Trüb, kühl, nach Mittag kalter Wind. Im Burgtheater „Porträt der Mutter“, Urban von München als Rekau. Im Kärntnertor-Theater „Alle fürchten sich“, „Paris“, im Theater an der Wien „Ahasverus“. Früh fand die Saly in meinen wasserdichten Stiefeln meine Brieftasche. Wie sehr freute mich dies ! Obwohl ihre Nachlässigkeit die Ursache, schenkte ich ihr 1 fl., heute schrieb ich durch Kridl der Schwitzer und schickte ihr für Mai und Juni 233 fl. 20 x. Von 1. Juli bin ich für nichts mehr verbindlich. Sie wird mit der Mutter reden. Zum Grafen, großes Derangement, heute wird die Gräfin erwartet. Vom Juden Schenk kaufte ich 94 Ellen Leinwand um 100 fl.. Die Andres, Novotny, Kridl, Neumann, Wille speisten mit uns. Nach Mittag zu Reimann, in den Garten; Neefe holte sein Bravo ab und leistete uns Gesellschaft. Er wird den Hanswursten im Garten restaurieren. Nahm den Werner coram, der so filzig ist, der Moser für Kost und Quartier nichts zu geben, sagte später auch einige derbe Worte. Ins Theater an der Wien fand die Reimann, Wohlfarth, Kreutzer. Therese legte sich wegen Katarrh.
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Conradin Kreutzers Konzert im Augarten, auf einem Instrument von Goll, wurde wegen Kälte abgesagt. Im Burgtheater „Bräutigam aus Mexico“, im Kärntnertor-Theater „Barbiere“, Im Theater an der Wien „Ahasverus“. Einen Augenblick beim Grafen; die Gräfin ist da. Zu Haus, die Andres, Novotny, Müller, Weidmann waren Gäste; Müller unterhielt die Weiber. Nach Mittag sprach ich Marie, im Garten; die Maler endeten, spät kamen die Reimannischen zum Bau. Mit Evarist und Seyrl in den Volksgarten, Eröffnung des für Corti erbauten Portikus, sehr elegant und geschmackvoll, fanden ihn und den Garten nur schwach erleuchtet. Therese war den Abend mit der Fux. Rindfleisch 20 x.
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Kalt, trüb, windig. Im Burgtheater „Brautwahl“, „Buckliger Liebhaber“, im Kärntnertor-Theater „Aladin“, „Arsena“, im Theater an der Wien „Ahasverus“. Abreise der Schwägerin Andres. Den Vormittag zu Hause, beim Grafen. Sah im Kleinen Redoutensaal Sacchettis Panorama von Prag, dann Bilder von Teplitz und Karlsbad. Prag ist sehr genau und wird leider wenig besucht. Ich sprach lange mit ihm, versprach ihm, meinen Garten und Moskau zu zeigen. Speiste bei Reimann, nach Mittag sahen wir die Phorus-Holzzerkleinerungsanstalt, eine sehr sinnreiche Maschine, die mir ungemein gefiel. Dann in den Garten und zu Reimanns Bau; der Staub erstickte uns fast.
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Veränerlich. Im Burgtheater „Don Carlos“, mit Urban von München, im Kärntnertor-Theater „Freyschütze“, im Theater an der Wien „Ahasverus“. Früh kam der Matzleinsdorfer Totengräber, Gitter für Geweys Grab 18 fl., samt Anstreichen 23 fl.. Der Graf liegt. Vor Mittag war Therese bei Reich, fuhr zur Schwitzer und brachte der Pepi zum Geburtstag ein silbernes Besteck, 40 fl.; hörte, dass Fanny nichts Schriftliches geben will. Bei uns speisten Kárner, Schießl, Weidmann. Nach Mittag zur Schwitzer, mit den Kindern in den Prater, Ringelspiel, tranken Schokolade bei Benkó. Therese führte sie nach Hause. Ich ins Josephstädter Theater, Einnahme des Carl Blumenfeld, welcher mich persönlich geladen „Liebesabenteuer in Strümpfelbach“, in 2 Akten von Meisl, Musik von Gläser. Voll; langweilig, altes Zeug; dauerte bis 10 h, ging mit Kettel und Rosmann in die Stadt.
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Windig, Sturm, großer Staub. Im Burgtheater „Johanna von Montfaucon“, im Kärntnertor-Theater „Gefangene“, „Hamlet“, im Theater an der Wien „Ahasverus“. Früh erwartete ich Sacchetti wegen Moskau. Der Graf liegt. Sprach Kike, mittags bei Wohlfarth mit Neumann, Kridl, Axt, nach Mittag mit Therese. Sie ging zur Schwitzer, ich zu Reimann, dann in den Garten, hatten mit Goll und Kreutzer Konferenz, fuhr um 9 h nach Hause.
Band 10 (X.), Seite 85v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).