Todestag meines Vaters 1790. Veränderlich, Sturm und Regengüsse, kalt wie im November. Im Kärntnertor-Theater „Die unversehene Wette“, Lustspiel in 2 Akten nach Sedine, dann „Pagen des Vendome“. Früh zum Grafen, wegen Pass für die DeCaro zur Regierung. Um 10 h Exequien für Dietrich, mittags mit Schießl bei Radl, Speckknödel mit der Verwalterin Schwetz (?). Nach Mittag zum Grafen, dann zu Haus, trank Tee, Husten und Schnupfen quälen mich gar sehr. Ich arbeitete in Kassengeschäften, dann in Richarts Gesellschaft ins Kärntnertor-Theater. Ich engagierte auch Jungmann und zeigte ihnen die Kaffee-Schale für Stoß.
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Trüb, kalt, mittags heiterte es sich aus, wurde wärmer. Im Kärntnertor-Theater „Dichter und Tonsetzer“, im Theater an der Wien „Clara von Montalban“. Ich hatte eine böse Nacht, schlief wenig, Kopfschmerzen, Niesen und Husten quälten mich die ganze Nacht. Früh zum Grafen, wegen Pass für die DeCaro musste ich im Kot herumgehen. Diner beim Grafen, Batthyány, Liebermann (?), Karst, Seitz, Rumpelmayer, Kárner, ich konnte nur wenig essen. Nach der Tafel kam der Colloredo’sche Kassier Höhnel (?), ein Flegel ohnegleichen und strömte wegen dem Heu Grobheiten aus. Später ganz langsam auf den Gartengrund; ich fühlte mich sehr matt. Die Brunngräber fingen heute an. Sträubl ist in Fischamend; ihr brachte ich eine Haube und ein blaues Band um 20 fl, damit er bessere Aufsicht habe. Richart holte mich ab, wir aßen Bœuf à la mode, und Joseph Hoffmann begleitete mich auch nach Hause.
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Ich befinde mich nur wenig besser. Im Kärntnertor-Theater „Tochter Pharaonis“, „Hochzeit der Thetis“, im Theater an der Wien zum 1. Mal „Wahnsinn“, Schauspiel in 2 Akten aus dem Französischen von Castelli, dann „2 Worte“ mit Louise Müller. Den Vormittag beim Grafen, Jungmann besorgte mir die Gänge wegen dem Pass der DeCaro; dem Stutteregger (?) brachte ich Tokajer. Ich beschloss zu Haus mit Richart zu speisen und uns Hähnel sieden zu lassen, doch lud mich der Graf zum Speisen und Richart speiste allein. Ich schrieb der Therese auf ihren Brief, welcher das Gepräge eines dankbaren Herzens hat. Sie fordert darin zu ihrer Disposition nach ihrem Tod 500 fl. in Zwanzigern jährlich; dies kann ich nicht einsehen, denn ich müsste abermals teilen. Die Josephine bat um 2000 fl. und schrieb sehr verbindlich; ich antwortete ihr und gab ihr 800 fl. Nach Mittag zur Vladár. Richart schrieb an seine Frau und schlief heute bei mir. Ich hatte Hunger und aß beim Klapperer ein Brathähnel, fand da den jungen Mayer, Sohn des letztens verstorb[enen] Steuerreinnehmers. Therese schrieb mir, dass sie so viel Schlaf habe und ihre Nerven so abgespannt seien. Ich bin sehr bange.
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Heiter, warm. Nach Mittag erhob sich ein Sturm und verdarb viel, was ich heute zu ebener Erde und am Brunn anstreichen ließ. Im Kärntnertor-Theater die Forti in „Faniska“, im Theater an der Wien „Wahnsinn“ und das Ballett „Wäschermädchen“; im Leopoldstädter Theater Hasenhuts Einnahme „Hausherr in der Narrengasse“ und „Geister im Wäschekasten“. Richart und ich frühstückten zusammen, dann ging ich zum Grafen, Richart schickte ich zum Juden Isaak Lobasch, um wegen des Gewölbes No. 1 zu unterhandeln. Dieser zahlte mir für Entschädigung abermals 100 fl. und so entließ ich ihm die weitere Verbindung. Richart und ich speisten zusammen, nach Tisch kam Schießl zum Kaffee. Für Therese kaufte ich 2 Garnit[uren ?] Bänder und 4 Paar französische Handschuhe, zusammen 36 fl., und schrieb ihr, dass morgen die Sepherl kommt und noch Magnesia, Himbeersaft, Hendl und Gans bringt. Stifft machte mit Richart wieder seine Lazzi. Nach Mittag machte ich Besuche in der Leopoldstadt mit Schießl, dann ins Leopoldstädter Theater. Lachte bei der Burleske viel. Richart wartete unser, dann zusammen ins Bierhaus auf der Brandstätte. Mellini kam zu uns und lachten viel, um 11 h nach Haus. Jeanettl war zu Haus und die Sepherl richtete mir alles für morgen her.
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Heiter, warm. Kirchtag in St. Margareth[en]. Im Kärntnertor-Theater „Faniska“ [im Theater an der Wien] „Rich[ard] Löwenherz“. Luftfahrt des Krakowitzer (?) und Männer. Die Sepherl fuhr mit ihrem Bruder nach Baden. Richart frühstückte bei mir, dann ging er zum Maler, ich zum Grafen. Gegen Mittag zur Hruschka gratulieren, vor die Tür war ein Schloss geschlagen. Mittags zu Reimann, lasen Eipeldauers Brief von den Sprachverböserern. Nach Mittag probierten wir die neue Kegelbahn, spielten Billard. Um 5 h kam Richart, in seiner Gesellschaft vergebens zu Sträubl und Morawa, nachher auf den Gartenplatz, von da sahen wir um ¾ 7 h den Männer im Prater mit dem Luftballon aufsteigen. Er stieg schnell, lange sahen wir ihn durch mein Stockperspektiv. Nach 7 h zum Nachkirchtag nach Margarethen, zur Weintraube in den Garten, sehr teuer. Um 10 h nach Haus, fanden niemand. Die Sepherl kam erst um ¾ auf 11 h; Therese geht es gut, die Richart ist sehr unruhig, krank.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).