In Ács Messe um ½ 6 h vom Pfarrer Kovács, dann Reise nach Simontornya. In Kisbér bei Tonerl Batthyány – die Gräfin Cecile Raggendorf (?) – hielten wir, ich ließ mich in dem schönen englischen Garten herumführen, sah den Teich, die Schweizerei, die Grotte mit Souterrain, oben einen Tempel, umgeben von Weingebirg, die schöne Orangerie, in der Mitte ein runder Kuppeltempel, oben in der Kuppel Platz für das Orchester. Das Ganze ist Stuckarbeit, sehr geschmackvoll gearbeitet, daran stossen ein paar niedliche Kabinette. Rechts und links sind kleine Felsenpartien, das niedliche Theater, gemalt von Travaglia. Das Schloss – worin 48 schöne, manche prächtig möblierte Zimmer – hat von rotem Marmor Stiegenpfeiler, die halb antik, halb modern sind. In Stuhlweissenburg beim Adler, neben dem Haus des Grafen Schmideg (?) welches zierlich mit Geschmack gebaut ist, speisten wir. Ich lief herum, sah den Bischofspalast, das alte Rathaus, die Domkirche, wovon die Türme repariert werden, die Kaserne, das Theater zum Schwanen – gehört dem Szluka, gebaut im Hofe, mit Galerie, 2 Logen, 2 Parterren, in der Größe wie jenes von Eisenstadt – das schöne Komitatshaus. Um 2 h fuhren wir weg, spannten auf der Puszta Láng um. Hier ist der Sitz des jungen dikken Zichy, der ein großes Schloss baut. Um 6 h kamen wir bei abwechselndem Regen und Wind nach Simontornya. Mericzay, Hofrichter Simony, Fiskal Végh, Rentmeister Rimay fuhren uns entgegen. Wir stiegen beim neuen Schafstall ab, sahen den großen Stadel mit Granarium, bestimmten den Platz für das Gestüt, sahen die Pfeiler des neuen Heustadels, gingen dann in die Beamtenwohnung, in welcher auf 6 Gäste Zimmer sind, wo wir wohnen. Ein angenehmes Haus. Csiba, Aktuarius und ich gingen in den Markt, in die alte Styrumsche Kapelle, aber nicht eingerichtet, sahen von außen der Franziskaner Kloster und Kirche. Sahen den alten Simony-Turm mit Veste, worin Granarium und Kerker. Der Poronlab (?) wohnt in der Ruine. Beim Souper waren der Komitatsfiskal Bodó (?) und Simony, erst um 11 h kamen wir ins Bett. Auf der Reise sprachen der Graf und ich sehr ernst, von Vinzenz, seiner Bestimmung, seiner Heirat mit Lori Zichy, der Übergabe von Pernau, seinem Tun beim Fürsten, meiner Verfolgung, vom Hause der Czernins, seinem Verhältnis mit Joseph[ine ?] und der schändlichen Behandlung Theresens. In Láng bei Zichy fanden wir einen sehr gebildeten Wirt, der einst bei der Schwiegermutter Festetics des Grafen Bedienter war.
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In Simontornya. Mir gefällt es hier, Erinnerung an meine Jugendjahre. Um 6 h stand ich auf, war sehr müd. Der Tag ist heiter; nach dem Frühstück fuhren der Graf, Mericzay, Simony und ich den Kanal des Sió zu sehen, welcher jetzt unter Leitung der Kameral-Wasserbau-Ingenieure Sador und Weiß abgezapft und wodurch außerordentlich viel Land gewonnen wird. Dann durchgingen wir die Weingärten, kosteten an 2 Stellen des Weingebirges weiße und rote Weine und fanden bedeutende Verbesserungen der Ökonomie. Ein Gewitterregen überraschte uns. Dann gingen Csiba, Rimay der Kontrollor und ich in die neu erbaute, aber äußerst arm und geschmacklos verzierte evangelische Kirche. Um 1 h wurde gespeist, gestrige Gesellschaft, langweilig, nur war statt Bodó Barbacsy. Ich schrieb an Therese. Über Földvár fuhren wir auf die Puszta, die Fohlen zu sehen, besuchten das Franziskanerkloster, die Styrumsche Kapelle, die Ruine des Simony-Turmes. Die Kirche ist schön, das Kloster im Viereck gebaut, der alte Guardian ein würdiger Mann. Abends große Deliberation und Einteilung des neuen Gestüthofes am Stadlgarten, dann hielten Mericzay und ich Kolloquium über Gittigs schlechte Wirtschaft. Um 11 h ins Bett.
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In Simontornya. Heiter, kühl. Fahrt nach Pélt (?) und Székely, abends zurück. Ich hatte eine elende Nacht, schlief wenig, wälzte mich von Blähungen, die ich dem weichen Brote zuschrieb, die ganze Nacht im Bette herum und fühlte mich am Morgen sehr ermattet. Die Simony fuhr nach der Puszta Pélt voraus, um da bei den Schafen für uns zu kochen. Um 7 h fuhren wir in 2 Wägen, bei dem nur 1 Stunde entfernten Tiergarten hielten wir, sahen die eben hierher getriebenen Fohlen und fuhren nach Groß-Székely, einem meistens von Hessen und Darmstädtern bewohnten Dorf mit einer schönen reformierten Kirche. Sahen das Vieh, welches das ordinärste der Herrschaft ist und fuhren weiter nach der Puszta. Der Weg ist meistens durch den Wald, die Gegend leicht gebirgig und sehr angenehm. Da blieben wir bis 5 h Nachmittag, sahen die Schafe, Lämmer, die Wiesen, Äcker, Weingärten, Tabakäcker, Wirtschaftsgebäude. Ich bekam Abführen, so wurde mir besser, aber sehr matt. Im Rückweg nahmen Csiba und ich die Verwalterin zu uns, stiegen Groß-Székely ab, sahen die deutsche und ungarische reformierte Kirche, Predigerwohnung und Seminarium. Bei schönem Abend kamen wir nach Haus, gingen in den Hof und Stadlgraben, plauderten vor dem Haus, und wurde um 9 h, als die anderen zum Souper gingen, in meinem Bette erfreut.
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In Simontornya. Heiter, mir ist wohl. Nach 6 h zum Grafen. Der Wasseringenieur Sador reiste ab, der Graf wollte ihn bei Tische haben, um mit ihm zu unterreden. Fahrt nach dem Tiergarten, zurück nach Klein-Székely, nach Mittag nach Ozora. Im Tiergarten fuhren wir bis zum Waldhüter, sahen die 19 Fohlen, in Klein-Székely besuchten wir den Schaffer Varga, und passierten im Simontornaer Wald die Kapelle, wo Graf Johann Styrum am 9. November 1791 auf der Jagd am Schlage starb. Mittags speisten Bodó und der Prediger von Groß-Székely mit uns, die Abreise wurde für morgen festgesetzt. Gegen 11 h fuhren wir nach Ozora. Ich freute mich, den Ort zu sehen, wo ich im 17. Jahre 1786 zu dienen anfing. Szák, Verwalter, mit mir zugleich beim Wirth Praktikant, war nicht zu Haus. Ich besuchte Wirths (?) Witwe, sie freute sich sehr, mich zu sehen. Gingen ins Schloss, fanden Mericzays Bruder, Schaffer, sahen die Gefängnisse, einen Buben von 12 Jahren, welcher in St. Lörincz seinem Vater das Haus anzündete, eine Diebin, die im Kerker schwanger wurde, zwei Räuber und Mörder, die im finsteren Gefängnis an schweren Ketten angeschmiedet sind. Das ganze Schloss ist jetzt Granarium. Als ich mit Simony ins Gestüt zurückkam, ließ Dischinger (?) eben die Hengsten vorführen, auch den berühmten, von General Rapp gekauften Araber Emir. Wir blieben um Gestüthof bis ½ 7 h, fuhren dann unter kleinem Regen und doppelten Regenbogen über die Puszten St. Peter und Vama (?) zurück. Wir waren um 8 h zurück, gingen noch herum, setzten uns vor das Haus. Um 9 h wurde soupiert, dann zur Ruhe.
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Um 5 h brachen wir von Simontornya nach Ács auf, ein schöner Morgen. Mericzay und ich verabredeten uns, dass er Montags nach Ács komme und wir zusammen Dienstag nach Preßburg. Zu Weissenburg nahmen wir ein Schnitzel, fuhren über Moor, sahen die Risse der vom Erdbeben erschütterten Häuser des Barons Lusinsky, das Schloss des Grafen Lamberg, dann über Sárkán in unerträglicher Hitze und Staub ohne aufzuhalten nach Ács, wo wir um 6 h waren. Ich wusch mich, wechselte das Hemd und fuhr dann mit Louis, Arnold und Lebel in des Pfarrers Weingarten zur Jause, die ich mir schmecken ließ. Der Kaplan führte uns zur Großen Donau, schöne Lage. Beim Grafen war General Dedovich, Komorner Kommandant, erzählte, dass Ehz. Anton zwar den Landtag, ohne wegen der Skala oder anderen Artikeln etwas zu bestimmen, und nicht in der Eigenschaft als königlicher Kommissär, am 31. Mai auflöste, dass alles verblüfft auseinander ging, dass man im August einen neuen Landtag hoffe; dass der Kaiser in Prag sei und die ganze Familie dahin reise, die Kaiserin Louise zu sehen. Ein Brief von meinem braven Weibe erfreute mich sehr, sie schrieb mir Brauns und Hartls gute Aufnahme in dieser so fatalen Angelegenheit.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).