Trüb, großer Staub, nach Mittag wurde es sehr finster. Im Burgtheater „Deutsche Hausfrau“, „Männertreue“, im Theater an der Wien „Vielwisser“. Früh arbeitete ich zu Haus, zum Reimann, auf meinen Gartengrund. In No. 1003, zum Bertoli. Nina speiste da, nach Tische fuhr sie mit Therese zur Rohrweck nach Meidling gratulieren und brachte ihr eine blaue Kaffeeschale um 10 fl. Ich schrieb an Gittig, nach Tische kamen Richart und Stifft. Abends auf meinen Gartengrund; um dem Sturm und erstickenden Staub auszuweichen, ging ich durch den Stadtgraben an die Wien. Ich blieb lange, aß dann Fisolen, ging ins Burgtheater und um 9 h nach Haus Die Swoboda ließ sich von der Url 70 fl. Ablöse zahlen und verlässt das Quartier in grösstem Schmutz. Von morgen an steht auf dem Zettel des Leopoldstädter Theaters „Im k.k. priv. Karl Edler von Marinelli’schen Schauspielhaus“. Die Mack (?) und Strack (?) wollen Franz zum Administrator und Verwalter. Der Zankapfel ist geworfen.
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Trüb, windig. Im Burgtheater „Rothmantel“, im Kärntnertor-Theater „Helene“, im Theater an der Wien „Faust“ , im Leopoldstädter Theater Karl und Franz von den Marinellischen. Das Rindfleisch kostet 30 x, also um 5 x gefallen, das Brot für 12 x wiegt 17 Lot, geringer um 5 ½ Lot, die Rundsemmel um 3 x wiegt 2 ¼ Lot; schreckliche Teuerung ! Früh arbeitete ich zu Haus, dann in No. 373. Besuchte die an Einbildung kranke Schenk. Mittags allein, der junge Wilhelm Neumann ist Leutnant im Infanterie-Regiment Ehz. Carl. Nach Tische kamen Richart, Roller, Neefe. Um 5 h schlichen wir herum, es stürmte und staubte, dass man kein Auge öffnen konnte. Abends fand sich die Gesellschaft im Kärntnertor-Theater. Therese hatte die Goldmann bei sich.
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Heiter, mittags etwas Regen, nach Mittag wohl trüb, aber angenehm. Im Burgtheater „Inkognito“, im Kärntnertor-Theater „Lott[erie]os“, zum 1. Mal „Toilette des Alcibiades“, Divertissement von Aumer, Taylor tritt auf. Im Theater an der Wien „Vielwisser“. Früh zu Haus, mit Seitz auf den Gartengrund; zur Aussicht wird der Grund ausgemauert. Der Vater, der junge Neumann und Klingmann speisten da. Dem Kridl lieh ich 1100 fl. 20er und verkaufte selbe bei Biedermann, den Kurs zu 312 ½ gerechnet, zu 308 fl. Im Schneiderhaus fingen heute die Maler an. Nach Tisch in Richarts Gesellschaft nach Petersdorf. Sahen die Kirche, die unterirdische, sahen noch Spuren der Verheerung der Türken 1683, die Gruft des Regenhart und Weiß. Der alte R[egenhart ?] sperrte uns alles auf. Bestiegen den hohen Turm und hatten eine unbegrenzte Aussicht. Dann auf das Rathaus, sahen die Geschichte des Einfalls der Türken, in der Ratsstube alle Marktrichter in effigie. Tranken Bier, aßen Salami. Um 8 h war ich im Kärntnertor-Theater, eine unbedeutende Kleinigkeit, das Ballett und Taylor missfielen.
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Trüb, kalt im Burgtheater „Wallenstein“, Kettel als Max Piccolomini, im Kärntnertor-Theater „Dichter und Tonsetzer“, im Theater an der Wien „Hausgesinde“, „Waldmädchen“. Früh mit Therese auf meinen Gartengrund, zu Jung in der Stadthauptmannschaft wegen Bau meiner Aussicht, ins Schneiderhaus, zu Kridl. Mittags allein. Therese war bei der Moser, fuhr nach Mittag wieder hin und brachte Antwort von der Annibal wegen der Festetics, nahm dann Lori vom Sieber zum Spazierenfahren mit, fuhren in die Porzellanfabrik und nach Pötzleinsdorf. Ich schrieb dem Grafen, dann auf meinen Gartengrund. Neefe besuchte uns. Die Rodler machte mir einen prächtigen, mit Seide in Farben gestickten Hosenträger, ein Geschenk, welches ich aber leider nicht benutzen kann. Dietrich und Jean besuchten mich auf dem Gartengrund, ritten herum, alles gefiel ihnen sehr. Die Zimmerleute schlugen heute die Joch zur Brücke, von Sträubl arbeitete niemand. Dann machte ich die Tour durch die Allee- und Heugasse über die Glacis in die Stadt. Im Kärntnertor-Theater hörte ich den 2. Akt, dann begleitete mich Weidmann und erzählte mir Infamien von Krüger (?)
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Trüb, kalt, nach Mittag wurde es sehr trüb. Im Burgtheater „Reise nach der Stadt“, im Kärntnertor-Theater „Ostade“, „Toilette des Alcibiades“ zum 2. Mal, im Theater an der Wien „Putzsucht“ Früh mit Therese auf den Gartengrund, trank Selterswasser und ging mit ihr durch das Belvedere, dann fuhren wir nach Haus. Thomas Wieser nahm das große Gewölbe für 650 fl. jährlich Zins. Die Geistlichen am Platzl, Mechitaristen, Italiener, baten Therese, Sonntags in einer Messe von Hummel zu singen. Mittags allein, nach Tische schrieb ich dem Grafen, ins Schneiderhaus. Suchte Gesellschaft, beim Adler. Den Seitz ließ ich nach Grinzing führen. Jeanettl blieb bei Therese, mit ihr, Richart, Jungmann und Neefe gab es einen heftigen Streit wegen Marinelli und Theater. Die Klingmann kam und klagte über einem Sturm wegen Obst mit den Kralischen, dass sie ihr die Kost für 2 fl. aufgesagt haben. Ich riet ihr, ruhig zu sein und dem Grafen zu schreiben. Der Kurs 320 fl..
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).