In Preßburg. Früh Regen, dann heiter. Zum Grafen, zur Illésházy, zu der von Travaglio so elend gemachten Triumphpforte beim Rathausgässel. Mit Kárner auf die Promenade. Mittags speisten wir mit Kárner und Falk mit seinem Vater, Stadtrichter in Gran. Der Ratsherr Debay führte nach Tische mich und Kárner in den Primatialgarten, um die zum Empfang des Königs aufgeschlagenen Zelte zu sehen. Dann nach Hause, auf die Promenade und ins Theater, anfangs auf die Bühne, damit ich mit Keil (?) sprechen und die ganze Einrichtung sehen kann. Um 7 h kam Ehz. Carl an, welchem der Palatin, Johann, Anton und Hz. Albert entgegen ritten. Man gab den „Seltenen Prozess“, wirklich ziemlich gut. Nach dem Theater auf die Promenade, mit Kárner ins Stadt-Casino soupieren. Kárner hatte Schmerzen im Fuß und legte sich früh. Nach uns kam erst Falk, so tranken [wir ?] und erst um 12 h war Ruhe im Reich.
Band 04 (IV.), Seite 0v
1742
1802
5
12
In Preßburg. Einzug des Königs und der Königin. Um 6 h kam der Friseur, dann frühstückten wir. Dann schrieb ich Therese durch Falk, welcher nachts 12 h nach Wien reist. Mein Tagebuch trug ich nach. Therese schickte ich die Ordnung des Einzugs, Taxordnung der Fiaker etc. Um 10 h ging Kárner ins Rathaus, ich mit Kerner in der Stadt herum; begegnete Ringer, Springer und mehrere Bekannte. Ich blieb mit Tarnóczy vor dem Michaelertor, wo Albert Kavallerie – Colloredo ist Oberst – und Ferdinand Infanterie en parade stand. Um 1 h begann der Zug. Vor der Stadt in der Fürstenallee, vis-à-vis des Primatial-Gartengebäus waren 2 alte, aber schöne türkische Zelte aufgeschlagen, wo die Magnaten den Hof von Schlosshof erwarteten und empfingen. Graf Kollonitsch, Bischof von Kalocsa, hielt eine Anrede. Dann begann der Einzug. Voraus ein Detachement Kavallerie, mehrere 6-, 4- und 2-spännige Galawägen des Bischofs und der Magnaten, einige Magnaten zu Pferde. Der Palatin ritt vor den Magnaten. Der Kaiser in ungarischer Generalsuniform, den Kalpak auf dem Kopf, die Kaiserin auch ungarisch, fuhren in einem offenen Landauer, begleitet von den Edelknaben und den Commissairs, worunter auch Graf Carl war, und 50 Gardisten, welche der Fürst anführte. Neben dem Kaiser ritt Graf Kollonitsch, Bischof von Kalocsa, im Ornat und trug das große silberne Kreuz vor. Das Militär, der wirklich glänzende Einzug, und das Ganze (?), welches man hier auf diesem weitschichtigen Platz im Zusammenhang gleichsam übersehen konnte, machte einen angenehmen, erhabenen Eindruck. Beim Lorenzer (?) Tor empfing ihn der Magistrat, an dessen Spitze Kárner als Stadtrichter eine sehr bündige Rede hielt und dem König auf einem rotsamtenen, mit Gold bordierten Kissen die vergoldeten Schlüssel der Stadt reichte, dann ihn durch die Lange Gasse, Hauptplatz, Rathausgassel in den Primatialpalast begleitete. Die verschiedenen Bürgercorps paradierten in der Stadt. Alle Glocken wurden geläutet, auf dem Schloss Kanonen abgefeuert und Ferdinand gab 3 Salven. Travaglia machte zur Schande der Kunst 2 Ehrenpforten, eine auf dem Platz vor dem Rathausgassel, die andere vor der Synagoge, welche abends so wie die ganze Stadt beleuchtet waren. Mittags speisten Falk, sein Vater und der blitzdumme, schwadronierende Hippeldey Kerner bei Kárner. Bei jeder Gelegenheit, wo ich das durchdringende Genie Kárner mit dem Dummrian Kerner sehe, drängt sich die Idee unwillkürlich auf, wieso ist es möglich, dass Karner diesen Automat von Menschen nur um sich dulden kann. Nach Mittag kam Barany, um 6 h ging ich in die Au, spielte eine Art Glückshafen, gewann einen messingenen Leuchter, einen Fächer, ein Taschenmesser, welche ich den Dienstmägden Klarl und Sandl schenkte und sie darum Papierl ziehen ließ. Abends ins Theater „Der Diener zweier Herrn“, Lustspiel in 3 Akten von Schletter; wurde äußerst schlecht gespielt. Der Hof war im Theater, wurde mit Trompeten und Pauken und dreimal Klatschen empfangen. Nach dem Theater schlich ich herum, mit Tornay (?) die Illumination zu sehen, soupierte im Pálffy-Saal, wo Ball war, und kam um 12 h nach Hause. Ich war nicht froh, nicht gut unterhalten und sehne mich sehr nach Wien. Falk reiste um 12 h nach Wien.Auszug aus Theresens Briefen: Montag, den 10: Therese ging früh in die Theaterkasse und brachte dem Grafen die gesperrten Sitze ins Kärntnertor-Theater zur DeCaro. Mit Rottruff ging sie in die Kirche. Sie lud die Schreibers, Schmirer, Benkó zum nachmittägigen Konzerte ein. Mit Therese speisten Moreau, Willmann und Schmid. Die ältere Gulyás spielte ein Konzert von Mozart auf dem Pianoforte, mit ganzem Orchester war es begleitet. Unter der Gesellschaft waren Vanhal, die beiden Moreau, Clement (?), Csekonics mit Pepi, Werlen, Klob, Gulyás mit zwei Mädeln, Kunz (?), Klingosch (?), Schreibers mit Frau, Scheiger, Benkó mit Familie, die berühmte Violinspielerin Pepi Willmann (?), Frau v. Eybler. Nachher wurde Kaffee getrunken, Schinken, Salami, Käse, Guglhupf gegessen, Wein und Bier getrunken. Nach 6 h verlor sich der größere Teil der Gesellschaft, einige blieben bis ¾ auf 8 h. Therese ging ins Kärntnertor-Theater die DeCaro zu sehen und nahm der Gulyás ältere Tochter mit. Nach italienischer Art wurde sie mit großem Lärm empfangen. Sie tanzt schön, doch erreicht sie mit dem oberen Teil des Leibes die Casentini nicht. Mit den Füßen hat sie eine außerordentliche Geschwindigkeit. Die beiden Schwestern, wovon eine hübsch ist, gefielen. Salieri begleitete sie nach Hause, sie trafen sich im Bürgerspital. Agnes schlief bei Therese auf dem großen Canapé, welches auf den Platz meines Bettes gestellt wurde.
Band 04 (IV.), Seite 0r
1743
1802
5
13
In Preßburg. Früh zum Grafen. Um 11 h sah ich sah ich den Zug vom Kaiser vom Primatialgebäude zum Kammergebäude, wo im Magnatensaal Sessio mixta gehalten wurde. Im Primatialsaal hielt der König eine Anrede und übergab dem Palatin die Landtagspropositionen, welche er in der Sessio mixta vorlas. Zwei sind es, die darin bestehen: erstens die Kontribution um mehr als 2 Millionen jährlich auf beständig zu erhöhen, ohne den Untertan zu beschweren, sondern dem Untertan so viel an Herrschaftsgaben nachzulassen, und wenn das nicht hinreicht, das Salz zu erhöhen; dann die Regimenter zu komplettieren, welches sehr mäßig befunden wurde. Mittags speiste ich mit dem gewesenen Verwalter Svoboda und dem Passauer Tölpel bei Kárner. Nach Mittag ging ich zu Martini, zu den Schiffbrücken, hernach ins Theater „Die Insel der Liebe“, Oper in 2 Akten von Martin. Kurz (?) dirigierte am Klavier. Der Hof erschien nicht. Blum (?), Holleschek (?), Keil sind mittelmäßig, die übrigen taugen wenig. Nach dem Theater in die Allee, auf die Promenade, in die Judenstadt, welche heute wegen dem Hof, der nach dem Aufzuge 50 Minuten in der Synagoge war, wieder illuminiert war. Ich begegnete Kühnel und den Beridaischen (?), mit diesen ging ich in den Tempel. Es war sehr voll, alles außerordentlich beleuchtet und mit Tannengereise geziert. Man gab mir ein Büchl, worin ihre Gebete enthalten. Der Wind war heftig und der Staub unerträglich. Alle Lampen des Portals waren bei unserem Weggehen schon erloschen. Um 11 h kam ich nach Hause. Kárner schlief, ich las noch eine Weile und wünschte mich schon sehnlich nach Wien. Ich kann den elenden Dummrian Kerner nicht vertragen.Auszug aus Theresens Brief aus Wien:Dienstag, den 11: Um ¾ auf 8 h stunden sie müde von der gestrigen Plage auf. Im Kärntnertor-Theater tanzte wieder die DeCaro. Klimbke nahm die Loge, welche Therese ihm antrug. Heute schrieb mir Therese: Es regnete, Therese blieb zu Hause. Nach Tische besuchte sie der undankbare Korn, später die Gulyás, welche ihr die Nachricht sagte, dass sie nicht willens sei, nach Preßburg zu reisen, weil sie schon hörte, dass hier schon jemand Pianoforte verkaufe.
Band 04 (IV.), Seite 0r
1744
1802
5
14
In Preßburg. Ich bin heute nicht wohl. Früh zum Grafen dann war ich in dem Kaffeehaus, in der Sonne, beim Ormoszdy (?), wo ich blieb, speiste und den zweiten neben dem Schurken Hauter zu sitzen kam. Nach Tische kaufte ich für Therese, das liebe, vortreffliche Weib einen niedlichen Fächer, und für Kárners Mägde zwei schwarze, mit Gold beschlagene Kreuze. In dem neuen Kaffeehaus an der Donau spielte ich einige Partien Billard. Kárner speiste mit dem alten Menschenkenner bei den Beridaischen (?). Nach Mittag arbeitete ich, las; ich bin schlecht unterhalten. Kárner ist beschäftigt, und vor der illimitaten Dummheit, Großtuerei, Stolz des in jeder moralischen Hinsicht so unendlichen, kleinen, winzigen Kerner ekelt [mich] ganz gewaltig. Ich will die sonntägige Redoute abwarten, dann aber gleich nach Wien eilen. Abends ging ich an die Donau, Ferdinand Regiment exerzierte in der Aue. Dann ins Theater, Clement gab eine Akademie, spielte ein Violin- und Pianoforte-Konzert, Blum und Holleschek sangen. Die Konzerte sind ersteres von Mastrino (?), letzteres von Mozart. Blum sang des Saal Arie aus dem „Opferfest“; am Klavier war niemand, er musste selbst taktieren. Nie sah ich etwas elenderes als das hiesige Orchester. Clement spielte sehr schön, besonders zeichnete er sich beim Phantasieren aus. Nach dem Theater ging ich zur Sonne in den 1. Stock, sah den Pharao-Spielern zu. Um 11 h nach Hause. Am Tor kam ich mit Kárner zusammen, wir waren allein. Ich lag im Bette, er wachte vor meiner, wir plauderten eine volle Stunde. Das Resultat war; er geht nach dem Landtag zum Fürsten als Kanzleidirektor, Szentgály Johann wird Regent, der Fürst macht ihm ein Geschenk mit dem Sängerischen (?) Haus in Eisenstadt. Der Fürst reist und Kárner führt die alleinige Direktion der Geschäfte. Diese Stunde ist mir einiger Ersatz für die in Preßburg gelebten missmutigen Täge.
Band 04 (IV.), Seite 0r
1745
1802
5
15
In Preßburg. Trübe, etwas Regen. Früh zum Grafen, in die Kirche von Notre Dame, zum Baron Hiller, Zwerger, wo ich mit dem Advokaten Nagy bekannt wurde, ein Mann, der mir gefiel. Mittags speiste ich mit Kerner bei Kárner. Nach Tische kam der vorige Stadtrichter Kálna, ein angenehmer Gesellschafter. Therese schrieb mir einen Brief, der mich sehr freute, ich beantwortete ihn in Kürze. Um 4 h fuhren Kárner, Kálna, Kerner und ich ans Obere Ufer, gingen eine Weile spazieren und fuhren wieder zurück. Abends um 7 h ins Theater, „Gevatter Mathias“, Lustspiel in 5 Akten vom Stegmayer. Ich kam mit Kálna zusammen, welcher mich mit Cransberg (?) bekannt machen wollte; er erschien aber nicht. Nach dem Theater soupierte ich im Ormoszdyschen Kaffeehaus. Den Abend und Nacht Regen.
Band 04 (IV.), Seite 0r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).