Trüb, windig, manchmal etwas Regen. In den Hoftheatern Norma, im Theater an der Wien „Hausgesinde“, Fakler (?), Bassist von Pest, singt eine Polonaise von Weigl, dann der Nordische Herkules. Am Vormittag beim Grafen im Hause und bei mir, arbeitete stets, speiste bei Wohlfarth. Schrieb an den Grafen, dem Fux schrieb ich eine Bittschrift um Vorrückung in 800 fl. am Platz des Joseph Schindler. Mit Tony Sturm wegen des liederlichen Nesinger; sie sieht alles ein und versprach, von dem Burschen abzulassen. Dem Kridl machte ich ein paar Konzepte, er war im Kloster. Ullmann, Jungmann, Glaser, Axt, Dräxler kamen ganz unvermutet, speisten da. Nach Mittag bei Wohlfarth, spielte mit Axt und Kridl Billard. Dann ins Theater an der Wien, sah den Herkules Franke, diesen Hanswurst, balanzieren, mit einem 16 Fuß langen Balken exerzieren etc. Ich sah diesen Herkules – er ist ein Jude – in der Garderobe. Er hob auf der Bühne den Balken – ich schätze ihn auf 1 Zentner – mit einer Hand. Übrigens machte er nicht so viel Spaß.
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Trüb, kotig. Im Burgtheater „Zar Iwan“, Schauspiel in 2 Akten von Castelli, „Korb“. Im Kärntnertor-Theater „Rotkäppchen“, im Theater an der Wien „Einladungskarte“, „Elisene“. Im Leopoldstädter Theater „Damenhüte“ von Meisl, „Hypograph, das fliegende Rössel“, Pantomime in 2 Akten von Rainoldi, gefiel nicht. Heute fangen die Salnitergräber an, große Verlegenheit. Früh arbeitete ich zu Hause, sprach Reimann. Mittags bei Wohlfarth. Alle Zeitungen sind voll von Kotzebues Ermordung; der Mörder Sand fiel nach der Tat auf die Knie und rief: „Ich danke Gott, dass er mich diese Tat hat glücklich vollbringen lassen“. Fräulein Emmy und der Bediente trugen den sterbenden K[otzebue] in das Nebenzimmer. Der lange Dolch ging in die Brust, durch die 4. Rippe, in Herz und Lunge. Am 25. März wurde Kotzebue in der Stille bestattet. Er war lutherischer Religion und 57 Jahre alt.
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Palmsonntag. In der Nacht Sturm, Blitze, Donner, Regen; ein kalter, stürmischer Tag, abwechselnd Schnee und Regen. Im Burgtheater für die Musik-Sozietät „Die Schöpfung“, im Kärntnertor-Theater Akademie des Max und Wilh[elm] Korn, im Theater an der Wien Konzert des Clement. Früh las ich die Einrede des Schwaiger gegen Jäger. Um 10 h führte ich Therese zum Lusthaus, dann schrieb ich dem Grafen. Mittags bei Wohlfarth in Gesellschaft von Müller und Axt. Dann 4. optische Vorstellung im 8. Jahrgang. Dabei waren Roller mit 2 Frauen, Weissenthurn mit Fanny, Hauschka (?), 2 Laucher, Waldmüller mit Dermer, Kridl, Rosenberg, Sommer, Hainz mit Frau, 2 Kindern, Benkó mit 3 Mädchen, Huber, Tuscher, Wolfmayer, Vater Hoffmann, Reimann mit Theodor, Fritz, Stiasny, Hitzinger mit der Augustin, Müller, die Schmidt, Weber, Fux mit Leopoldine und Franchetti, Wohlfarth, sie, Tony, August, Seitz, Axt, Mack mit Neffen, Hoffmann von Ravensburg, Assen, Girardoni, Moreau, Dräxler, Roller Sohn, Richart, Joseph. Wir zeigten zum ersten Mal Salzburg von Bschaidner. Müller und Moreau unterhielten uns bis 12 h.
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Ein schöner, heiterer Tag. Im Burgtheater „Schöpfung“, im Theater an der Wien Konzert des Seyfried mit Tableaux. Früh zum General Hardegg wegen dem Simontornaer Hengst, zu Reimann, Wohlfarth, schrieb an den Grafen. Mittags speisten Wohlfarth, Dräxler da mit Weidmann, Moser (?). Nach Mittag mit Therese, Wohlfarth und ihr nach Heiligenstadt; tranken Kaffee; spielten Billard. Nach Nussdorf in Gesellschaft. Die Tony liegt an Husten. In die Porzellanfabrik, um 9 h mit Wohlfarth und August zum Hirschen, wo Wolfmayer seinen mechanischen Tisch zeigt. Fanden Wolfmayer, seinen Buchhalter Ferdinand Huber mit Tuscher, Guglielmo Pianta, Deinhardstein, Castelli, Dermer, Korntheuer mit einem Protomedikus aus Graz, Peter Schwarza (?). Wir blieben bis 1 h und die Stunden schwanden. Seine Tafel, die Bewegungen der Teller, die Hebungen in Parallele zur Rechten und zur Linken, die Verschiebung eines Tellers vis-à-vis zum Schwarza sind neu, kunstvoll und bewunderungswürdig. Man staunte und versah (?) den Meister. Übrigens war alles guter Laune und mit Witz gewürzt.
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In der Nacht Regen, trüb und windig. Im Theater an der Wien Seyfrieds Akademie, mittags im Redoutensaal eine Akademie für die Anna Ferrari, Abbrändlerin von Salzburg. Für den armen Schwarzinger versprach ich, Sonntag eine Optik zu geben und gab ihm heute 50 Billetts für Seitz zur Verteilung. Früh arbeitete ich zu Hause, fuhr mit Therese in den Garten. Kridl schickte einen Rosenbaum. Schrieb an den Grafen, ging in Wohlfarths Gesellschaft in der Ferrari Konzert. Weidmann speiste da. Spielte bei Wohlfarth Billard. Tony liegt an Katarrh, blieb also den Abend in Gesellschaft. Kurs 248 3/4 fl., der # 11 fl. 18 x.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).