Trüb; es heiterte sich auf, abends trübte es sich wieder. Im Burgtheater „Quälgeister“, im Kärntnertor-Theater „Strickleiter“, „Dorfbarbier“, im Theater an der Wien „Junge Zigeunerin“, Mlle. Pöschl tritt auf. Bei Kerner (?) „Abendstunde“ und „Dorfbarbier“, beglückte Hitzinger, Richart und Jungmann mit Billetts. Den Vormittag beim Grafen, um 10 h zu Keglevich. Zu Reimann, welche ich für den 19. zur Optik eingeladen, blieben einen Augenblick in Gesellschaft. Bei Biedermann, welchem ich 3000 fl. in Zwanzigern auf 4 Monate zu 10% gab. Fuhr mit dem Grafen in den Kaunitzgarten zum Rosenzweig, sahen die Stallungen, Schupfen, Reitschule, dann zum Fabrikanten Herrmann. Mittags allein, Richart, sie tranken mit uns Kaffee, er arbeitete an der Optik, ich mit ihr abends zu Kerner (?). Jux mit Richart, dann in die Weintraube. Therese ging mit den 2 Dräxler (?) und der Hunglinger auf die Glacis.
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Trübe, abends Wind, etwas Regen. Im Burgtheater „Wallenstein“, im Kärntnertor-Theater „Colomanns Rache“, „ 4 Schildwachen“, im Theater an der Wien „Befreites Jerusalem“, brachte dem Stifft, Klemp und Phillebois Billetts und lud sie für den 19. zur Optik. Heute empfing ich Briefe vom Fiby und Motesiczkys Taufschein, ging zum Trümmel. Den Vormittag beim Grafen; Graf Carl ist so impertinent, dass ich dem Vater alles sagte, welcher ihm mit Ohrfeigen drohte. Mittags allein. Neefe erhält monatlich 15 fl. Zulage, ist nicht zufrieden. Nach Mittag zur Mirus, sie kam schon wieder 3 Tage nicht aus dem Bette, ist sehr schwach. Zu Peter, ins Leopoldstädter Theater, sehr voll, kam dort mit Trümmel zusammen. Sehr voll, der russische Hof kam nicht, obwohl er angesagt und sogar der äußere Vorplatz erleuchtet war. Sprach wieder mit Huber und Hensler wegen Neefe, habe beide geladen. Heute sah ich die Herzogin von Parma und ihren Sohn Napoleon. Mit Richart war ich auf dem Rückweg. Therese zog 1 Eimer weißen Wein ab, gab 70 Bouteillen
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Heiter. Im Burgtheater „Freemann“, das Kärntnertor-Theater wegen Spektakel in der Redoute geschlossen. Im Theater an der Wien „Pumpernickel“, im Leopoldstädter Theater tritt die H[ure ?] – unverbrennbare Bettl – als Mlle. Keller mit Ehrimfeld in der „Brieftasche“ auf, Lustspiel in 1 Akten mit eingelegten Szenen. Den Vormittag beim Grafen, Keglevich, in Gesellschaft, kaufte Verschiedenes. Mittags allein, nach Mittag kamen Richart, Jungmann, Werlen, welchen ich wiederholt an den Trümmel (?) empfahl und ihm ein Briefchen an die Fährmann (?) gab. Mit Kridl und Topolansky (?) in die Porzellanfabrik, dann ins Leopoldstädter Theater, fand Jungmanns Compagnie. Die Unverschämtheit dieser Dirne war groß, ebenso das Klatschen, Zischen und Pfeifen; sie wurde vorgerufen. Ich ging in die Weintraube. Heute verbreitete sich die Nachricht von Napoleons Flucht von Elba.
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Ein finsterer Tag, kalt, trüb. Im Burgtheater „Schmuckkästchen“, im Kärntnertor-Theater „Waisenhaus“, im Theater an der Wien Karl Krügers Einnahme „Haakon Jarl“, Trauerspiel in 5 Akten von Oehlenschläger. Als ich früh zum Grafen kam, war sein erstes Wort Napoleons Flucht. Er sei von Elba auf 4 Schiffen mit 1500 Mann entflohen, man vermutet nach Neapel. Der Kurs stieg von Stunde zu Stunde und wurde mit 293 ¼ fl. notiert. Die Bestürzung ist allgemein. Mit Therese bei Richart, Kárner erzählte mir von Wassermanns (?) gestrigem Begräbnis. Therese fuhr mit Richart und Josephine in die Neugasse zum Federschmücker mit dem Paradiesvogel, hatte Besuch von der Nanette Peck und der Frau von Wenzen (?), bei Mühlhofer tranken sie Kaffee. Ich ging zu Motesiczky ins Korrektionshaus, dann zur Rosen.
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Trüb, die Barometer fallen, abends regnete es sehr stark. Im Burgtheater „Es spukt“, „Folgen des Maskenballs“, im Kärntnertor-Theater „Neuer Gutsherr“, „Zephyr und Flora“, Mlle. Ghinetti von Toscana tritt auf. Im Theater an der Wien „Haakon Jarl“, missfiel. Den Vormittag beim Grafen, Theaterkasse, erhob von General Baron Georg Wrede durch Jakob Levi bei Demscher 4000 fl. Zwanziger. Mittags allein, heute schrieb ich an Fiby nach Jablonitz. Nach Mittag zu Haus, zum Franz Pálffy wegen Fasaneiern, zu Rospini wegen Sonne. Heute reiste die russische Kaiserin nach München ab, von unserer Kaiserin bis Kemmelbach begleitet. Mit Franz Wenzel von Ehz. Carl ging ich zu Rumpelmayer, weil am Sonntag das Regiment nach Italien marschiert. Um 7 h mit Therese und Joseph Hoffmann zu Benkós Optik, Richart folgte. Er zeigte uns seinen Mechanismus, seine Beleuchtung ist nicht stark genug, seine Bilder – Saragossa, Sonnenaufgang, Schweizer Gegend, Nussdorf, Rheinfall und sein Kaffeehaus im Prater. – sind schlecht. Wir unterhielten uns gut, dann wurde mit Aufgeschnittenem serviert.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).