Kalt. Früh zum Grafen. Therese macht Zubereitung und packt zur morgigen Brünner Reise. Ich schrieb ihr wegen Sitzen, die sie mir selbst brachte, und führte das liebe Geschöpf dem Balassa auf. Den ganzen Tag war ich beschäftigt, teils mit Arbeiten, teils mit Wollgeschäften. Heute kamen 79 Zentner und 85 Pfund an. Therese hatte Probe von „Pamela“. Nach 2 h kam ich nach Haus, etwas zu essen, dann gleich wieder auf die Hauptmaut und ins Wollmagazin, ich bin heute sehr geplagt. Als ich nach geendigten Geschäften zum Grafen ging, fand er die Ausgabe von 2 fl. 32 x für das Mittagmahl noch zu viel und hatte auf meine Plage keine Rücksicht. Ich ging noch ins Kärntnertor-Theater „Horatier und Curiatier“, sprach die Polly, in Compagnie zu Winkler, dann nach Hause und gleich ins Bett. Mein liebes Weib liegt in Krämpfungen. Es war da die Goldmann und Joseph, ich zeigte ihr noch die 6 Schnüre Perlen, die ich ihr nach Tische kaufte.
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Reise nach Brünn. Ein schöner, kühler Tag. Vor 3 h stund ich auf, nahm Theresens von der Kohl gemalenes Bild mit und schied unter Küssen. Bei Weidmann saßen wir erst um ½ 5 h auf. Lange strich ich auf der Straße herum, später kam Dupré, unser Reisegesellschafter. Es wurde auf der Straße Slivovitza getrunken und Franzl brachte uns gutes Brot. Außer Gaunersdorf im neuen Wirtshaus hielten wir stille, bediente uns und unseren Hansl mit Slivovitza, dann nach Wilfersdorf, wo wir bei der Rosen speisten. Es waren da viele Rekrutentransporte, die armen Burschen dauerten mich sehr. Nach Poysdorf hielten wir in Nikolsburg Nachtstation im Rössl. Dupré, Franzl und ich gingen in der Stadt herum, sahen das Portal der abgebrannten Kirche und gaben beim Forstmeister Pietsch (?) den Brief der Gulyás ab. Die Frau lag im Fieber, der Mann war bei seinen Bienen im Fasangarten rechts vor dem Tor. Ein Knabe führte uns da hin. Er nahm uns mit liberaler Freundlichkeit auf, führte uns den Fasangarten durch alle Alleen und Steige durch zum Mittelpunkt, wo eine herrliche große Linde steht, von welcher man in alle Alleen und Steige sieht. Nach 8 h, da wir vorher dem Forstmeister noch das Versprechen machen mussten, in der Retour bei ihm zu speisen, kamen wir in unser Wirtshaus, aßen da etwas, dann schlafen. Hatten viel Spaß und schliefen wenig.
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Von Nikolsburg nach Brünn. Ein schöner, warmer Tag. Um 3 h brachen wir auf. Dupré machte eine Menge Scherze mit dem Zurücksetzen und war immer so fein, dass ich schlecht sitzen musste. Ein Gewitter türmte sich auf, machte sehr schwül, verzog sich aber wieder. Um ½ 11 h kamen wir in Brünn beim Theater an. Mayer, Moreau, Hollischek, Haselbeck (?) und Umlauf empfingen und begleiteten uns. Der Empfang im Mayer’schen Hause war sehr galant. Es wurden uns im 2. Stock 2 hübsche Zimmer des Herrn Bayer angewiesen. Wir packten aus, ich schrieb gleich Therese. Wir speisten gut, nach Mittag besuchte ich mit Moreau ihn und fanden im nämlichen Stock die Delalena (?) unter dem Namen Mad. Beratoni (?) Sie erzählte uns, dass die Mayerischen, die sie uns in Wien oft und unbändig lobten, sie jetzt anfeinden und alle Harmonie getrennt sei. Sie stickt für fremde Menschen und hat die Umlauf, Hollischek und Zeltner (?) zu Kostgängern. Dann zu Krieghammer, sie und Kathi waren allein. Theresens Briefe schickte ich durch Erasmus Moreau. Wir schäkerten, hatten Spaß, auf einmal trat Hauptmann Ottenfeld (?) ein. Es begann von ihrer Seite ein steifes Betragen, ich empfahl mich gleich und ging ins Theater. „Maitag“, Lustspiel in 4 Akten, wurde ziemlich gut gegeben. Ich war in beiden Parterres und auf dem Theater, machte allen mein Kompliment, plauderte mit Weinmüller, beiden Bohdanovics, Zeltner, Hollischek, Delalena etc., unterhielt mich, dann soupieren. Der fade Fichtl hat da die Kost, Sanenz ließ sich beim Souper nicht sehen. Der Unterleutnant Fetz (?), Bruder der Mayer, war auch da. Um 12 h kamen wir erst ins Bett, denn wir hatten mit den Tuchenten viel zu arrangieren.
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Sehr warm. Früh endete ich Theresens Brief, in welchen auch Weidmann und Sohn einige Zeilen schrieben, Zeltner kam, auch Haselbeck, mit letzterem gingen Franzl und ich zum Neuen Tor hinaus, zum Fröhlichen Tor herein in die Thomas-, dann in die Jakobskirche, hier hörten wir den Holleschek singen. Gingen auf den Chor, begegneten Kleinheinz, mit ihm in die galante Messe in die Minoritenkirche, da sprachen wir die Krieghammer Kathi. Dann zu Kleinheinz ins Quartier und um 1 h zum Speisen, Moreau als Inspizient speist da. Um 4 h zu Krieghammer; er, die Frau und Kathi wollten mit mir in den Augarten gehen. Im letzten Augenblick kam Ottenfeld und die Frau blieb zu Haus. Dies war nicht artig; indessen gingen Krieghammer, Kathi und ich. Er zeigte mir im Hinausgehen die Spuren und Werke der Zerstörung des Wolkenbruchs. Es waren wenig galante Menschen da. Franzl fuhr mit Zeltner, Umlauf und Beraldi in die Karthause. Abends in die „Aline“, es war nicht voll. Ich war wie gestern in den Parterres und auf dem Theater. Die Oper wurde gut gegeben, die letzte Dekoration war sehr brillant. Auf dem Theater betrug sich die Sanenz sehr steif und kalt gegen mich, ich kann mir nur erklären, es wäre Furcht vor ihrem Geliebten. Ich lernte im Parterre Spina (?) kennen, einen lieben Mann, mit dem ich viel vom Theater wegen Sanenz und Fichtl sprach. Weidmann sagte mittags am Tische dem Moreau wegen Spielen aller Rollen, bald junger, bald alter, bald ernsthafter, bald niedrig komischer, derbe Wahrheiten. Um 11 h ins Bett.
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Trübe. „Epigramm", Weidmanns erste Gastrolle und Einnahme in Brünn. Früh passierte ich mit Weidmann den Hippeldanz, dann schrieb ich in mein Tagebuch. Nach der Probe der „Tage der Gefahr“ ging ich mit der Umlauf in ihre Wohnung, um mit ihr auf Kleinheinz' Bitten über den Lumpen Karl, ihren verheirateten Liebhaber mit aller mir möglichen Energie Vorstellungen zu machen, dann in die Probe von „Epigramm“. Nach Tische mit Mayer wegen Klimbkes Bruder zum alten Stellwag, in den Garten vor dem Judentor. Er empfing uns sehr freundschaftlich, wir blieben lange und plauderten viel. Von da nach Haus, rangierte zum Teil Weidmanns Kleider, in die Kasse, dann im Theater herum, bald in unsere Loge No. 7, bald in die Parterres und Garderobe. Mich quält sehr die Langeweile. Früh ging ich mit Umlauf noch in den Augarten, von da in den Mittrowskyschen Garten, wohin auch Kleinheinz kam. Es gelang mir vollkommen das Mädchen zu bewegen, sie versprach mir freiwillig, diesen Menschen nie wieder nach Brünn kommen zu lassen, ihn nie wieder zu sehen. Ich söhnte beide zusammen aus und knüpfte so das Band der Harmonie. Beide dankten mir verbindlichst. Im Theater war es ziemlich voll. Weidmann nahm ohne Unkosten 321 fl. 30 x ein, die ihm auch Mayer rein übergab. Er gefiel sehr, wurde vorgerufen und dankte ernsthaft ab, sagte aber dabei, dass sein Wunsch, seinen alten Freund Mayer zu sehen, zu seiner Reise beitrug. Wir soupierten, ich las nachher noch das eben heute von Treitschke eingeschickte Schauspiel „Zobeis“. Im Theater schwätzte ich viel mit Spina viel von Mayers Direktion.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).