Sehr kalt, etwas Schnee. Dritte Redoute. Im Burgtheater „Haus zu verkaufen“, im Kärntnertor-Theater „Hadrian“, im Theater an der Wien „Schenkbrief“. Den Vormittag beim Grafen, Casimir Esterházy. Mittags aß ich bei Peter, nach Mittag fuhren wir mit Jungmann, Ullmann und Czaczek das Kabinett der 14 Statuen in Wetzlars Gartengebäude der Mad. DeLion (?), Witwe, mit wahrem Vergnügen; verdient gesehen zu werden. Die Goldene Hochzeit, Krönung Napoleons, der Gessler und Wilhelm Tell, der Schneiderkönig der Wiedertäufer von Münster Johann von Leiden, sind mit mehr anderem merkwürdig. Die Kleidung ist echt und prachtvoll, die Zimmer, der Saal – noch vom Fürsten Grassalkovich – sehr schön. Um 7 h kam ich nach Haus, hatte meinen Hasard mit dem Fiaker. Fand bei Therese Goldmann, Schmidt, Werlen und Mafficioli. Um 9 h kam Peter, wir gingen in die Redoute, blieben bis 5 h und unterhielten uns gut. Wie fanden Bogner (?) mit Fischer, Richart mit ihrem Mann und Pfeiffer (?), Erhart (?), Habor (?), Zeuner und Resoli (?) und hatten viel Jux.
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Kalt. Im Burgtheater „Spieler“, Mad. Bürger als Baronin; im Kärntnertor-Theater „Waisenhaus“, im Theater an der Wien „Schenkbrief“. Von früh bis 1 h beim Grafen. Ich musste angestrengt arbeiten und schrieb auch gleich an Pescat. Therese gab ihre Lektionen. Mittags allein, nach Mittag fuhr ich zum Peter, auf die Hauptmaut, holte den Aleatico ab. Las und schrieb. Den Nachmittag und Abend warf es wieder starken Schnee. Abends ins Burgtheater, Mad. Bürger zu bewundern. Die liebe Bürger gefiel nicht, wurde auch nicht vorgerufen. Ich war 2 Akte im Parterre, den 3. Auf der Bühne, dann ins Bett.
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Den ganzen Tag schneite es. Reise des Grafen nach Preßburg. Im Burgtheater zum ersten Mal „Erst Ernst, dann Scherz“, Original-Lustspiel in 3 Akten von F[riedrich] W[ilhem] Ziegler, vorher „Der Buchstab“. Im Kärntnertor-Theater „Savoyarden“ und „Weinlese“, im Theater an der Wien „Camilla“, Holbein tritt als Herzog auf. Am Vormittag beim Grafen, in der Ungarischen Kanzlei beim Präs[idial ?]-Sekr[etär] Vlasics (?), bei Stessel. Therese gab ihre Lektionen. Mittags allein, nach Mittag zum Brandmayer, zu Peter, um den Rosenwirth (?) zu zitieren, der nicht erschien. Abends zu Hause. Die Hocheder, trotz Einladung und Zusage, ging mit Martin ins Theater an der Wien, vernachlässigte und beleidigte uns. Gewey, Mafficioli, Umlauf, Goldmann waren da. Ich gab ihnen ein kleines Souper, dann las Gewey den 2. Akt des „Pygmalion“, der uns vortrefflich unterhielt. Erst nach 10 h trennten wir uns. Nachtrag (bei 26.01.) Ich war bei Kárner, der mir erzählte, dass Zieglers Lustspiel „Erst Enst, dann Scherz“ unter aller Kritik schlecht sei, dass man in Sorgen war, das Militär werde die vielem Militär-Sottisen laut und öffentlich rügen. Es wude ausgelacht uns ausgepfiffen. Nicht viel besseres Schicksal hatte Holbein als Herzog, er fiel ganz durch. Heute schrieb der Fürst an Iffland, er möchte ohne Verzug seine Final-Dezision geben, ob er bis Ostern hier sei und mit ihm die Regie teilen will, oder nicht. Des Königs Rückkunft könne man nicht abwarten. Die Direktion versichert ihm 18.000 fl. Gage, jährlich eine Einnahme, freies Quartier und Equipage, 4000 fl. Reisekosten und 15.000 Taler Vorschuss zur Bezahlung seiner Schulden, in 3 Jahren abzuziehen. Schmidt erhält den Befehl, bis Ende Hornung zurück zu sein, Iffland mag kommen oder nicht.
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Erschreckendes, furchtbares Tauwetter. Es strömt in allen Straßen. Eine verheerende Überschwemmung ist die gewisse Folge. Im Burgtheater „Intermezzo“, im Kärntnertor-Theater „Iphigenie auf Tauris“, im Theater an der Wien „Schenkbrief“ Um 9 h fuhren Therese und ich zu Reimann, über die Glacis zur Donau, Rasumofsky-Brücke, über die neue Brücke zu Peter, dann nach Haus, um das Steigen und Anschwellen des Wassers und Eises zu bemerken. Den übrigen Vormittag musterte ich beim Grafen die Schriften. Mittags lud ich den Aloys Kollmann auf Knödeln. Gleich nach Tische fuhr ich zum Brandmayer und wieder zum Peter um nachzusehen, wo ich nach einem Jahre wieder Pescat getroffen, mich des Wiedersehens freute, tausend Geschichten und schlechte Streiche hörte und bis 3 h blieb. Es ist so warm wie im Juni und unbegreiflich der so ofte und schnelle Wechsel des Wetters. Therese war den Abend mit Caroline und Werlen. Ich führte Kollmann ins Burgtheater, saß bei ihm und erklärte das Stück, welches mir wieder Lachen machte. Der Barometer steigt, die Donau ist nicht viel gewachsen, desto mehr die Wien. Das Wetter zieht an und so kann es wohl bei langsamem Schmelzen ohne Überschwemmung gelingen. Wehe Peters Garten !
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Das Barometer hebt sich noch, Etwas kälter, es wirft Schneeflocken. Im Burgtheater „Brautkranz“, im Kärntnertor-Theater „Singspiel an den Fenstern“, dann zum 1. Mal kleines Divertissement von Bido (?), worin er und Mlle. Labassie (?) auftreten. Im Theater an der Wien „Waltron“. Den ganzen Vormittag arbeitete ich zu Haus, schrieb Bittschriften für die Rosalie und Chor [?] Mayer, ersterer um Zulage, letzterer um Aushilfe. Schrieb an den Grafen, sprach nachher Zeuner. Mittags allein, nach Mittag zu Haus. Therese war bei ihren Lektionen. Nach Tische fiel der Barometer wieder und es regnete. So unglaublich schnell wechselt das Wetter. Therese brachte der Rosalie ihr Promemoria, gab ihr wegen ihrer liederlichen Aufführung einen derben Wischer, ich sage, ohne Erfolg. Sie besuchte die kranke Jeanette und war abends mit der Schmidt und Werlen zu Haus. Ich war mit Kárner im Kärntnertor-Theater, anfangs im Parterre noble, dann im 2. Oper und Divertissement ennuyierten mich. Letzteres ist samt der Tänzerin so schlecht, dass man lachte und zischte. .
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).