Düster, kalt windig. Burgtheater und Josephstädter Theater beleuchtet „Käthchen von Heilbronn“, „Zauberflöte; im Theater an der Wien „Staberls Reiseabenteuer“. Bei St. Stephan Te Deum auf der großen Orgel, nach Mittag in allen Kirchen. Das Militär feuerte, paradierte in Gala. Den Vormittag zu Haus, nach St. Stephan. Dort war das ganze diplomatische Corps, alle Chefs der Kanzleien; die Straßen sind sehr lebhaft. Mittags bei der Wohlfarth mit Dräxler, Fink, jungem Ortner. Reimann, Assen trafen mich, brachte mir auf einem Sessel mit Stickereien, Blumenkranz auf weißem Grund, die Krieghammer brachte mir Rose samt Stingel als Uhrpolster, die Hruschka Uhrpolster gestickt, die Wohlfarth Himbeersaft und Punschessenz. Ich zum Haim, plauderte, zur Ball, suchte Gesellschaft, ins Burgtheater, sehr voll, „Gott erhalte !“. Beim 2. Akt fiel eine Girandole von 3 Armen vom 4. Stock auf die Scheidewand des zweiten Parterres vom ersten. In Ludlam „Gott erhalte !“ mit neuem Text, Castelli las den „Österreichischen Bauern bei des Kaisers Krankheit“, recht gemütlich; neuer Familienchor von Gyrowetz. Bei Therese abends Fux mit Anhang.
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Palmsonntag, kalt, veränderlich, abends rauer Wind. Im Burgtheater „Salomon“ von Händel. Mein gutes liebes Weib erfreute mich mit 2 recht hübschen Gilets; ich habe sie so lieb ! Die Kinder kamen mit Glückwünschen; Toni brachte einen blauen Hosenträger, Pepi einen Glockenzug mit Glückwünschen, beide mit Gionima speisten mit uns; ich empfing meine Gratulationen im Bette. Viele kamen, auch Stessel, Kwiatkowsky, Lembert, Högler,Tschepp, Swoboda; er schickte Blumen, wir gaben ihm 2 gestickte Tücheln und ein Uhrband, dem Elsler 2 Perkaltücheln, 3 fl.. Nachmittags zusammen nach Dornbach, sahen Grohmanns Garten, Sladeks Kaffeehaus. Dann in den Garten; Gionima, ich und die Kinder stiegen in der Mayerhofgasse ab. Begräbnis des Grafen Joseph Ossolinski; starb an Entkräftung im 78. Jahre; Kommandeur des Stephansordens, geheimer Rat, Präfekt der Hofbibliothek etc. Bedachte seine Ziehtochter Camilla Ellmauer mit jährlich 3000 #, so lange sie lebt. Bis zum 19. Jahre bleibt sie bei der Schwitzer. Heiratet sie, so erhalten nach ihrem Tode ihre Kinder 6000 #. Ihr Vormund Carl Joseph Pratobevera, Doktor der Rechte, Vizepräsident des Appellationsgerichtes, ein würdiger Mann. Um ½ 8 h zu Haus; wir sahen mit Gionima das „Alte Wien“. Dem Honegger schenkte ich das schöne Uhrpolsterl der Hruschka; Therese machte ihm ein Potpourripolsterl, ein größeres der Szabó.
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Finster, rau. Im Burgtheater „Salomon“, die Grünbaum, Betty Vio, Tietze singen. Früh kam der arme Hofmüller, dessen Frau jahrelang liegt, und bat um 200 fl., die ich selbst nicht habe; mir tat es sehr leid. Ich antwortete der Jeanette, Therese schrieb auch. Dem Stessel brachte ich 50 fl. vom Holbein, den Poller lud ich für Sonntag zur Optik. Hassaureck kam, erhielt die Einwilligung vom Vormund und vom Prager Magistrat an den hiesigen. Ich gab ihm den Rest der Obligationen zum Verkaufe. Emilie zeigte mir das Gartenbild für Holbein. Swoboda speiste mit uns, nachmittags zu Hause. In Gesellschaft, zur Wohlfarth, abends Préférence mit Lissl, brachte 2 Pfund Wachs; jetzt sind es 14 Pfund.
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Schnee, Regen, düsterer Tag. Lissl erzählte, dass am 5. in Agram von spazierenden Studenten in einem halbverfallenen Teil des Hauses des Provinzialkommissärs von Speletich ein Student Krajevich halb verhungert und verwildert gefunden, befreit, sein Gefängnis gestürmt, aber der Mörder nicht entdeckt wurde. Der Arme saß in diesem Loche über 20 Monate, von Hunger, Kälte, Mangel aller Art gequält. Es wurde eine Untersuchung verfügt. Den Vormittag zu Haus, mit uns speisten Kárner, Dräxler, Mayer, Neumann; ich erzählte obige Gräuelgeschichte. Schrieb dem Grafen, wegen dem Brand in Magendorf, wegen der Rückkunft Duports. Weidmann, welchem ich von Holbein 25 fl. für seine „Geächteten“ gab, brachte mir die Medaille auf David. Zum Mayer, zu Koch wegen meines Bruders Hausplan, in Gesellschaft. Abends allein mit Therese, spielten Domino.
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Regen, finster. Die Schmirer schickte uns das 34. Blatt des „Gesellschafters“, worin die Jeanette mit höchstem Lobe als „Großmama“ aufgeführt wurde. Zu Poller, lud ihn zur Optik am Sonntag, sprachen von seinem Garten, sah seine elegante Wohnung. Mahnte den Honegger wegen Zeichnung des Dachzimmers für meinen Bruder. Neumann und Kridl speisten mit uns. Bei Joseph Biedermann Ludlam: Schwarz, Lembert, Zedlitz, Nauwerk, Stubenrauch, Tendler, Castelli, Gyrowetz, Lannoy, Krug, Hassaureck, Schlechta, Grillparzer, Anschütz, Wahlbach, Tietze, Grill, Fux, Huber, Würfel, 2 Biedermann, Sichrowsky, Czerkowitz, Marx (?), Fischhof; 27 Personen. Wir versammelten uns im Tafel- und Sitzzimmer nach 8 h, Castelli las mit Begleitung des Chors „Stockfisch und Unsinn“, den 1. Akt. Vor 10 h Souper im großen Nebenzimmer. Die Mutter Ludlam mit Schwert und Gesetzbuch stand im Fenster, rot und schwarz kostümiert; auf der Tafel Büsten von Gelehrten. Alles, selbst die Fidibus, war rot und schwarz,. Grillparzer debütierte mit 8 Briefen als Kritik über seinen „Ottokar“, sehr witzig und launig. Alles war froh, um ½ 2 h zu Haus.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).