Ein rauer, stürmischer Tag, unerträglicher Wind und Staub. Mit dem Architect Kornhäusel Reise nach Preßburg, Magendorf, Diószegh und Galántha. Um 5 h fuhren wir ab, seine Frau begleitete uns vom Fenster. Hans Georg von Leitgeb führte uns gut. Zu Fischamend gingen wir voraus, indessen er Heu gab. So machten wir es auch in Hainburg, besuchten den Kirchhof. Indessen fuhr der Kutscher fort, in der Meinung uns einzuholen. Ich erblickte ihn auf der Anhöhe, Kornhäusel lief nach, konnte ihn aber nicht einholen oder rufen. Wir mussten also von da den Weg bis Wolfsthal zu Fuß wandern. Auf der Straße begegnete uns ein Holzwagen; als er in unserem Rücken war, hörten wir um Hilfe rufen Ich sah mich um, und ein Mann lag unter dem vorderen linken Rad, welches seinen Schenkel zu zerquetschen und den rechten Arm im Rad zu brechen drohte. Im Nu griff ich um das Leitseil, schob den Wagen zurück und zog den Halbtoten heraus. Der Schenkel, das Beinkleid von Angin war zersprengt, sah schwarz und blau aus, indessen konnte er stehen und gehen. In dieser beruhigenden Überzeugung verfolgten wir unseren Weg schnell und erreichten den Wagen in Wolfsthal. Der Mann schien ein Bürger von Hainburg gewesen zu sein, wollte, da sein Knecht schlief, auf den Wagen steigen und fiel unter das Rad. Um ½ 1 h waren wir in Preßburg. Da wurden gleich unsere Ruinen betrachtet. Ich besuchte Mericzay, er leistete uns bei Tische Gesellschaft, und nach Tische wurde gemessen, abgewogen. Dann gingen wir in den Ma-ierhof, in den Keller, in den Garten vom Grassalkovich, auf die Promenade, welche wegen des kalten Wetters leer war. Um 9 h soupieren, dann gleich ins Bett. Ich war sehr matt.
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Kalt, trüb, etwas Regen, windig. Den ganzen Vormittag war ich zu Hause, schrieb an Riedl, Liebisch. Mericzay besuchte mich. Ich lud ihn zum Speisen. Nach Mittag zum Balassa, in die Goldmann (?) Wagenfabrik, Schlossberg, Schloss, Theater und Redoutensaal zu sehen. In Preßburg ist es sehr traurig. Vom Schlossberg herab passierten wir den ganzen Zuckermantel, bei der Maut kamen dann uns – Mericzay, Kornhäusel, Petter und mir – 6 Zigeuner aus Wies-Sommerein entgegen. Ich ließ diese Jan(?)-Artisten Halt machen, mir erstlich einen Marsch, dann Jagdstücke und endlich ungarische Tänze spielen und beschenkte sie königlich. Mericzay lief davon, Kornhäusel hörte 20 Schritte entfernt zu. An der Donau gingen wir auf die Promenade, ich kam mit Maurer – Dekorateur und Theatermeister – und Radetzky – ehemals Rittmeister, nun Musikdirektor von Preßburg – zusammen. Die Direktion besteht aus Leopold Pálffy, Nepomuk Esterházy und Ormoszdy (?). Wir plauderten vom Theater, von neuen Engagements und dergleichen, begaben uns um 9 h zum Souper, dann gleich schlafen.
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Reise nach Klein-Magendorf, durch Groß-Magendorf – Nagy Magyar – in die Insel Schütt. Ein kühler, aber angenehmer Tag. Mit Mericzay und dem Polier von Dankó fuhren wir, von Philipp geführt um ½ 7 h von Preßburg weg und kamen um 9 h an. Die Gräfin empfing uns sehr artig und Carl warf sich freudig an meinen Hals. Gleich begann die Messe von Pater Eberhart, das Evangelium, der Partikelkuss usw., dann führte uns die Gräfin im Gebäude, den Nebengebäuden, Garten und Anlagen herum, zeigte uns ihr neu erbautes Bauernhüttchen und teilte ihre Ideen wegen dem neuen Bau mit. Mit allem Eifer begann Kornhäusel, ich sprach mit der Gräfin, sah alles an. Nach Tisch fuhr Mericzay weg, und um 4 h ritten wir – Carl, Lebel und ich – in den kleinen Uj Vásár, und großen, über einem Arm der Donau gelegenen Fasangarten Mörges, durchstrichen alle Alleen, Fußteige, fanden mehrere Partien sehr angenehm, überraschend. Kamen mit der Gräfin zusammen, tranken beim Jäger Milch und ritten über Groß-Magendorf – wo wir Besuche beim Hofrichter Danros (?) und Kastner Benedict machten – nach Hause. Es war 8 h und Kornhäusel arbeitete noch immer. In Mörges sah ich dem Fasan-Aufzug nach und fand die Indiane auf den von Erben (?) verschafften 1900 Fasan-Eiern sitzen. Gittig fand ich in Magendorf. Nach dem Souper fuhren Kornhäusel und ich zum Kastner schlafen, der aus seinem Zimmer musste. Ich ritt mich auf und hatte heftiges Brennen.
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In Kis Magyar. Kalt, aber heiter. Früh gingen wir mit dem Kastner zum Hofrichter, in die Synagoge, Kirchhof, katholische Kirche, die dem Einsturze droht, in den Schafflerhof, dann nach Klein-Magendorf. Um 8 h fuhren Bétselet (?), Carl und ich nach Szárva, des Illésházy Gestüt, durchaus Braune, 130 Stück, schöner, großer Schlag, fand vorher noch von Ozora 3 alte Bekannte, den Gestütmeister Purtscher, seine Frau, die Witwe Schaumberger (?) und den Kurschmied Seden (?), brave Leute. Groß war ihre Freude, mich nach so viel Jahren von Ozora wiederzusehen. Wir sahen alle Gebäude, die Stallungen, es wurde eben ein Hengst zum ersten Mal eingespannt und eine Stute belegt. Ich fuhr mit Purtscher in den Wald an der Donau, wo die Stuten und Fohlen weideten, sahen alles an und kamen um ½ 2 h zurück. Es war in der unübersehbaren Ebene, wo sich Dorf an Dorf mit einem Gebüsch umgeben reiht, eine etwas langweilige Fahrt. Kornhäusel war unermüdet. Nach Mittag hielt ich mit der Gräfin große Konferenz, ging dann mit Lebel, Carl und Pater nach Donháza, wo der Graf dem Lebel – der die Leopoldine Réváy heiraten wird – eine Curia übergibt und ein artiges Haus bauen lässt. Seine Familie kommt von Paris. Heute wird in Magendorf zum Schafscheren angefangen. Gegen 6 h nahmen wir Abschied und fuhren über Diószegh nach Galántha. Bei der Illésházy -Überfuhr gab es Anstand, dann passierten wir Hody (?), dem Baron Prüny gehörig, ein schönes Kastell samt Garten, und nahem Waldl, das wir in Pachtung haben. Nach 8 h kamen wir in Galántha an, der Rentmeister Compoth – ledig – und Kastner Szelits – verheiratet, sein Schwiegervater ist Hofrichter bei Graf Joseph Esterházy–, beides junge Leute, empfingen uns. Wir stiegen beim Schlosse ab, gingen in den Schafflerhof – hier sind 1026 Kappen – sahen selben Salz geben, in die Stallungen, dann zum Souper, welches recht geschmackvoll von der artigen Kastnerin bereitet war. Schon müde, legten wir uns um 9 h ins Bett.
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In Galántha, Reise nach Tyrnau. Ein kalter, windiger Tag, vor Mittag Regen. Vor 6 h fuhren wir mit Compoth weg, kehrten beim Adler auf dem Platze ein und gingen gleich zum Kontrahenten Lipkovits wegen Erhebung von 17.915 fl. für Früchte. Er führte uns in der Stadt herum. Wir sahen das Seminarium-Gebäude, Domkirche, Jesuiten-, Clarissinen-, Franziskanerkirche, das Invalidenhaus, den Redoutensaal bei Hoffmann (?), die Umgebung der Stadt, Promenade, alle Straßen und die 3 Stadttore, oberes, unteres und neues oder Judentor. Nach 2 h kamen wir zurück und fuhren gleich nach dem Essen in den Onyer (?) Wald, den die alte und neue Waag umströmt und immer zerstört, sahen den Obstgarten, Holzschlag, sprachen den Jäger, zu Haus sein Weiberl und kehrten nach Galántha zurück. Tranken bei Compoth Obers und fuhren gleich nach Diószegh. Den Hofrichter Czemesz trafen wir bei der Mühle, sahen mit ihm den Ziegelofen, Schafstall, die Mütter eintreiben, deren 1400 und 900 Lämmer sind. Besuchten den Verwalter, den neuen Schupfenbau und kamen erst um ½ 10 h zurück. In Galántha scheren sie 20, in Diószegh 70 Zentner Wolle. Erstere Herrschaft trägt über 20.000 fl, letztere über 70, zusammen 100.000 fl., Nagy Magyar 25.000 fl. Ich zeigte ihnen beim Souper noch eine Menge Kindereien, wir lachten, schäkerten, unterhielten uns gut und kamen erst um 11 h ins Bett. Mit Kornhäusel habe ich viel Spaß.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).