Trüb, kühl. Im Kärntnertor-Theater „Uhr und Mandeltorte“, von Kotzebue, „Komödie aus dem Stegreif“; im Theater an der Wien „Abgebranntes Haus“, „Wäschermädchen“. Den Vormittag beim Grafen, zur kranken Jeanettl, da begegnete mir Wohlfahrt und lud mich zum Speisen. Sie hat mir den 3. und 4. Stock gezeigt, recht angenehm und verständig eingeteilt, niedlich eingerichtet. Ich blieb bis 4 h. Dann in Gesellschaft, abends ein gebratenes Hähnl, begegnete Joseph Hoffmann, er begleitete mich nach Hause. Kurs 272 fl., steigt ohne Grund.
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Im Kärntnertor-Theater „Lohn und Strafe“, „Übelgehütetes Mädchen“, im Theater an der Wien „Das Leben ein Traum“. Sehr früh zum Grafen. Heute schrieb ich dem Simony einen langen Brief, bestätigte ihm den Eingang von 2 Eimern Simontornaer, legte ihm eine Erklärung des Finanzpatentes bei und beruhigte ihn wegen dem Grafen. Um 12 h mit Morawa und Sträubl auf meinen Gartengrund, Konferenz mit Adam, weil die Stadthauptmannschaft eine 5 Quadratklafter breite Sackgasse will. Ich erklärte, keinen Schuh mehr wegzugeben und dem Adam die abgetretenen 7 Schuh abzukaufen. Dann in die No. 56, zahlte Zins und akkordierte für 1817. Mittags bei Reimann, nach Mittag zu Haus, arbeitete. Große Unterredung mit Mühlhofer, welcher vom Dietrich 50.000 fl. zum Steyrer (?) Holzschlag und Schwemmung will. Werde schwer etwas bewirken. Später zum kranken Schmirer (?), Hönig, zur Moser, brachte den „Sammler.“ Fand sie wieder im Bette, weil sie mit dem Alexander über die Stiegen fiel. Im Schüttel-Garten soupierte ich, leer wie überall. Mit Fechner in die Stadt, um 10 h im Bett. Kurs 282 fl., schrecklich !
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Heiter, sehr warm. Im Kärntnertor-Theater „Fähndrich“, „Zweiflerin“, Lustspiel in 1 Akt von Dr. Müllner. Im Theater an der Wien „Rich[ard] Löwenherz“. Früh kam der Brunnenmeister Michael Schaden, welcher künftige Woche den Brunnen anfangen wird. Ich akkordierte für die Klafter 70 fl und gab ihm 200 fl. Darangeld. Kibrik (?) brachte 2 Gänse, 10 Hähnel und 40 Eier, zum Grafen, zahlte dem Kibrik die Rebhuhneier. Zur Langer (?), welche Krida machte, Rodler. Sturm mit Breyer und Weber, wegen Amboss setzen vor seinem Hause; der Schlosser übt alle Willkür aus. Mittags mit Kridl beim Lamm in der Naglergasse, dann bei Schmirer Kaffee. Nach Mittag zu Hause, schrieb dem Ullmann ein Billett wegen Amboss des Schlossers, schickte Richart mit einem Billett zu Peter. Abends in Jungmanns Gesellschaft auf meinen Gartengrund. Hansel sprach ich wegen Peter Mühlhofer und der Waldabstockung, ist nichts zu machen. Kurs 291 fl., in der Bank zahlen sie nicht mehr als 7000 fl. aus. Früh um 2 h stellen sich die Leute zum Umwechseln an. Nirgends wird mehr Wort gehalten. Heute legte der Kaiser den Grundstein zur technologischen Schule; möchte er den Grundstein zum Wohle der Monarchie legen ! Später im Garten der Weintraube soupieren; schöner Garten, schöner Mondabend.
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Warm. Im Kärntnertor-Theater „Tochter Pharaonis“, „Uhr und Mandeltorte“, „Fest in Kisbér“. Früh zum Grafen, Kommission wegen Breyer. Der spottende Schwabe besteht, trotz Baukonsens und Erklärung, seinen Amboss nicht weg zu nehmen. Später zum Ullmann mit Rohrweck, zu Bertoli wegen Wolle. Mittags mit Moll bei Wohlfarth, nach Tisch zu Reimann, gab ihnen die Loge im Kärntnertor-Theater, sah mit ihm den ehemals Franz Pálffy’schen Garten, welcher ganz verwahrlost. Dann mit Wohlfarth August und Gottlieb in die Porzellanfabrik, welche ihnen sehr gefiel. Ich machte einen Besuch bei Kridl, aß Rostbraten vom Hirschen, empfahl mich bei Reimann im Herausgehen und ging ruhig nach Haus. Da fand ich einen höchst erzürnenden Brief von dem undankbaren Weibe, der ihr künftiges Wohl und sorgenlose Tage mein Werk ist. Sie droht mir mit der Gerechtigkeit, Trennung, das kommt von ihren abgefeimten Ratgebern und Helfershelfern. Ich zitterte am ganzen Leibe, war bis zur Wut gereizt dass ich mich augenblicklich niedersetzte und ihr antwortete, wie sie es verdient. Der Kauf des Hauses entlarvte sie. Sie will nach ihrem Tode frei disponieren und mir das Vermögen entreissen, welches ich mir erwarb; schändlich ! Ich schlief diese Nacht nicht. Um 1 h erhob sich ein wütender Orkan, der alles zu zerstören drohte.
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Den Vormiittag trüb, nach 3 h Gewitter, abwechselnd starker Regen. Im Kärntnertor-Theater zum ersten Mal „Dichter und Tonsetzer“, Oper in 3 Akten vom seligen Dalayrac, übers[etzt] von Treitschke; mit Rosenfeld und Forti, gefiel sehr. Im Theater an der Wien „Pächter Robert“, „Waldmädchen“. Ankunft einer Partie Bertolischer Wolle von 13,58 (?) Zentner (?). Verdruss mit dem Narren; musste auf des Husaren Rückkunft bis nach 1 h warten. Hatte mit Ullmann, Weber Deliberation wegen dem Stock des Schlossers, welcher nicht geduldet werden kann. Dann fuhren Jungmann und ich zur Gumpendorfer Linie, speisten im Meidlinger Gast- und Badehaus, spielten nachher Billard und warteten 2 Regengüsse ab. Als wir dem Schönbrunner Garten nahe waren, kam ein neuer Regen. Ich in Schuhen, leichten gestreiften Beinkleidern, Frack aus Casimir. Trotz Verbot und Zurückweisung beredete ich doch eine Burgwache, uns durch den Garten zur Menagerie zu führen. Ein Wärter übernahm uns und führte uns zu dem Bären, Elefanten, Affen und schließlich zu dem jungen, 3 Monat alten Löwenmännchen, vom Dey von Tunis. Einer seiner zwei italienischen Wärter hatte ihn bei sich auf dem Bette und spielte mit ihm. Dieses Löwerl schenkte die Prinzessin Wales unserem General Pino und dieser schickte ihn dem Kaiser. Er ist lichtbraun, etwas gescheckt, hat die Größe des größten Katers. Sein Schwanz ist so lang als sein Körper. Er schreit, dass man ihn auf 30 Schritte hört, frisst täglich 2-3 Pfund rohes Lämmernes und saugt an 2 Ziegen, einer roten, an welcher wir es sahen und einer schwarzen. Jungmann und ich streichelten den einstigen König der Tiere an Kopf, Körper und Schwanz, nahmen seine Füße, welche beinahe so dick wie mein Arm sind. Nach einem Jahr möchte ich es nicht wieder versuchen. Nachdem wir uns lange aufgehalten, alles beobachtet hatten, gingen wir im Regen und tiefen Kot, dass ich jeden Schritt besorgte, den Schuh zu verlieren, zum Theater des Malanotti, gebaut von Kornhäusel: recht hübsch, bequem und geräumig, mit einem Rang Logen, dann Galerie. Ich sagte: „Jetzt sollte der Kornhäusel kommen und uns in die Stadt fahren !“ Gleich darauf erblickte ihn Jungmann; groß war unsere Freude. Er bot uns gleich seinen Wagen an, wir trockneten uns, indessen er Verschiedenes ordnete. Mit Kornhäusel verabredete ich manches wegen meinem Gartengebäu, und dass wir künftige Woche zusammen hinaus fahren und in facie loci alles bestimmen wollen. So war ich um ½ 8 h, aber immer noch ganz durchnässt, im Kärntnertor-Theater. Im Parterre fand ich Stabl, Ortner, Pfersmann, Kridl. Die Oper unterhielt mich recht angenehm, Rosenfeld und Forti wurden vorgerufen. Nachher zur Weintraube und immer noch nass ins Bett. Kurs 273 fl..
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).