Im Kloster Gutenstein. Ein schöner Morgen !. Um 5 h stand ich auf, mein erster Blick fiel auf den Schneeberg, welcher anfangs schön und heiter war, später aber eine Kappe bekam. Der Klosterdiener Joseph putzte uns das grüne Jagdröckl, Stiefel. Seine Geschäftigkeit samt Figur erinnerten mich an Baumann als Adam. Ich schrieb mein Tagebuch, fühlte mich ganz gestärkt von der reinen, balsamischen Luft.Hörte um 8 h des Aloysius Messe, frühstückte im Gloriett, gegenüber von meinem Fenster, eine herrliche Aussicht in Gebirge und Tal. Dieses Gloriett, auch Friedenstempel genannt, ist von dem damaligen Pfarrer aus Holz verfertigt. Von diesem Tempel ist ein sehr deutliches und täuschendes Echo zu hören. Von da gingen wir zur Magdalenenkapelle, in einem Felsen angebracht. Sie kniet vor einem Spiegel und Kruzifix. Wir sammelten Tannen-, Fichten- und Föhrenzapfen. Vormittags kam der Pater Prokurator Paul, zum Speisen der P. Engel mit dem Pfarrer Brack von Schwarzau, Markt von 7 Häusern bestehend, 4 Stunden tief im Gebirge. Nun war die Gesellschaft munterer, der Pfarrer, ein Wiener, ein jovialer Mann. Wir speisten im Lusthaus und hatten die Aussicht in das Pernitzer Tal. Um 4 h gingen wir den Kreuzweg, erquickten uns an der balsamischen Luft, um 6 h jausneten wir im Tempel, sahen später im Kloster ihre Ornate an. Die Wohlfahrt machte sich mit Paul den Spaß, weil er sich mit uns zur Kreuzkapelle setzte, dann zu schlafen anfing, und ließ ihm durch Aloysius die Uhr herausziehen, ihn aber fortschlafen. Um 8 h wurde im Refektorium soupiert, und ging der Jux mit der Uhr an. Niemand sagte etwas; am Ende verbürgte sich Paul, 25 fl. zu zahlen, wenn er sich einen von der Gesellschaft wählen und visitieren darf, und die Uhr nicht findet. Er visitierte den Aloys, fand aber die Uhr nicht, weil sie der Engel schon versteckte, welcher uns in seinem Zimmer Frauenzimmerhaare zeigte. Ich wälzte allen Verdacht auf Fink und Paul bekam seine Uhr nicht. Ich zeigte der Gesellschaft dann das in Papier geschnittene Schattenbild des Christuskopfes, welcher allgemeine Bewunderung erhielt. Um 11 h ins Bett, eine schöne Mondnacht.
Band 08 (VIII.), Seite 166v
7272
1817
6
28
Ein heiterer, doch heisser Tag. Fahrt von Gutenstein nach Wien, über Pernitz, Wopfing, Mühltal – hier liegt die schöne Ruine der Veste Starhemberg, die größte beinahe – nach Piesting, dann in die Ebene, Wöllersdorf, Sollenau, Günselsdorf, Traiskirchen und so weiter. Um 4 h genoss ich den göttlich schönen Morgen, packte dann meine Sachen zusammen, schrieb mein Tagebuch. Um 6 h wurde gefrühstückt, um ½ 8 h gingen wir den Berg hinab in den Markt, um den Bruckenweg hinter dem alten Schloss zu sehen, welchen ich in meiner Optik habe. Auch freute ich mich auf den Muggendorfer Wasserfall, dem Grafen Joseph Dietrichstein gehörig. Ich gab dem Aloysius 2 fl. 20er für eine Messe, beschenkte den Diener Joseph – ganz Baumanns Konterfei als Adam – mit einem 20er und Schein, den Frater Donat, kurz alle, und so dürfte mich diese Lustreise nahe an 400 fl. kosten. Durch Voith ließ ich Therese meine Ankunft wissen. Der P. Aloys und Pfarrer Brack begleiteten uns noch zu den 3 ineinander verschlungenen Buchen, die drei Allierten genannt, und nahmen dann herzlichen Abschied. Brack erzählte uns von Schneelawinen, vom Wegbahnen der Bauern im hohen Schnee, welcher in manchen Orten 30, auch 40 Klafter hoch ist; dass sich die Bauern Holzreifen, 1½ Schuh im Durchmesser, mit Schnüren geschnürt, selbige an den Füßen befestigen und so mit der Brust und Händen sich eine Bahn bahnen, immer aber über halben Leib im Schnee gehen. Das Tal der Schwarza ist so eng, die Berge so hoch, dass nur eine kleine Portion Himmel, Luft, Sonne, Mond zu sehen ist. Da fällt der Schnee in Flocken wie Brustflecken so groß und scheint die armen Bewohner zu erdrücken. Er erzählte mir von dem Sturz der Lawine im Höllental, zu Reichenau gehörig, welche am 12. April einen vermöglichen Bauern, Weib, 4 Kinder und Knecht verschüttete. Erst am zweiten Tage konnten 200 Arbeiter, welche mit Krampen, Schaufeln und Hacken sich durch Gewölbe von Schnee den Weg zu den Unglücklichen bahnten, die Leichname finden. Unter der Ofenbank fanden sie 5 Hühner, wovon 4 am Leben, das fünfte von ihnen aber schon zum Teil aufgezehrt war. Um ½ 9 h waren wir auf dem Bruckenweg, Gang zum Eisenhammer, welcher sich so verengt, dass nur ein Wagen Raum hat. Meine Ansicht ist hinaus nach Gutenstein aufgenommen, wo die Ruine des Schlosses rechts ist. Eine Viertelstunde links außer Pernitz stiegen wir auf dem Feldwege aus, um den Fall der Mira außer Muggendorf zu sehen. Wir gingen rechts durch Felder, Wiesen, stiegen den Berg hinauf und sahen die kühn an den Felsen gleichsam angepappten Sagmühlen. Er mag in vielen Fällen wie der Michaelerturm hoch sein. Eine kleine halbe Stunde und man ist bei dem obersten Kohlhaufen und Sägemühle. Gut angebrachte Bänke dienen zum Beschauen dieses herrlichen Naturschauspiels und zum Ruhen. Wir gingen über den Steg und zum Fahrweg, waren um 11 h bei unserem Wagen und um 12 h im Mühltal bei der Wirtin zum Grünen Baum. Mich lüstete zu sehr die Veste Starhemberg zu sehen, stärkte mich mit Champagner mit Wasser gemischt und trat in Begleitung des alten Hausknechts den ¾ Stunden langen Weg in der großen Mittagshitze an. Belohnend war diese große, hohe Ruine und die Aussicht ins Tal nach Piesting. Ich fand in einem Loche eine arme Tagwerkein mit Mutter und zwei Kindern auf Stroh liegen. Von einer Geiss und Erdäpfeln ernähren sie sich, da der Einsturz ihres Gewölbes ihren Untergang droht. In dem hohen Turm fand ich zwei prächtige, kühn gewölbte runde Gewölbe. Im großen [Turm] links beim Eingang zeichnete ich aus Bewunderung meinen Namen ein. Vor 2 h war ich zurück, aßen gut, tranken Champagner mit Wasser. Fuhren um ¼ 4 h weg, waren um 6 h in Traiskirchen und um ½ 9 h in Wien. Martin fuhr von Mühltal besonders gut. Ich eilte gleich nach Haus, brachte Theresen Geschenke, fand alles gut, gesund, nur eine Fatalität wegen Schwärzens unseres Maultierkutschers. So endigte ich eine beschwerliche, aber sehr angenehme, doch kostspielige Reise, denn wir gaben bei 800 fl. aus. Therese und ich plauderten bis 11 h, dann schlief ich ein, schlief aber nur wenig wegen Hitze. Die Diana bekam indessen seit 8 Tagen ein junges Weibchen und machte großen Spektakel. Abends etwas Regen.
Band 08 (VIII.), Seite 167r
7273
1817
6
29
In Wien, etwas Regen. Im Burgtheater „Schachmaschine“, Schütz als Graf Balken. Im Kärntnertor-Theater „Waisenhaus“, im Theater an der Wien „Putzsucht“. Ich ließ alle Leute kommen, beschenkte sie mit Muttergottesbildern und nahm Austeilung der Geschenke vor, hörte, dass der Maultierkutscher bei 2 Zentner Tabak schwärzte und eingesperrt sei. Ich las das Todesurteil des am letzten Donnerstag, 26. Juni wegen zweifachen räuberischen Totschlags gefangen genommenen Johann B., schrieb an den Grafen. War mit Therese im Garten, sah die Arbeiten an der Galerie, welche nicht weit vorgerückt, zahlte den Zimmermann. Mittags bei Wohlfahrt, nach Mittag sind wir alle im Garten beim Commandeur geladen. Den Reimannischen brachten wir Geschenke. Wohlfarth, die Mädeln, August, Gottlieb stiegen auf die Säule links, welche letzten Sonntag in der Nacht samt den Wolken des Hl. Carl am Hochaltar vom Blitz getroffen wurde, sahen seine Wirkungen, die schöne Aussicht, und bestiegen auch die Kuppel. Es wurde Kegel geschoben, gejausnet und um 10 h nach Haus gegangen. Ein schöner Abend.
Band 08 (VIII.), Seite 168r
7274
1817
6
30
Im Burgtheater „Intermezzo“, im Kärntnertor-Theater „Vestalin“, im Theater an der Wien Einnahme der Gentile Borgondio „Tancred“ Um 6 h fing ich zu arbeiten an, dann ins Haus, um 11 h zu Dav[ria?]. Ins Diana-Bad, mittags mit Richart bei Sieber, Kost und dem Examinator Christoph wegen dem Maultierkutscher, welcher 112 Pfund Rauchtabak schwärzte. War bei Radossevich wegen Vinzenz, schrieb durch ihn an den Papa nach Preßburg. Nach Mittag mit August und dem Maler Russ in den Garten, später kam Reimann, deliberierten wegen Fortarbeiten der Galerie. Um 9 h zu Wohlfarth, wo ich soupierte. Therese war nach Mittag mit Goldmann bei Fuljod, dann zur Mirus, brachte ihr eine silberne Muttergottes, fand sie aber nicht. Dann zu Hause, rangierte alles zur Badner Reise. Kurs 332 fl..
Band 08 (VIII.), Seite 168r
7275
1817
7
1
Früh etwas Regen, trüb, windig. Im Burgtheater nichts, im Kärntnertor-Theater „Schatzgräber“, ritterl[iches] Divertissement, im Theater an der Wien zum 2. Mal „Tancred“. Richart frühstückte mit uns. Theresens Fahrt nach Baden mit Goldmann und Sepherl. Therese gab mir früh zum Geburtstagsangebinde 1 braunes Uhrband auf neue Art gemacht und 6 Unterziehhosen. Gegen 9 h fuhr sie weg. Ich arbeitete zu Haus, dann zum Cohen, Stifft, Examinator Christoph wegen dem Kutscher und Schwärzen. Kaufte bei Liebisch für 6 Mädeln der Wohlfarth Verschiedenes, auch Spenzer (?), 6 Spenzer (?) für 45 fl. Mittags bei Wohlfarth, er speiste bei Jahn in Inzersdorf. Tafel wegen Ball in den Augartensälen des Marialva für den Verein (?). Ich schrieb dem Grafen einen langen Brief, dann zu Vladár, Jungmann kam auch. Wir gingen über die Glacis, ich dann zu Wohlfarth, ins Kärntnertor-Theater in den 3. Stock. Verdruss wegen dem Bruder, Hausknecht. Rindfleisch 37 x.
Band 08 (VIII.), Seite 168v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).