Kirche, die Synagoge; indessen wurde es 12 h. Wir speisten bei dem Tabakverleger Brabander (?), welcher den Tag in Brünn war. Um 4 h fuhren wir weg. Hier fing die Gegend für mich angenehm zu werden an. Eine Allee von Kirschen, Eichen und Kastanien führt bis Brünn, Gebirge, Waldungen und Weingärten wechseln ab. Wir kamen nach Laty (?), letzte Post. Nur ist da das Post- und Wirtshaus. Rechts am Fuß des Berges das Stift Reigern, Oberwitz, dann präsentiert sich Brünn mit dem Spielberg und Petersberg. Im neuen Wirtshaus, eine Stunde außer Brünn, erwartete uns Krieghammer mir der Kathi und Rudolph, dann wieder einige gute Freunde Moreau. Wir blieben eine halbe Stunde, dann fuhren wir in die Stadt. Ich saß in Krieghammers Pirutsch und stieg mit ihnen gleich beim Hause ab. Es regnete auf halbem Weg so heftig, dass wir – besonders Krieghammer und Kathi – sehr durchnässt waren. Um 7 h kamen wir an, ich packte aus. Krieghammer und ich gingen zum Neuen Tor hinaus, in die Zeilstraße, um ihrem Gemahl zu begegnen, welcher uns auch bald entgegen kam. Anfangs fuhren wir durch einen Teil von Altbrünn, die Straßen-Gasse zum Neuen Tor hinein in die Untere Johannesgasse in Krieghammers Wohnung. Der Abend wurde schön, Krieghammer führte uns auf die Glacis, den Graben, zum Fröhlichen Tor herein auf den großen Platz, wo eben Zapfenstreich und türkische Musik war. Dann auf den Krautmarkt, das Tor von außen und die Sommerhütte zu sehen. Dann nach Hause zum Souper; ich konnte nichts essen. Ich fand den Krieghammer einen offenen, geraden Mann, dem ich recht gut sein könnte. Ich brachte die schöne Schale, lila mit Gold mit MK und JR, dann Theresens Bild und eine Flasche Slivovitza mit. Nach dem Souper schrieb ich an Therese einen langen Brief über die Reise. Um 12 h ins Bett, schlief nicht zum Besten.
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In Brünn. Um 8 h stund ich auf. Wir frühstückten zusammen. Moreau kam, er, ich und Krieghammer gingen zu seinem Bruder und machten seiner Frau ein Kompliment. Von da in Krieghammers Bureau, in welchem Gebäude auch der Gouverneur wohnt und alle Gubernialkanzleien sind. Er führte uns in den schönen ständischen Saal, in welchem eben marmorne Postamente errichtet und die Fahnen der mährischen Aufgebots-Legionen gesteckt werden. Ein Regen hinderte uns, weiter zu gehen. In der Nähe sahen wir die Jakobskirche an, dann nach Hause. Mit Krieghammer spielte ich einige Partien auf seinem Hausbillard, in welchem Zimmer ich schlafe. Von Krieghammers Bureau sieht man in die Neugasse, den Augarten, seinen Weingarten, die Kirche in Oberwitz, die Olmützer Straße und noch mehr Gegenstände, die ich nicht weiß. Mittags bei Krieghammer außer der Familie niemand. Nach Mittag kam ich wenig aus meinem Zimmer; ich las und schrieb. Es heiterte sich aus, wir gingen um 6 h in den Augarten, ein Ober- und Unterleutnant von Wallis, Biletti (?) und Baron Lewandofsky, gesellten sich zu uns. In Krieghammers Haus holten wir ihn ab, sahen seine Gründe, Ziegel- und Kalkofen an, und kamen von rückwärts in den Augarten. Wir durchgingen mehrere Partien, sahen die Inseln, worunter auch eine Roseninsel, den Wasserfall. Die Krieghammer und Kathi erwarteten uns in der Hauptallee. Im Kaiserzimmer, neben dem Saal soupierten wir. Im Kaiserzimmer ist Josephs Büste, bronziert, mit der Inschrift „Publicum Josepho II"; beim Haupteingang ist ein Portal mit dem kaiserlichen Adler und der nämlichen menschenfreundlichen Inschrift, welche den Wiener Augarten ziert: „Publico Josephus II. 1788". Wir gingen um die Glacis herum beim Neuen, oder in Ehre (?) von dem Erbauer Josephstor nach Hause und bald ins Bett. Heute schlief ich besser.
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n Brünn. Trübe und kalt. Um 7 h stund ich auf, guckte zum Fenster hinaus und sah auf allen Seiten Regen, id est, Vereitelung des Plans drohen. Es heiterte sich etwas aus, ich verputzte mich in Schuhen. Krieghammer führte mich in die Jesuiten-, jetzt Garnisonskirche, wo eben Kirchenparade war, zu St. Thomas, Peterskirche auf dem Berg, zu den Notre Damen, Kapuzinern. Er zeigte mir das Rathaus, den Lindwurm, welchen Trautenau mit seinen Leuten 1006 unweit Brünn fing, das Rad, welches ein Wagner an einem Tag verfertigte, 6 Stunden weit nach Brünn rollte, 4 Schuh im Durchschnitt misst, weswegen er 12 R[heinische ?] Taler gewann. Wir sahen noch mehrere Paläste an, den schönen Springbrunn auf dem Krautmarkt, aus mehr denn 40 Öffnungen springt an gewissen feierlichen Tagen dann das Wasser. Um 12 h ging ich mit den Krieghammer in die Galanteriemesse zu den Minoriten, dann zur Hebenstreit und nach Hause. Erasmus Moreau, seine Frau und Bruder speisten da. Unter Tisch kam ein gewisser Langer, der uns mehrere Rollen vorspielte und uns sehr lachen machte. Er hat einen Fuß kürzer, ist etwas schief gewachsen, hat ein treffliches Augenspiel, war spanisch angetan und spielte Szenen aus allen ersten Heldenrollen. Um 5 h ging ich mit den beiden Moreau in den Augarten, die Damen fuhren. Es waren wenig Menschen. Um ½ 7 h ins Nationaltheater „Der Hausklachel“, Oper in 2 Akten von Tuczek (?), Swoboda als Hausklachel. Er machte mich lachen, besonders durch sein Böhmisches. Das Stück unterhielt mich nicht; sonst hatte ich auch üble Laune. Ich fand den Frankstein und Stegmayer, welche hier Gastrollen spielen werden.
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In Brünn. Ein wahrer Apriltag. Um 8 h wurde ich erst wach. Um 9 h kamen Moreau und Auffenberg, welche mir das fürstlich Salm'sche Haustheater zeigten, in welchem Saale vorher der Maurer Versammlungen gehalten wurden, wovon in den Seitentüren Totengerippe, zusammengerollte Bilder, worauf Totenköpfe mit dem Motto „Gedenke des Todes" gemalt sind; Zweige von Blech, grün lackiert, Leuchter von 3 Schuhen und 1 Schuh, vergoldet, in Form einer Säule, und dergleichen. Auf dem Portal ist die Devise „Nachsicht und Güte“, auf der Kurtine „Nachsicht gibt Mut“. Von da gingen wir ins National-Theater, sahen, die Bühne, die Ankleidungszimmer, die Garderobe an; der Redoute Speisesaal und Nebenzimmer, in welchen die Ressourcen (?) der Noblesse gehalten werden. Beim Neuen Tor ging ich allein hinaus, durch die Zeil zum Haus des Krieghammer, wo ich beide fand. Wir plauderten von Ökonomie, Zurichtung seines Hauses, blieben bis 12 h, dann in die Stadt zum Speisen. Theresens Brief vom 16. empfing ich mittags; er freute mich so sehr, dass ich mir das Vergnügen nicht aufschieben konnte, ihn gleich zu beantworten. Nach Mittag schrieb und Lasich. Um 4 h gingen wir auf den Spielberg, besuchten den Leutnant Lewandofsky, welcher heute die Wache hat und uns mit Kaffee bewirtete. Wir sahen die ganze Festung von außen, die Kasematten, den Trakt, welcher die Staatsgefangenen einschließt, die Kaserne, das Weibergefängnis, den Brunnen, welcher 68 Klafter tief ist und mit einem Rade von 4 Sträflingen geschöpft wird. Die Aussicht ist sehr groß und angenehm. Um 8 h kamen wir zurück und besuchten das Sommer-Theater. Es war weit unter meiner Erwartung, ennuyierte mich sehr. Man gab den „Tod des Tippu Sahib“, in 3 Akten. Um ½ 10 h kamen wir nach Hause und ins Bett.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).