Schwül, es erheben sich Gewitterwolken. Früh war ich bis 11 h zu Haus, dann zum Grafen ins Haus, um wegen der gestern empfangenen Briefe Ihrer Ex[zellenz] alles vorzukehren, später ins Loprestischen Haus. Im Leopoldstädter Theater ist heute zum ersten Mal „Alceste“, Oper in 3 Akten, bearbeitet von Perinet nach Parnersbach (?) und Richter, mit einer Dekoration von Czermak. Ich beschloss hinauszufahren, obwohl ich von dem was ich las, nichts Besonderes erwartete. Therese konnte heute einer Einladung der Gulyás nicht ausweichen und musste da speisen, weil Therese als Klaviermeisterin ins Salesianer-Kloster kommt. Den Schlüssel zur Loge im Kärntnertor-Theater, zum 2. Male „Die Überlisteten“, dann „Caliph“ von Coralli gaben wir in die Buchhandlung. Ich speiste im Bierhaus im Krautgassel, schrieb an den Grafen und Keglevich. Jos[eph] Weigl ließ Therese die Hiobspost sagen, die Tafelmusik in Laxenburg sei abgesagt; sehr unangenehm in allem Betracht. Nina, Rosalie, Wallaschek kamen zu Besuch, ich war allein. Später kam Csekonics Carl, und ich ging abends, um mich aufzuheitern, ins Leopoldstädter Theater, die Karikatur der Oper „Alceste“ zu sehen. Ich fand die Neumann mit Kindern, Dirnbacher, Moreau, Meisl, plauderte mit Hensler und passierte so den Abend gut. Die Posse gefiel nicht sehr. Therese war den Abend zu Haus. Heute starb in Eisenstadt die Schmidt
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Warm, großer Staub, abends trübe, etwas Regen. Früh führte ich das neue Würstl ein, war bei den Handwerkern und im Loprestischen Haus. Lissl und Eckhart waren unsere Gäste, zum Dessert kam Vadász und erzählte, dass die Sängerin Schmidt gestern gestorben und der Fürst heute hinabgefahren, um abends 7 h bei ihrem Begräbnis zu sein. Ich war den ganzen Nachmittag zu Haus, schrieb an Keglevich und schickte ihnen Kamm und Zeitungen. Gegen Abend kam Rivolla, lud uns nach Hernals und wir ihn wiederum zum Speisen. Therese hatte Schmerzen im Fuß, blieb zu Hause. Ich ging ins Kärntnertor-Theater „Rollas Tod“, die Loge gab ich dem Krautauer. Später zu Reimann. Auf dem Graben aß ich mit Gresthof (?) Gefrorenes.
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Kühl. Früh fuhr ich mit Therese in die Brigittenau, zum Jägerhaus, aßen da gutes Obers und machten eine Promenade auf dem Damm bis gegenüber Nussdorf. Es gewährte uns eine vortreffliche Aussicht. Später zum Grafen und Lopresti. Der Koch kam von Ács und kündigte des Grafen Ankunft an, wie früh! Mittags allein, nach Tische schrieb ich Keglevich. Therese sang im Burgtheater in „Opferfest“, ich ging ins Loprestische Haus, zum Bildhauer Wallner, sah den gestrigen Brand in der Fuhrmannsgasse und begab mich ins Theater in der Josephstadt, zum 1. Mal „Erwine von Steinheim“, in 3 Akten, von Gewey. Vorher war ich im Bierhaus, plauderte mit Gangelbauer, den ich mit Bier bediente, mit Frankstein, Schmidtmann (?), Gewey, die auch alle im Theater waren, und passierte den Abend angenehm. Die Parodie war schlecht memoriert und äußert armselig gegeben. Außer einigen Logen, in einer die Roose mit Holbein, war es im Parterre leer.
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Ein schöner Tag. der Graf schickte schon um 8 h zu mir; ich erschien auf der Stelle. Er empfing mich sehr angeregt (?) gut, war mit allem zufrieden. Ich fuhr mit ihm ein paar Stunden herum, schrieb dem Florian (?) und machte der Polly einen Besuch. Mittags allein, nach Mittag zu Haus, um 5 h mit Therese nach Hernals zu Rivolla. Wir fanden einen Hamburger Kaufmann Winter, einen anderen Kibitz, und 2 Brüder und Großhändler Trausmüller mit 2 Schwestern, dann Wallaschek, Weidmann mit Franzl und Dirnbacher, welcher da wohnt. Es war ein munterer cordialer Zirkel, man war ohne Zwang, spielte Kegel, schäkerte, aß, trank, ging spazieren und abends wurde gesungen. Erst nach ½ 10 h gingen wir nach Haus.
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Heiter. Früh zum Quarin, Grafen, Porzellanfabrik, Brandmayer und kam um 1 h nach Haus. Mittags mit Goldmann, nach Mittag war ich zu Haus, später ins Loprestischen Haus, zu Reimann und Högler. Im Burgtheater „Weihnachtsfeier“, dann soupierte ich im Bären. Huber sagte mir, gestern wäre in Baden beim Lobkowitz große Sitzung wegen den Theater gewesen, und die Cavaliers würden selbe doch übernehmen; schlimm ! Mein Graf sprach mit Braun und auch dieser bestätigte es ihm. Therese war mit Goldmann auf dem Glacis spazieren.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).