Ein schöner Tag. im Burgtheater „Rehbock“, im Kärntnertor-Theater „Helene“, im Theater an der Wien „Beruf“, „Waldmädchen“ Abreise der Keglevich, schrieb dem Grafen und empfing Briefe von ihm. Um 10 h mit Kridl in die Porzellanfabrik, um 11 h ins Comptoir zu Dietrich, Verabredung wegen Feistritz. Der Vater Hoffmann, Hansel, dann später Stoß, alle bestürmten mich, mitzufahren. Ich gab nach und bestimmte, morgen um 11 h zu fahren, habe aber Ahnungen gleich dem Schenk, dass mir diese Reise Verdruss machen wird. Mittags um 1 h bei Reimann und um ½ 3 h fuhren wir weg zur Brühl und nach Liechtenstein. Fritz auch mit uns. Wir nahmen Salami, Käse und Brot mit, fuhren durch Brunn, Enzersdorf und Mödling. Wir stiegen gleich anfangs der Brühl ab, gingen zum Wirtshaus, Maierhof, die Wiese hinauf zur Schweizerhütte, tranken Obers und fuhren nach Liechtenstein. Dort begegnete uns die Fürstin mit 3 Wägen. Wir durchstiegen die alte Veste, lagerten und erquickten uns im Wirtshaus, gingen zum Teich, die Anlagen durch und fuhren nach 7 h zurück. Ins Kärntnertor-Theater, fand Gesellschaft. Kurs 259 fl..
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Regen. Im Burgtheater „Die Zweiflerin“, dramat[isches] Spiel in 1 Akt von Adolph Müllner, nachher „Whistpartie“. Im Kärntnertor-Theater „Dorfbarbier“, „Pagen des Vendome“, im Theater an der Wien „Gevatter Mathies“. Den Vormittag arbeitete ich zu Hause, schrieb 2 Briefe an den Grafen, einen für heute, den anderen im Voraus für morgen. Sträubl kam, dem gab ich Wein und zahlte ihm 140 fl. für die Gartenarbeit. Mittags um 12 h Abfahrt nach Feistritz. Die Fahrt ist mir sehr unangenehm. Ein neuer Beamter, Priestersberg (?), Kontrollor, ist mein Begleiter. In stetem Regen kamen wir nach 4 h nach Neustadt, um ½ 10 h trotz ausgetretenen Regenbächen nach Feistritz. Die Reserl führte mich in des Herrn Zimmer: Dietrich mit Hoffmann wurde in Neudorf umgeworfen, lag am linken Auge ganz zerschlagen und geschwollen im Bett. Jean und Klotz saßen bei ihm, dann war ich mit Jean lange allein.
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Peter und Paul. In Feistritz. Vor Mittag heiter, nach Mittag abwechselnd Regen. Früh machten wir vereint alle Anstalten zum Empfang von Stoß und Frau, Schauenstein (?) und Frau, und seines Schwagers, des kaiserlichen Rats Erhard (?). Wir machten aus einem Leintuch und einem blauen Kaffeetuch eine Fahne, ich steckte selbe in der oberen Rundeln aus. Pöller wurden geladen. Hansel und der Stallmeister Perles (?) ritten ihnen entgegen und dann voraus, Pauli blies das Posthorn. Wie selbes ertönte, wurden die Böller abgefeuert. So fuhren sie ins Schloss. Dietrich und ich empfing sie und nach Umarmungen wurden sie in den Speisesaal, dann gleich in die Kirche geführt. Nachher machten die Damen Toilette, die Männer spielten Billard. Stoß machte mir mit einem englischen Stock, worin ein Perspektiv ist, ein Geschenk, womit er mich sehr angenehm überraschte. Mittags alles munter mit Champagner. Unter Abfeuern von Pöllern wurden Gesundheiten getrunken. Da es regnete, wurde Billard und Tarock gespielt, wir Männer bestiegen die englischen Anlagen. Nach 8 h zum Souper, dann ins Bett. Lärm, dass Ritter fallierte.
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In Feistritz. Ich machte den Vorschlag, nach dem Frühstück durch Edlitz Markt nach Thomasberg zu fahren. Im Kalesch fuhren Stoß, Schauenstein und Frauen, in der Wurst Erhard und ich, der Jäger Schuller war unser Führer. Hansel überraschte uns und ritt nach, als Don Quixote Pumpernickel mit langen Stangen, Reisigen. Vor dem Regen flüchteten wir uns in die Kapelle der Schlossruine, Hansel schuf Milch, Bier und Brot, alles erquickte sich. Herrliche Ruine, schöne, romantisch wilde Gegend im hohen Gebirge. Ich besuchte die Hütte des Jägers. Düsteres Grün der Nadelhölzer und Rusten machten die Gegend ernst, oft schauerlich. Gegen 3 h waren wir zurück. Gegen Abend bestiegen wir alle Anlagen und gingen ins Tal bis zur Insel der Liebe, dann ins Schloss, sahen alles an. Abends einige Dekorationen im Theater, wobei die Teichgräber Alpenlieder sangen. Dann gab Hansel ein kleines Feuerwerk. Der Kirchberger Pfarrer war mit dem Feistritzer beim Souper; welch ein Abstand zwischen beiden ! Mit Dietrich Reiseverabredung. Mit Widerwillen begab ich mich in das Grüne Zimmer, der Retirade Gestank ist vollends unerträglich. Ich war schon entschlossen, mit Mühlhammer (?) und Priestersfeld im Billardzimmer zu schlafen.
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Heiter, kühl. Um 5 h frühstückten Hansel und ich, belohnten alles königlich und fuhren ab. Dietrich fährt über Seebenstein, für Stoß machte ich die Anstalt der Reise über den Ramsberg. Um 7 h in Kranichberg, Schloss und Brauerei des Erzbischofs. In Wörth kommt man auf die Poststraße, über Köttlach, Wimpassing, Neunkirchen usw. um 11 h in Neustadt, Diner, aßen Schnitzel und Würstel, um 3 h in Wien. Fiel mit dem neuen Perspektivstock und zerbrach 2 Gläser, sehr unangenehm. Der Graf kam gestern Mittag. Früh war Therese bei ihm und sagte, ich sei gestern von Mirus geholt worden, um eine Realität anzusehen. Machte alles sehr gut, der Graf nahm es gut auf und weg war die Besorgnis. Therese machte alle Vorkehrungen zur morgigen Badener Reise. Sie wird beim Eipeldauer (?) wohnen, das Zimmer täglich 2 fl. Ich gab ihr 250 fl. Mehl und Brot sind teurer, das Fleisch blieb bei 35 x. Den ganzen Nachmittag arbeitete ich. Bei Therese waren die Peter, Richart, Ritz (?), Goldmann. Kaffee auf dem Balkon. Abends wegen meinem Stock-Perspektiv zu Rospini, zu Arenberg. Nach Haus, fand Jungmann, mit ihm und Joseph Hoffmann zur Weintraube. Im Kärntnertor-Theater „Buchstäb[liche] Auslegung“, ritterl[iches] Divertissement, Mlle. Rozier tanzt mit ihrem Bruder; im Theater an der Wien „Arthur“, neues Trauerspiel in 5 Akten nach Joh[ann] Bouilly von Franz Kramer. Kurs 250 fl..
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).