Warm. Im Burgtheater „Deutsche Hausfrau“, „Dankbarer Sohn“, im Kärntnertor-Theater „Vestalin“, im Theater an der Wien zum Vorteil des Caché „Wunderkur“, Lustspiel in 4 Akten von Costenoble nach Molière. Mir ist nicht wohl, Kopfweh und Schwindel quälen mich. Früh arbeitete ich zu Haus, dann zu Quarin, brachte ihm die Badener Fremdenlisten, plauderte lange. Fuhr wegen 3 neuen Wägen für Joseph Szapáry zum Brandmayer, arbeitete im gräflichen Hause, hatte mit Arnsteiner wegen dem Fall von Rich[ard ?] Jäger, Fleischhacker, große Konferenz. Um 2 h fuhren wir zur Terzaghi speisen. Mag[istrats]rat Huber schrieb mir, dass morgen die Urteilsankündigung des Andreas Brauneis von Stockerau geschehe, welcher 29 Jahre alt, Wirt in Stockerau war und im Verdacht, als ob er seinen Schwie[ger ?]vater ermordete, und jetzt Einlösungsscheine, 43 à 5 fl. und 9 à 100 fl. verfertigte. Ich ging hinauf, sie geschah im Bureau des Rats Brand durch Unter-Comm[issar] Hollein (?) in Gegenwart von 2 Secretairs, des Arzts Guldner (?). Er nahm es sehr gelassen an, sprach nichts, und auch auf die Frage, ob er der Hausgeistlichen den einen oder anderen wolle, sagte er, es sei ihm einer wie der andere. Er wurde auf den Platz geführt, das Urteil samt Verbrechen ihm vom Seiser (?) in Gegenwart von 6 Mag[istrats]-Räten, welche saßen, nochmals verlesen, dann kam er mit dem Dominikaner in ein Zimmer, setzte sich an eine weiche Tafel, worauf ein Kruzifix und frische Blumen standen. Niemand wurde eingelassen. Mit Radl fuhr ich ins Josephstädter Theater, fand Kornhäusel und Huber, zum Vergolder Weitenhiller und Flötenspielmaschinisten Bayer, dann zu Schießl, der Preßburg fertig machte und für Therese als Surprise ein Schiff entwarf. Bei Terzaghi unterhielten wir uns gut und um 4 h fuhren wir nach Haus, zum Brandmayer, Radl, Peter, wo wir den Abend blieben. Ehrimfeld und Richart kamen nach. Wir tranken Tee, ich aß weiche Eier.
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Drückende Hitze. Im Burgtheater „Kleine Putzmacherin“, „Deutsche Kleinstädter“, im Kärntnertor-Theater „Waisenhaus“, im Theater an der Wien „Wunderkur“, missfiel. 2. Feuerwerk „Die 4 Elemente“. Früh arbeitete ich in Institutsangelegenheiten, dann zum Offenheimer. Franz Reich räumte sein Quartier und zog sich zur Rosel Mayer, seiner Gattin. die arme Platzer wurde mit der Äußerung, dass Reich nun ein Bettler sei, von der Gattin abgewiesen. Die Krieghammer, Arnold besuchten mich, hatte vollauf zu tun. Nach Mittag zu Haus, um 5 h kam der Graf. War bis 7 h bei ihm, dann mit Ehrimfeld in den Prater. Fanden Compagnie, die Simon (?), Castelli, Hassaureck, Gimnich, Appel mit Frau, nach dem Feuerwerk kam Wagner zu uns; übrigens wenig Menschen, Ehrimfeld schlich sich mit der Krünes davon, wir soupierten beim Mondschein, um 12 h bei Mondenschein unter griechischem Chor nach Haus. Therese ging abends spazieren. Sonntag in der Nacht erhängte sich Reichsbuchhalter Gruber, ein ältlicher Mann von 76 Jahren, mit seinem Halstuch an der Tür. Er konnte den Fall nicht überleben. Nach 11 h trug man ihn gestern unter großem Zulauf fort. Welch ein Schlag für die Familie !
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Schwül. Im Burgtheater zum 1. Mal „Dichter und Schauspieler“, Lustspiel in 3 Akte nach Dupaty, dann „Grüner Domino“. Im Kärntnertor-Theater „Augenarzt“, im Theater an der Wien „Abendstunde“, „Zauberkampf “ Den Vormittag beim Grafen, zu Biedermann, Liebisch, mit Radl Anguinette kaufen. Mittags allein, nach Tische zum Grafen, Offenheimer. Blieb bis 7 h, Ehrimfeld holte mich ab, gingen zusammen ins Josephstädter Theater, fanden die 2 Huber, Kornhäusel, viel gearbeitet. Nach 8 h auf die Glacis, bekamen Hunger und soupierten in Compagnie beim Schlössl.
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Sehr warm, gegen 5 h trübte es sich, ein Gewitter drohte auszubrechen. Im Burgtheater „Dir wie mir“, Lustspiel in 1 Akt von Sonnleithner, „Dichter und Schauspieler“. Im Kärntnertor-Theater „Ferdinand Cortez, Eroberer von Mexico“, Oper in 3 Akten, Musik von Spontini, und Ballett von Duport; im Theater an der Wien „Räuber“. Früh zum Grafen, sehr beschäftigt. Hinrichtung des Einlösungsschein-Verfälschers Andreas Brauneis, welcher sich standhaft betrug, und schon auf der Leiter seinen Freimann und die 2 Henker küsste. Mit jungem Huber fuhr ich um 9 h zur Richtstätte. Es war schon vorüber, er sah sich nicht mehr ähnlich. Eine ungeheure Menge Menschen drängte sich hinzu. Mittags speisten Lonneux, welcher künftigen Mittwoch abreist, Frau, Mutter Asolli (?), Fanny mit Schwester und Ehrimfeld bei uns. Dann in den Keglevich’schen Garten, sah die Schafe von Pictet, welche DeCaro kommen ließ, dann zum Grafen, Rohrweck. Therese hatte Probe von der „Zauberflöte“. Wisenfeld und Jeanettl besuchten uns. Nach Mittag ließ ich mit des Grafen Equipage Therese mit Lonneux und Anhang zum Lusthaus führen Nach 6 h fing es zu wettern an und dauerte mit Zwischenräumen die ganze Nacht. Therese stieg bei Peter ab und musste wegen Wetter bleiben. Ich war im Kärntnertor-Theater, plauderte mit Teiner (?), Hassaureck, Grafen, Terzaghi und musste im starken Regen nach Hause gehen.
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Trüb, kühl, Regen. Im Burgtheater „Adelheid von Burgau“, im Kärntnertor-Theater „Lotterielos“ und „Blöder Ritter“, Duport zum letzten Mal; im Theater an der Wien zum ersten Mal „Tamerlan“, Oper in 4 Akte aus dem Französischen, Musik von Winter. Durch Sepherl schickte ich Therese Schuhe und Kleid, dem Radl schickte ich Tabakspfeifen und Tabak. Den Vormittag beim Grafen. Die Sanenz (?) ist unser Gast. Therese hatte Besuch von ihrer Mutter und Probe von der „Zauberflöte“. Die Sanenz mit der Blachlin (?) führte Therese ins Kärntnertor-Theater. Ehrimfeld erwartetete sie am Tor. Ich schrieb meiner Mutter, schickte ihr 25 fl. welche ich ihr bei Stessel anwies. Dann ging ich zur Moser, zur Lonneux, brachte ihr Theresens Namenbuch und Bild, welches sie sehr freute. Über die Glacis kam ich um 8 h ins Theater, fand das Parterre sehr voll und ging auf die Bühne; Arrigoni war mit mir. Bei Therese war Holzinger, ich holte sie ab.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).