Kalt und windig, mitunter auch Schnee. Früh um 8 h im Bureau. Ich akkordierte mit dem Maler wegen Kupkas Zimmern, führte Therese zu Weinmüller und ging dann ins Bureau. Weinmüller, Neumann und ich speisten mit unseren Weibern auf der Mehlgrube. Nach Tische führte uns Weinmüller zu Lippel (?) ins Kaffeehaus. Therese ging zu Weinmüller, wo sie spielten; ich zu Lichtenstein, Barany und nach Hause. Abends ging ich ins Kärntnertor-Theater, zum ersten Male „La testa riscaldata“, ein Akt, von Paër. Ich hörte wenig und plauderte meist auf der Bühne mit Joseph Weigl. Nach der Oper holte ich Therese ab; um ½ 11 h kamen wir nach Hause
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Georgsfest; kalt und windig. Dankbar erinnerte ich mich an meinen guten würdigen Vater. Früh gingen Therese und ich zum Tischler. Dann führte uns Mayer ins Theater an der Wien, welches mich wirklich überraschte; Gewey begleitete uns. Ich ging ins Bureau, Therese nach Hause, wo sie den ganzen Tag arbeitete. Wallishauser gab mir die Zeitung für die galante Welt, wo im. 40. Blatt unterm 2. April die Aufführung der „Zauberflöte“, und besonders über Therese Folgendes gesagt wird: „Madame Rosenbaum, geborene Gassmann, als Königin der Nacht ward nach der Bravour-Arie Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen etc. mit verdientestem außerordentlichsten Beifall gekrönt. Die Reinheit, Modulation und ungewöhnliche Höhe ihrer Stimme sind auch ganz gewiss eine sehr bewundernswürdige, seltene Gabe der Natur.“ Um 12 h war ich in der Theaterkanzlei, wo eine Menge über die Zwecklosigkeit und das Nachteilige der Direktion, und Pfersmann gestimmt wurde, nebst mehreren guten alten Stücken auch die „Edle Rache“, „Opferfest“, „Schreiner“ etc. auf die Austeilung zu bringen. Mittags speisten wir allein. Ich blieb bis nach 6 h zu Hause, dann ging ich zu Klimbke; später ins Burgtheater „Der Kobold“, in 4 Akten von Gotter nationalisiert, neu einstudiert, Baumann als Johann. Er spielte den Bedienten ziemlich gut; als er am Ende allein auf dem Theater blieb, sagte er: „Also Fopperei war das Ganze ? Da habe ich mich schlecht geforchten. Mein Vorfahrer, der dicke Johann hat sich freilich besser geforchten; aber nehmen S’ halt damit vorlieb und lassen S’ das alte Sprichwort gelten: Ein Schelm, der’s besser macht als er kann.“ Kárner schrieb mir wegen Zeugnis der Abwesenheit des Agenten Tapolczany, weswegen ich mit Klimbke sprach.
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Kalt und windig. Früh ins Bureau, zur Polizei um das Zeugnis für Kárner, weswegen ich schriftlich einkommen musste. Therese hatte Probe vom „Opferfest“, wegen der Goldmann, die aber gar nicht sang und keine Note kennt; Protektion vom Baumann. Um 12 h kam ich in die Theaterkanzlei, da gab’s großen Lärm mit Giulio Viganò und Katter, weil letzterer das italienische Orchester heute vor der Probe des neuen Quartetts wegschickte, keine Probe hielt und nun nichts gegeben werden soll. Wir stimmten Pfersmann, nicht nachzugeben und darauf zu bestehen, dass das Ballett oder Quartett gegeben werden muss. Nun bin ich aber auf den Ausgang begierig ! Mittags aßen wir allein, nach Mittag schrieb ich an Kárner. Weil ich schon einige Tage schweren Atem habe und einen dumpfen Schmerz an der linken Brust innerlich fühle, ließ die gute Therese heimlich Eckhart zu mir bitten. Er besuchte mich und verordnete Eibischsalbe und Melilot-Pflaster. Ging mit Platzer ins Kärntnertor-Theater und vernahm, dsss unser Plan reüssierte und das Divertissement sein muss. Man gab „Schreiner“ und das neue Quartett von Julio Viganò, Frau, Vulcani und Cerini (?); missfiel. Die Lenerl war nach Mittag bei uns und ich führte sie auch ins Theater.
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Ein angenehmer, heiterer Tag. Früh ging ich zum Grafen, in die Theaterkasse; dann mit Escherich auf den Stephansplatz, wo mich Therese am Fenster der Ascher erwartete. Mit Therese ging ich auf Kohlmarkt und Graben, fand Schmirer, welcher mit uns auf die Bastei und zum Speisen ging. Der Jean gesellte sich dazu und aß mit uns. Nach Mittag unterhielt sich Therese mit Klavierspielen. Ich schrieb meiner Mutter und schickte das Buch von den Modesitten. Nach Mittag besuchte uns die Uhrmacherin mit der Lenerl, welche ich abends ins Kärntnertor-Theater führte; „Zauberflöte“ zum 15. Mal. Heute geriet ich wirklich in Verlegenheit, denn alle Augenblicke quälte mich jemand, in die „Zauberflöte“ zu führen. Ich sprach mit Rosenzweig (?) und erfuhr von ihm, dass die Eyersberg (?) wirklich engagiert ist.
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Windig. Früh ging ich mit Therese zur Klob und ließ den Maler anfangen, später kam auch Kupka. Von da zum Grafen, ins Bureau. Um 12 h zum Nouseul; Lefèvre ging mit uns zum zum Mälzel; mit Staunen hörten wir sein Instrument, welches alle Musikstücke mit der größten Präzision ausführte. Lefèvre und Eckhart speisten bei uns. Nach Mittag kam Schmirer und engagierte uns in den Prater; es war kalt. Wir fanden Lichtenstein und seine Frau. Abends ins Marinellische Theater „Die Schwestern von Prag“, Tuczek zum ersten Mal als Marquis Kletzenbrod; schwache, unangenehme Stimme. Ich hatte grausam lange Weile und musste bis 10 h auf das Ende warten.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).