Kalter Wind. abends eine Weile Regen, unangenehm stürmischer Tag; Fahrt nach Preßburg über Hochstrass, Wieselburg, Ragendorf, Carlburg und Kittsee. Um 6 h besuchten wir noch die Dom-, Jesuiten- und Karmeliterkirche. Auf dem Hauptplatz bei der Jesuitenkirche sahen wir das Kaffeehaus und den Redoutensaal des Wolf, ziemlich geräumig, seit 18 Jahren gebaut, geschmacklos, so gewiss gotisch gemalen und mit hölzernen Bänken u. dgl. Um 7 h über Hochstrass nach Wieselburg, speisten und blieben da in der Krone bis 2 h. Die erste Erscheinung war ein russischer Oberst Nikits, mit einer bekannten schwarzen Dilettantin aus Wien, welcher Tag und Nacht die Reise nach Wilna zum Kaiser und dann nach Petersburg macht; eine Bande von 7 Zigeunern, wovon der erste Violine und Violoncello sehr brav spielte, dann viele Händler, welche sehr unterhaltend waren. Bei Mericzay stieg ich ab, die Keglevich schickte schon, dass Quartier bei ihr bereit sei. Bei Petter fand ich Briefe von Therese und Ehrimfeld, sehr freute es mich, dass Therese die Königin der Nacht spielt. Mit Arminy auf die Promenade, kam mit Kleinheinz und Forti zusammen, war bei Zimmermann. Abends Souper bei Keglevich, mit Graf Gatterburg, Fiquelmont, Valentits, Balassa. Gegen 12 h ins Bett.
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In Preßburg. Kalt, windig. Heute besitze ich mein geliebtes Weib 12 Jahre. Schon beim Erwachen freute ich mich ihres Besitzes und der gestrigen Nachricht. Früh schrieb ich in meinem Zimmer, war beim Grafen, der Gräfin, Graf Carl, der Keglevich. Dann gingen wir ins Halzlische Haus, teilten Zimmer, bestimmten Dekorierung. Besuchte Mericzay, mittags bei der Keglevich. Mit dem Grafen passierte ich den Hauptplatz, große Wachtparade, General-Inspecteur Sommariva musterte. Der Graf ist nicht wohl, legte sich, ich musste mit der Gräfin zum zweiten Mal das Halzlische Haus ansehen, alles beurteilen. Bei Obermayer kaufte ich Tabak und Pfeifen. Den ganzen Vormittag mit und bei dem Grafen, nach Mittag blieb er im Bett. Ich machte mit Petter Verschiedenes im Quartier, ging zu Zimmermann, dann zusammen mit Kleinheinz und Arminy beim Grassalkovich hinaus in den Kastaniengarten. Es heiterte sich aus, wurde wärmer; die bewog uns, durch das Tal, über den Kalvarienberg durch Wiesen und Weingärten zum Batzenhäusl zu gehen. Dort wurde Kaffee und Wein getrunken, Würsteln, Butter und Rettich getrunken [sic]. Wir fanden elegante Gesellschaft, der Gitarrespieler Kaplan Kesselborn. Die Promenade zurück über den Berg hinab gewährt eine prächtige Aussicht über Preßburg, die Inseln und Auen der Donau. Um 8 h kamen wir zurück, zum Grafen, auf der Promenade türkische Musik. Fand Pásztory mit Carl, Forti, wurde vom Grafen abgerufen. Nach 9 h zu Mericzay beurlauben, zum Souper, um 11 h in mein Zimmer. Schrieb bis 12 h, dann erst sehr müd ins Bett.
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Kalt. Um 5 h früh mit Arnold nach Wien. In Fischamend nahmen wir ein Frühstück von Krautfleisch und Schnitzeln, und um 12 h waren wir in Wien. Therese hatte eben Probe von der „Zauberflöte“. Herzlich war unser Wiedersehen. Ich brachte Speck und guten Zwieback mit, ordnete, arbeitete gleich, ging ins Haus, um Verschiedenes anzustossen, fuhr mit Therese zu Radl, die Arbeit der Maler zu sehen, zum Lichnowsky wegen seinen 3 Widdern, durch den Prater zur Moser wegen der Bagage des Louis. Zur Terzaghi in den Garten wegen Brief, zum Högler, zum Huber ins Josephstädter Theater, fand schon die Galerie stehen. Zum Brandmayer und in die Porzellanfabrik. Zu Haus fanden wir Ehrimfeld und die 2 Goldmann. Ich aß Fisolen. Lichnowsky kam, mit dem ich noch wegen seinen 3 Widdern große Dissertation hatte. Mit Therese und Ehrimfeld zu Lonneux. Morgen ist das Namensfest seiner Frau, Ehrimfeld überraschte sie mit einer Harmonie; denn binnen 10 Tagen reisen sie nach Lemberg. Ich postierte mich in ein dunkles Zimmer und schlief. Um 12 h kamen wir nach Haus.
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Ein warmer Tag. Im Burgtheater „Hagestolze“, im Kärntnertor-Theater „Ferdinand Cortez“, im Theater an der Wien Mlle. Maas von Berlin als „Aschenbrödel“. Früh ordnete ich manches zu Hause, fuhr zu Lichnowsky, übergab die Widder, zur Moser, Terzaghi, ins Diana-Bad, dann zu Radl speisen. Ehrimfeld war auch da. In Rücksicht auf Maler, Tischler und Schlosser ordnete ich manches an. Nach Mittag kam Peter mit Rosenthal (?), ich ging nach Haus. Abends in Ehrimfelds Compagnie ins Theater an der Wien, sehr voll, war in der Loge bei Hassaureck. Nach dem 2. Akt begaben Castelli, Korntheuer und ich uns ins Meidlinger Theater, mit 8 Löwen, welche als Schenks Schild in den Seitenlogen aufgestellt wurden. Im Meidlinger Theater großer Jux wegen Anton Schenk. Nach 10 h wurde Schenk gebracht, mit Fackeln in die große Loge geführt, wo er mit Appel (?) und Hassaureck spielte. Nach 11 h begann eine Travestie vom „Lustigen Beilager“, durchaus mit Anspielungen auf ihn. Sein Knabe von 3 Jahren erschien als junger Haspel (?), die 2 Teimer als Kammerherrn in Karikatur mit Allonge-Perücken und großen Schwertern, am Schlusse der Chor und Einzug von Aschenbrödel, mit 8 Trompetern, wo wir alle mit Lampen einzogen und eine Pyramide mit „V. A.“, die sich zufällig fand, mittrugen. Es war ein prächtiger Spaß, nur sehr kostspielig. Um 1 h großes Souper von 20 Personen bei der Kohlpringer, dauerte bis 4 h, viele Speisen, Rheinwein, roter und weißer Champagner. Korntheuer improvisierte, predigte, Castelli agierte. Es war alles sehr froh, beim Nachhause gehen war ein schöner Morgen.
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Ein schöner, heisser Tag. Im Burgtheater „Rächendes Gewissen“, im Kärntnertor-Theater „ Mich[ael] Angelo“, im Theater an der Wien „Rich[ard] Löwenherz“. Ich schlief bis 10 h, schrieb dann dem Grafen. Um 12 h auf den Kohlmarkt, um 1 h zum Speisen. Nach Mittag las und ruhte ich. Gegen 5 h fuhr ich mit Therese zur Terzaghi, in den Prater, auf und ab, bis zur Donau, stiegen auch aus. Gegen 7 h nach Döbling zum Adler, fanden Arnsteiner und Brandstätter, tranken Kaffee, aßen Butter und Käse. Hassaureck und Anhang waren bei Scholz, angenehmer Abend. Nach 8 h nach Haus, um 9 h lag ich schon.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).