Kalt und feucht. Früh ging ich ins Bureau, schrieb an den Grafen, dann sah ich wegen Spiegeln nach und ging ins Quartier. Um 12 h machte ich einen Besuch in der Theaterkanzlei, wohin auch Gewey kam. Wir plauderten von seiner Widerlegung – der „Wienerische Socrates“ – und nahmen ihn mit zum Speisen. Bei Tisch gab Theresens Neugierde, als ich einen Brief vom Grafen erhielt, Anlass zu Verdruss. Nach Tisch besuchte uns Rosenberger. Ich brachte Theresen 2 Paar grauwollene Strümpfe, womit ich ihr eine Surprise machte. Abends besuchte uns Barany. Therese arbeitete an ihrem gestickten atlassenem Kleide. Ich blieb allein zu Hause, ging dann ins Kärntnertor-Theater „Seltsame Audienz“, dann zum ersten Male „Zulima und Azem“; das Ballett gefiel nicht besonders. Ich plauderte mit Collet, Rubana, Amadio (?), dem Landeskommissär von Ödenburg, Bürgermeister, Klimbke und Schüller und habe mich gut unterhalten. Gewey brachte mir ins Theater ein Exemplar vom „Wienerischen Socrates“, welches ich zu Hause zu lesen anfing.
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In der Nacht und den ganzen Tag schneite es sehr stark und macht viel Kot. Therese und ich blieben vor Mittag immer zu Hause und beschäftigten uns. Um 12 h hörten wir bei St. Stephan die Messe. Um 1 h gingen wir zu Braunmüller speisen; heute ist es uns sehr ungelegen bei dem schlechten Wetter. Bei Braunmüller wurden sehr galant empfangen; später kam ein Paar neu Verheiratete, Kral (?) und seine Frau, eine geborene Tirolerin, welche auch da speisten. Bei Tische unterhielten wir uns gut. Um ½ 4 h empfahl man sich, weil Therese – da sie spielt – Toilette machen muss. Passy und Schöpfer besuchten uns, blieben aber nicht lange. Später kam Gewey und ging mit uns ins Kärntnertor-Theater „Molinara“, dann „Zulima und Azem“. Therese sang sehr künstlich und erhielt verdienten Beifall. Ich plauderte mit Kutschersfeld, der Ascher, war im 1. Akt auf dem Theater und blieb auch im Ballett, weil Therese in die Loge ging. Heute ist beim Quarin Souper für 80 Personen, weil er zum Rector magnificus gewählt wurde.
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Früh kam Andres und kündigte des Grafen Ankunft an; welche unangenehme Überraschung ! Ich ging zu ihm, brachte ihm das Tamburin. Bis ½ 1 h war ich da beschäftigt und ertrug seine Launen. Therese hatte Besuch von den neuen Sängern Schüller und Neumann. Mittags speiste Eckhart bei uns. Nach Mittag besuchte Therese die Ascher und blieb bis 8 h. Ich war immer allein, arbeitete, las des Gewey Broschüre „Der wienerische Socrates“, welche mich so ziemlich unterhielt. Die Ascher ließ mich zu sich bitten; meine Bequemlichkeit und das schmutzige Wetter hinderten mich daran, auszugehen. Dem Passy schickte ich die Broschüre und schrieb ihm ein Billett, worin ich ihn um Austauschung des Porzellans ersuchte. Therese, das liebe gute Weib, brachte mir ein Paar Strümpfe von gezupfter Seide, welche mich sehr freuten.
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Sehr kühl, aber trocken. Früh um 8 h ging ich schon zum Grafen und war mit ihm bis 1 h beschäftigt. Mittags speisten wir allein, nach Tisch ging Therese ins Banco wegen kleinen Zetteln; ich zum Rahl wegen meinem und des Eckharts Billetts, welche wir nach 8 Tagen bekommen. Dann besuchte ich Kampf; ihn traf ich nicht, ihr gratulierte ich zugleich zum Namensfeste. Abends führte ich das Geflügel der Petrowitz ins Kärntnertor-Theater „Entführung“, dann „Zulima“. Im Theater plauderte ich mit Schüller von der Krankheit seiner Frau, fand die Csekonics mit der Jeanette, erstere kam gestern mit dem Stessel an. Wir plauderten von den Neuerungen in Eisenstadt, von den Unterhaltungen und Amouretten etc. Therese war den Abend bei der Petrowitz, ich führte die Mädeln nach Hause und erwartete Therese. Wir legten uns gleich, schwätzten aber noch lange. Therese wollte eine Eifersucht anwandeln; ich tröste mich aber, dass mich meine unbegrenzte Liebe und meine Redlichkeit schützen werden.
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Kalt, nach Mittag schneite es. Früh vor 8 h erwartete ich die Csekonics in der Stephanskirche, ich ging mit ihr zum Eckhart und schickte ihn zu Schüller. Dann zum Grafen, zum Brandmayer und Liebisch, wir plauderten eine Weile. Dann wieder zum Grafen, wo ich bis 12 h blieb. Therese besuchte die Barany und kam mit der Pepi in die Theaterkanzlei, wo wir zusammentrafen. Mit uns speiste die Pepi und Friedle (?). Nach Mittag erhielten wir Besuche von der Jeanette und Csekonics. Der Besuch war zeremoniös, die Unterhaltung steif, sie tranken Kaffee und gingen. Therese fand ein Kupfer, worin die Platte von unseren Namen eingewinkelt war. Dies gab Anlass zu Verdruss und sie begoss mich mit Wasser, fühlte aber die mir angetane Beleidigung und so gab’s eine herzliche Stunde. Nach 6 h ging ich ins Burgtheater, zum ersten Male „Der Besuch“, Lustspiel in 4 Akten von Kotzebue; gefiel sehr und hat mich angenehm unterhalten. Ich war sehr bequem im Orchester postiert. Die treffendsten Sätze, die Persiflage auf Art (?) und das Betragen des Adels, besonders im Theater, mit dem komischen Spiel des Baumann, und die vielen rührenden Situationen, alles dieses werden das Stück lange erhalten. Therese arbeitete zu Hause.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).