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Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
4116 1808 11 8 Sehr kalt, ewige Nacht. Wie traurig sind solche finsteren Tage ! Im Burgtheater „Singspiel“ und „Abdul“, im Kärntnertor-Theater „Weiberehre“. Früh schrieb ich zu Haus, dann schloss ich beim Grafen den Kellerstand ab. Therese hatte heute zum ersten Mal ihre Schülerin Elisabeth Gitter (?), dann ging sie zur Stöger. Nina half uns einen Hasen verzehren. Den ganzen Nachmittag war ich zu Haus, arbeitete, las. Weiß ging zu Peter um unseren Kopf nachzusehen. Abends ging ich zu Geissler, fand nachher Compagnie, ennuyierte mich, trollte mich nach Haus und gleich ins Bett. Band 06 (VI.), Seite 184v
4117 1808 11 9 Neblig, düster. Im Burgtheater „ Eifersüchtige", Lustspiel in 4 Akten, dann zum 1. Mal „Hass allen Weibern“, Lustspiel in 1 Akt in Alexandrinern, von Castelli; im Kärntnertor-Theater „Waisenhaus“. Im Theater an der Wien „Komödie ohne Titel“, dann „Harlekin auf den Alpen“, worin Lafargue, Regnier tanzen. Rainoldi tanzt mit Bouisson den komischen Pas de deux. Früh arbeitete ich, Therese sang mit der Rothe, dann zu Stöger. Ich revidierte mit Schmid (?) das Inventarium der Küche. Mittags allein. Therese klagte über heftige Kopfschmerzen und musste sich legen. Nach Tische kamen Peter und Jungmann. Wir fuhren zuerst zu unserem würdigen Mann vor der Hundsthurmer Linie, brachten ihm Ruster Ausbruch, beschenkten ihn wieder. Er führte uns gleich zum Grabe des Arbeitshaus-Traiteurs, wo durch 9 Tage Licht brennt, um seine Familie von der wahren Absicht abzuleiten. Nochmals erzählte er uns, welchen unbegreiflichen, noch nie empfundenen Gestank er bei unserer Operation schon da ausstand, als er auf’s Holz kam, dann bis er das Leintuch, in welchem R[oose] ganz eingewickelt und nun durchnässt war, auseinander brachte, um zum Kopf zu kommen. Vom fast tödlichen Gestank konnten wir dies gar nicht bemerken. Nie, nie will er mehr solch eine Manipulation an einem schon 12 Tage gelegenen Leichnam unternehmen, umso weniger, wenn der Körper so fett war. Von da fuhren wir über den Braunhirschengrund auf den Leichenhof bei der Schmelz. Dieser ist viel grösser, dahin kommen auch Städter. Den erste fiel uns der Sarkophag Gallets auf, der wirklich schön, dauerhaft gemacht und mit folgender Inschrift geziert ist: „Hie ruhet, entronnen dem Drange des Lebens Sebastian Girardin Gallet, geboren zu Paris den 15. Novem[ber] 1752, gestorben zu Wien den 10. Juni 1807 als Ballettmeister der k.k. Hof-Theater. Ihn liebten, die ihn kannten, ihn verehrten, sie ihn begriffen. Seinen Namen nennt dieser Stein, dauernder nennt ihn die Kunst, der er sich weihte“. Nebst anderen fand ich auch den Stein vorzüglich hübsch, welchen Kunz (?) siner Frau, geborenen Klaproth 1800 setzte. Schon war es finster, als ich zurückkam. Ich fand die Bulla und Umlauf, blieb bis 7 h, dann ins Burgtheater. Traf Schön, Seyfried, Castelli, der sich mir als Übersetzer und Verfasser der Verse von „Hass allen Weibern“ ganz im Stillen annoncierte. Es ist ein artiges Stück, wurde von Koberwein, Frau und Krüger fleißig und ohne Souffleur gespielt und gefiel. Ich blieb in ihrer Compagnie und hätte mich unterhalten, wäre ich wegen Therese ruhig gewesen. Ihre Kopfschmerzen nahmen so zu, dass sie Oeppinger rufen ließ, der ihr Arznei verschrieb. Band 06 (VI.), Seite 184v
4118 1808 11 10 Die Barometer fallen, sehr neblig und feucht. Therese litt die ganze Nacht, wir schliefen wenig. Die Gute liegt und wir haben Kridl, Lang, Nina und Goldmann zu Gästen, sehr fatal ! Den Vormittag blieb ich zu Haus, schrieb an den Grafen, arbeitete in meinen Rechnungen und fand gegen Mittag Therese besser. Im Burgtheater „Entführung aus dem Serail“, im Kärntnertor-Theater „Hass allen Weibern“, „Leichtsinn und gutes Herz“, und „Vorsatz“. In der Johanneskirche war heute für Anton Baumann das Requiem von Mozart, die ganze Gesellschaft und mehrere von den Hoftheatern fanden sich dabei. Nach Mittag kam die Bulla, unterhielt Therese sehr melancholisch, ging aber dann ins Theater. Ich schlenderte zu Peter, sah nach unserem Kopf, der sehr bleicht und auf den der Kalk außerordentlich wirkt, ich besorge nur zu viel. Mit Jungmann wurde fidel soupiert, und um ½ 9 h war ich zu Haus. Abends befand sich Therese besser. Band 06 (VI.), Seite 185r
4119 1808 11 11 Ein feuchter, melancholischer Tag. Therese befindet sich von Schmerzen frei, auch Oeppinger fand den Puls besser. Ich las, schrieb, es kamen mehrere Besuche. Später in die Theaterkasse, zur Geissler und Karilla, die nicht zu Hause war. Mittags aß ich im Schlafzimmer. Im Burgtheater „Hagestolze“, die ältere Marconi als Margareth; im Kärntnertor-Theater „Armand“. Nach Mittag fuhr ich mit politischen Schriften zu Niedermayer, zum Haumer wegen Siegelwachs und zu Eckhart. Goldmann und Nina besuchten Therese, später die Schmirer. Mayer von Hetzendorf kam und erzählte, Lang habe sich über die Schottenbastei herabgestürzt. Der Irrtum klärte sich gleich auf, doch war es richtig, dass sich ein Mann herabstürzte und so zerschmetterte, dass er vollends unkenntlich war. Es war der ältere Hofzinser (?), Eigentümer des Schwarzspanierhauses. Abends besuchte ich Hoffmann, sprach Prinz, dann ins Burgtheater. Die Marconi gefiel nicht. sie ist monoton, rührt nicht und fühlt nicht, was sie sagt, auch sprach sie viel zu schnell. Sie wurde vorgerufen, dankte für diese Aufnahme und wird sich in der Folge dieser Gnade würdig zu machen bestreben. Also ist sie engagiert und kehrt nicht mehr nach Mannheim zurück. Dergleichen Sujets haben wir viele. Therese konnte nicht schlafen, sie erinnerte sich, dass es heute 8 Tage sind, dass der Actus des Kopfabschneidens vor sich ging. Das Ganze schwebt immer vor ihren Augen. Band 06 (VI.), Seite 185r
4120 1808 11 12 Ein heiterer, kalter Tag. Therese steht heute auf und lehrt ihre neue Schülerin. Im Burgtheater „Jurist und Bauer“, „Hass allen Weibern“, im Kärntnertor-Theater „Hadrian“, die ältere Laucher tritt nach ihrer Entbindung als Augusta, Trajans Enkel, wieder auf. Im Theater an der Wien „Camilla“ von Paër, im Leopoldstädter Theater „Beide Savoyarden“ und „Zauberer Atilante (?)“, Pantomime in 2 Akten von der Coppinischen Seiltänzer-Fam[ilie]. Ich arbeitete, sah im Hause nach, war in der Theaterkasse, sprach Zeuner, kam zu Hoffmann ins Gewölb. Therese hatte den Abend die Hausfrau, Hocheder, Goldmann und Mafficioli, später auch Hitzinger bei sich. Die Benkó macht allen viel Sachen. Ich brachte der Terzaga einen Brief, sah das vollendete Portal der Johanneskirche, ging zu Peter, um ihm zu sagen, dass Rooses Kopf gleich aus dem Kalk genommen werden muss, wenn er nicht Schaden leiden soll und wir machten uns gleich darüber. Er wurde ausgewaschen, vom Kalk ganz gereinigt und in frisches Wasser gelegt. Noch halten die Kinnbänder sehr fest, wir ließen selbe auch, bis sie sich im Wasser auflösen. Der Kopf hat jetzt ein ganz gutes Aussehen. Nachher in Peters Compagnie ins Leopoldstädter Theater. Im Bierhaus fand ich Nitschner mit Gattin, er kam vor 2 Tagen aus Preßburg, ließ sich aber bei mir nicht sehen. Darum behandelte ich ihn kalt. Er ließ mich aber nicht von sich, und so gab’s sich und wir wurden zutraulicher. Die Pantomime ist über alle Begriffe schlecht, eben so auch Harlekin und Pierrot. Es ist unglaublich, wie Hensler solche Leute auftreten lassen kann. Zu Haus fand ich die „Merinna, Königin der Amazonen“ von Franz v. Holbein vor, mit Rooses Bild, welches ich bei Wallishauser bestellte und durchblätterte. Band 06 (VI.), Seite 185r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

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