Den Vormittag Regen. Auf dem Zettel: Neue Administration des Kärntnertor-Theaters und des Theaters an der Wien: Domenico Barbaja, Duport, Ferdinand Pálffy, Gallenberg. Im Burgtheater „Iphigenie“, Orest Heurteur, wieder engagiert. Im Kärntnertor-Theater „Beide Ehen“, übersetzt von Castelli, Musik von Isouard, dann „Johanna d’ Arc“, neu in Szene gesetzt, mit Veränderung des 3. Akts von Taglioni. Im Theater an der Wien zum 1. Mal „Die Puppe“, Lustspiel in 1 Akt, übers[etzt] von Castelli, „Verstossene Tochter“. Denn Vormittag beim Grafen. Dräxler, der Kanonier Steiner und die Hagemann – welche heimlich an ihre Schwester schreibt – speisten mit uns. Nach Mittag zu Kike, nach 5 h ins Kärntnertor-Theater, in den 3. Stock mit Kettel. Neumann brachte uns eine Karte ins Parterre, nur für heute, die ich nicht benützte, obwohl Therese mir selbe nachsandte. Ich soll immer um eine senden, wenn ich ins Theater gehen soll, wie unangenehm ! Es war nicht voll, die leeren Sitze ließen sie gesperrt. Die Oper und Mehlig (?) missfiel, ebenso auch die Abänderung des Balletts, es wurde sogar gezischt. Ich fand die Emilie Neumann, bediente sie und ihre Freundin mit Punsch, und ließ dem Papa meinen Dank sagen. Therese hatte Besuch von der Caminada. Rindfleisch bleibt 17 ½ x.
Band 10 (X.), Seite 21v
8892
1821
12
2
In der Nacht Regen, am Tage heiter, windig. Im Burgtheater „Heimliche Ehe“, im Kärntnertor-Theater „Freyschütze“, im Theater an der Wien „Gastrecht“; der Graf überließ mir seinen Sitz, den ich dem Reinl gab. Das Kärntnertor-Theater und Theater an der Wien sind auf einem Zettel und Tafel. Den Vormittag beim Grafen, Gyurkovics; schlimme Aspekte, der Fürst ist sehr strenge. Mittags bei Wohlfarth mit Streitfort, Axt, Kridl und Fenice, welcher mir ein orangenes, englisches Tuch gab. Nach Mittag im Garten, sprach Kike, dann zum Seitz spielen, öfters üble Stimmung. Im Theater gab’s Stürme wegen der Loge der Sänger, Unschlittkerzen, Eintritt des Chors u. dgl. Koch begegnete ich und sprach mit Salbung.
Band 10 (X.), Seite 21v
8893
1821
12
3
In der Nacht wieder Regen. Im Burgtheater „Aussteuer“, die Korn nach vielen Monaten wieder als Sophie. Im Kärntnertor-Theater „Beide Ehen“, „Johanna d’Arc“, im Theater an der Wien zum 1. Mal „Essighändler“, „Die Puppe“. Den Vormittag beim Grafen, sprach Aigen, Hruschka, sprach vom Theater, Dietrichstein, Angst vor der Pachtung u. dgl. Die Hagemann schrieb wieder bei uns. Mittags allein, nachher Jeanettl. Nach Mittag besuchte ich die Botta, Therese bekam Besuch von der Marie, welche über die Misshandlung des Chorpersonals klagte, sang und mit Jeanettl bis nach 8 h blieb. Ich spielte mit Kridl, sprach Kike.
Band 10 (X.), Seite 21v
8894
1821
12
4
Trüb, kalt; nach Mittag Regen, Sturm, finster. Im Burgtheater „Schuld“ mit Heurteur, im Kärntnertor-Theater „Johann von Paris“ mit Jäger und Seipelt; im Theater an der Wien „Essighändler“, „Puppe“. Den Vormittag beim Grafen. Zu Pfersmann wegen meinem Freibillett, der mir sagte, wir sind nicht in der Konsignation. Ich schrieb gleich an die Direktion und bewies, dass Therese Hofschauspielerin sei. Dräxler und Agnes speisten mit uns; Dräxler übernahm es, das Promemoria wegen Freibilletts dem Dietrichstein zu geben, fand aber nur Mosel; welcher es abschlug. Nach Mittag nicht zur Vladár, Kridl kam nach, wir spielten bei Seitz. Ins Kärntnertor-Theater; Siebert singt nicht, weil sie ihm statt 8500 fl. und einer Einnahme nur 5000 fl. Gage anbieten. Die Oper ging so durch; Jäger wurde brillant empfangen, musste den Troubadour wiederholen, weiter nichts. Seipelt schlüpfte durch. Die Loge im 4. Stock haben nun die Sängerinnen und Tänzerinnen. Der Opernchor hat Eintritt im 4. Stock. Therese war den Abend bei der Moser.
Band 10 (X.), Seite 21v
8895
1821
12
5
Stürmisch, abends Regen. Im Burgtheater „Welche von beiden ?“, im Kärntnertor-Theater Akademie, „Schweizermädchen“, im Theater an der Wien „Kassius und Phantasus.“. Den Vormittag beim Grafen, vor Tische besuchte ich Kárner, sprachen von des Fürsten Reise nach Italien, von der Übernahme unserer Administration, dass leider noch nichts geschah und so lauter Odiosa. Mittags speisten Wagner, Kridl, Dirzka und Müller bei uns, und Koch, nach seiner Aussöhnung vom Sonntag. Wir plauderten nur vom Theater und der unglaublichen Schmutzerei des Duport. Der Verpflegsverwalter Strawen brachte eine mechanische Scheibe zum Bolzenschießen, vom Fürsten Schwarzenberg im Garten, zum Andenken, und stellte selbe ins Salettl. Nach Mittag und abends sprach ich mit Kike, spielte mit Kridl bei Hoffmann. Dem Neumann, weil er nicht kam, schrieb ich, wie es mit dem versprochenen Freibillett gehalten sei, und schloss das unbenutzte vom 1. Dezember bei. Therese war am Abend bei der Moser.
Band 10 (X.), Seite 22r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).