Ein starker Nebel, gegen Mittag heiter. Im Burgtheater „Fiesko“, im Kärntnertor-Theater „Singspiel“ und „Zerstörung von Pompejanum“, im Theater an der Wien „Blaubart“. Degen probierte heute wieder seine Flugmaschine mit Luftballon unterstützt. Waldeisel (?) brachte Therese Obers, und ich beglückte ihn mit einem ganz guten casimirenen Beinkleid. Joseph las Zeitungen und ich hatte viel Spaß mit ihm wegen seinem Sprichwort „Kinderei“. Den Vormittag las und schrieb ich fleißig, schickte zum Jean, der ein Wechselfieber hat und dem selbes gestern ausgeblieben ist. Um 11 h fuhr ich mit Joseph zum Peter, nahm ihn und Jungmann mit und fuhren zum Wasser, dann durch den Prater zum Feuerwerksplatz. Schon war Degens Ballon, gelb und rot, 19 Schuh im Durchmesser gefüllt und seine Flugmaschine bereitet. Um 1 h war zum Auffluge bestimmt. Wir strichen von außen herum, sahen den Apparat und die ankommenden Menschen, Weiß kam auch zu uns und so wurde es 1 h. Da begaben wir uns in den eingeschlossenen Platz, sprachen mit seinem hübschen, blonden schwangeren Weibchen, kauften Beschreibungen seiner Maschine mit Kupfer. Wir fanden viele Bekannte und so kam uns die Zeit bis 2 h kurz vor. Da stieg Degen – ein magerer, blonder, mittelmäßig großer Mann von mehreren 50 Jahren, himmelblau, ganz eng gekleidet, mit gleicher Kappe auf dem Kopf – auf der rechten Seite des Feuerwerksplatzes in die Höhe. Er schwebte mehrere Minuten ober der Galerie und dem Parterre, ließ sich dann hinter der ersteren nieder, erhob sich zweimal. Das letzte Mal mag er die Höhe von 70 bis 80 Klaftern –so hoch wie der Stefansturm – erreicht haben. Dies gab ein interessantes Spektakel. Von der Höhe warf er Kupferabdrukke seiner Maschine herab. Der Ballon hing an der Schnur, das Sinken und Steigen hängt von der Flugmaschine ab, insoweit hat er den Ballon in der Gewalt. Durch 10 Minuten blieb er in der Luft. Diese Zeit war zu kurz, dann erhob er sich nur einmal bedeutend. Ich schreibe dies seiner Ermattung zu, weil er auch schon Probe machte, und erwarte den 2. Versuch besser. Um 3 h kamen wir zu Peter ter, er und ich aßen allein. Nach Mittag kam Jungmann, wir saßen bis es dämmerte, gingen dann ins Burgtheater „Fiesko“ zu sehen. Ich sprach einen Augenblick Patsch, sah dann ins Kärntnertor-Theater. In beiden war es so voll, dass ich um 8 h schon zu Hause war und mich zur Ruhe begab. Therese hatte die Hofrat Stöger und Schwester zu Besuch, die ich bei Degens Versuch in Schutz nahm.
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Ein schöner Tag, kalt, in der Nacht fror es stark. Peter musste unseren Kopf gut in Decken und Kotzen vermachen. Früh schrieb ich an Werlen den von Therese angefangenen Brief, schrieb ihm recht viel und expedierte selben gleich. Auch an den Grafen schrieb ich. Zu Hause hielt ich Revision über das Inventarium und überzeugte mich von Josephs schlechter Aufsicht. Mittags allein, nach Tische arbeitete ich. Therese fuhr zu Reimann, anzukündigen, dass der Graf sein zu erwartendes Kind hebe, dann zu Eckhart gratulieren. Der Ärmste hatte wieder Fieber. Er sieht sehr übel aus, ich zittere für sein Leben. Er ordinierte für seinen fieberkranken Bruder, da kam die Rubana mit Sauberskirchen (?), denn für Klimbke tat er ein gleiches. Von ihm weg fuhren wir in den Prater zum Feuerwerksplatz, sahen den Apparat zur Füllung des Degenschen Ballons, hörten und lasen, dass er morgen 2 h seinen 2. Versuch machen wird. Vor Tische brachte uns Fölsch englisches Kappenstiefelleder, Unterm Speisen kam endlich nach 7 Monaten Högler mit den 2 Hangleuchtern, machte selbe gleich auf. Sie sind schön, neu und geschmackvoll. Therese gefällt besonders jener im Schlafzimmer. Um ½ 6 h holte mich Jungmann ab, wir gingen ins Theater an der Wien. Zum ersten Mal „Leibkutscher Peters III“., Lustspiel in 1 Akt von Kotzebue, dann „Harlekin und Columbine in den Alpen“, mit Lafargue und Regnier, beide schlecht. Wir kamen noch in Langs Compagnie, führte Jungmann zu Mayer, der uns die Bühne und die Maschinerie unter selber zeigte. Der „Leibkutscher“ gefiel gar nicht, die Pantomime machte mir Langeweile, nur Rainoldi und die Bouisson (?) tanzten den komischen Pas de deux recht hübsch. Bei Therese war die Nina und Schmirer, welche wieder bei Hensler auftreten will.
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Leopoldstag. Im Burgtheater Akademie für die Wahltätigkeits-Anstalten, im Leopoldstädter Theater „Die Jagd Leopolds oder der gefundene Schleier“, Kantate von Kauer. Im Prater Degens 2. Versuch, mittags 2 h. Er will ohne Schirm aufsteigen. Früh sehr kalt, schwerer, außerordentlicher Nebel, gegen Mittag heiter. Die Barometer sind hoch. Die Brandmayer kam und bat mich wegen Friedrichs Attestat um einen Brief an Kárner, den ich gleich schrieb. Die Therese hatte Besuch von der Lavotta. Um 10 h fuhr ich zum Peter um zum Lusthaus zu fahren, er, Jungmann, fuhren mit. Im Rückweg sahen wir den schon gefüllten Ballon des Degen, sprachen Krünes (?) mit Neumann, Ullmann speiste mit uns. Um 12 h wurde aufgetragen, dann schlenderten wir 4 gleich in den Prater. Es fiel ein dichter Nebel ein. Wir fanden mehr Menschen als das erste Mal. Degen erhob sich 52 Minuten auf 3 h, blieb 8 Minuten in mittelmäßiger Höhe, ließ sich herab, gab an Kubitschek Blei aus einem Trichter und seine Säcke ab. Schwang sich das 2. Mal schnell und viel höher in die Luft, blieb 10 Minuten, konnte aber seine Maschine nicht leiten, sondern steil zur rechten Seite hinter den Bäumen auf die Straße zwischen den Wägen herab. Die blaue Schnur verwickelte sich in die dürren Äste der Bäume, man musste sie erst frei machen, dann trug man ihn mit der Maschine auf den Feuerwerksplatz, machte ihn los und so war das Spektakel zu Ende. Niemand war zufrieden, eine allgemeine Stille herrschte. Er kann sich mit seiner Maschine trotz der Unterstützung des Ballons nicht heben, sonst würde sich sein Herablassen nicht so fatal und der Platz selbst nicht so gefährlich gewesen sein. Wir schlenderten zu den Kaffeehäusern, kamen in des Steinmetzen Langwieders Compagnie, tranken bei Benkó Kaffee und Punsch. Blieben den Abend bei Peter und um 9 h war ich zu Hause. Therese speiste allein und hatte nach Mittag die Goldmann und Benkó zur Gesellschaft, welche ich noch antraf.
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Ein schöner Tag. Früh schickte Therese zur Bulla – Edmunda – gratulieren, später kamen die Stögerschen Mädchen. Ich arbeitete, ging in die Theaterkasse, zur Terzaga, sah ob Keglevich angekommen sei. Im Burgtheater „Hass allen Weibern“, dann „Zerstörung von Pompejanum“, im Kärntnertor-Theater „Organe des Gehirns“, im Theater an der Wien „Don Juan“. Dem Welker bei Camesina gab ich die Loge ins Kärntnertor-Theater. Mittags allein. Nach Tische zog Martin den roten Wein ab, es wurden 60 Bouteillen. Ich fuhr zu Peter, sprach Neumann, dann nach Haus, wo ich bis 7 h blieb. Die Hocheder blieb den Abend bei Therese, auch Mafficioli und Joseph waren einen Augenblick da. Ich unterhielt mich der Compagnie wegen, weil auch Peter kam, und verbannten den Streichmacher Neumann.
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Ein kalter, sehr nebliger Tag. Im Burgtheater „Hadrian", mit Laucher, die sehr verlor und durchaus nicht mehr gefällt. Im Kärntnertor-Theater „Wald bei Hermannstadt“, im Theater an der Wien „Unmögliche Sache“ mit Weidmann. Ich konnte den ganzen Vormittag zu Hause sein, welche Wohltat ! Zu Therese kamen die Gitter und Stögerischen, ich ging ins Haus, Theaterkasse, Geissler, dann mit Peter und Jungmann in die kaiserliche Reitschule, um Zambeccaris Luftballon – Montgolfiere – und ganzen Apparat zu sehen. Wir unterhielten uns mit Schleglhofer durch 1½ Stunden, untersuchten die Galerie, Lampen, Anker, Herablassmaschine, die beiden Ruder, Auswerfkugeln an messingenen Ketten, die 32 Füllröhren. Die Spirituslampe mit 32 Klappen ist recht fleißig gemacht. Den Schleglhofer und Jungmann lud ich am Sonnabend zum Speisen. Therese musste meiner bis ½ 3 h warten. Mittags allein. Unterm Essen brachte mir Nadastini den heurigen Theater-Almanach mit Leifers und Baumanns Bild. Es ist heute so finster, dass ich an meinem Schreibpult nicht arbeiten konnte; wie unangenehm sind die kurzen Tage ! Gleich nach Tische ging ich über die Bastei zu Peter, plauschte mit ihm über Verschiedenes, wegen Mayerhofers Klage. Um 5 h zu Hause. Es kam die Hermes Joseph (?) Mit den 3 Mädchen der Stöger, Wilhelmine, Amalie und Clementine, welche den Abend blieben, später kam Hocheder. Therese und ich lachten über die Gutmütigkeit und das Naive dieser vorzüglich erzogenen Kinder. Nach 7 h verfügte ich mich Compagnie zu suchen und blieb zuletzt im Kärntnertor-Theater.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).