Ein angenehmer Tag. Früh ging ich auf den Markt zur Richart, zum Grafen, in die Kasse um Billetts zu „Romeo“, und um 10 h ins Leopoldstädter Theater zur Generalprobe von „Belagerung von Ypsilon oder Prinz Schnudi und Evakathel“, Karikatur in 2 Akten, Musik von Müller mit eingelegten Stücken aus den beliebtesten Opern. Diese währte bis 1 h. Die Zeit wurde mir nicht lange, mancher origineller Gedanke machte mich herzlich lachen. Therese befindet sich besser, sie durfte aufsitzen, aber die Schmerzen der Goldenen Ader verlassen sie nicht. Ich freue mich schon sehr über den kleinsten Teil zur Besserung. Bei Therese war Koch und lud uns samt dem Kárner auf morgen zum Speisen ein. Therese kann die Unterhaltung nicht mitmachen. Ich speiste allein. Nach Tische kamen Kárner und mein Bruder, ersterer erzählte mir mit Freude, dass er heute früh um 6 h beim Fürsten eine Pensionsverbesserung für meine Mutter erwirkte. Dann verabredeten wir, dass ich ihn nach Mittag besuchen, mit ihm in den Prater fahren und in den „Schnudi“ gehen werde. Er hat keine gesperrten Sitze mehr erhalten. Mein Bruder nahm es über sich, meiner Mutter die frohe Nachricht zu schreiben, heute gleich mit der Post. Nach Tisch arbeitete ich, plauderte mit Lang, zu Kárner etc. Bei Therese war die Richart, welche ihr eine Kaffeemühle brachte. „Schnudi und Evakathel“ machten nicht die erwartete Wirkung und wurden mit wenig Beifall aufgenommen. Gelacht wurde außerordentlich, denn es strotzt von glücklichen Einfällen. Ich war im Parterre neben den Brandlischen, Kárner etc. Wallaschek ging mit mir nach Hause. Therese fand ich äußerst mürrisch, zum Teil mag es wohl von der Goldenen Ader herkommen. Sie erzählte mir, dass sie nebst der Richart auch die Turnau zu Besuch hatte. Zum Unglück quälte sie auch noch ein Paroxysmus von Eifersucht und machte samt ihren Schmerzen uns beiden eine schlaflose Nacht.
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Ein angenehmer Tag. Den Vormittag beim Grafen, Richart, Kárner, mit diesem fuhr ich um ½ 2 h zum Koch speisen. Es waren Lange, Roose, sie, die Bulla, Milde, Koberwein, sie, die Töpfer, Korntheuer, Brabeck (?) und seine Frau, Gouvernante, Hofmeister und seine 3 Kinder. Die große Tafel formte ein Dreieck. Es war viel zu Essen da. Kárner und ich aßen wenig, der Wein war gut, besonders behagten uns der Rheinwein und Champagner. Ich kam zwischen Bulla und Waberl zu sitzen und unterhielt mich mit ersterer recht angenehm. Ich blieb bis 5 h, dann fuhren Kárner und ich spazieren im Prater. Um 7 h empfahl ich mich, ging nach Hause und brachte Therese etwas Zuckerwerk. Die Gute befindet sich viel besser und erwartete mich am Fenster. Nach 8 h ins Kärntnertor-Theater „Tage der Gefahr“, vor dem mit Lang auf der Glacis spazieren. Um ½ 10 h legte ich mich.
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Früh zum Grafen. Institutssitzung; als ich wegging fand ich Compagnie und wir machten Promenade auf die Glacis. Therese und ich speisten heute wieder zum ersten Mal am Fenster. Ich war recht froh, Therese sieht recht gut aus und bessert sich stündlich. Nach Tisch arbeitete ich und schlief etwas. Um 4 h führte ich mein liebes genesendes Weib zum ersten Mal in Gottes freie Luft. Wir blieben 2 Stunden auf dem Paradeplatz. Der Finettl machte uns viel Spaß. Therese wünschte die Richart zu sehen, ich ging hin, um ihr die kleine Surprise zu machen. Er vesperrte die Tür und ich ging, setzte mich auf den Graben. Zu mir kamen Esch (?) und Moreau. Nach 7 h ging ich nach Haus. Therese sah übers Fenster und sagte mir, die Richart habe sie besucht und war sehr bestürzt. Ich schlenderte von einem Theater ins andere. Im Burgtheater „Nachtwandlerin“ und Hexenballett, im Kärntnertor-Theater „Aline“. Dort fand ich im 3. Stock Gesellschaft und wurde zum Spaziergang auf die Glacis encouragiert. Da ich nicht soupieren ging, lag ich um ½ 10 h schon. Bei Therese machte meine Mutter, die abends ankam, einen Besuch.
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Vormittag schwül, gegen Abend Sturm und Regen. Früh zum Grafen, der nach Preßburg fuhr, Theaterkanzlei, nach Therese sich erkundigen, die wohl ist, und fuhren zum Brandmayer und Porzellanfabrik. Stiegen auf dem Hof bei der Richart ab und hörten wieder neue Schurkereien von ihrem Mann. Dann nach Haus, speisen. Unsere Gäste waren meine Mutter, Kridl, Wagner, Lange, Brandl. Wir waren lustig, nach Tisch kamen mein Bruder, Werlen und Lefèvre. Um 4 h fuhren wir in des Grafen Equipage nach Hetzendorf, besuchten die jungen Eheleute, dann in den Schönbrunner Garten. Zeigte meiner Mutter, die den Garten schon mehrere 30 Jahre nicht sah, den Obelisk, die Ruine und das Parterre. Etwas überraschte uns der Regen. Um 7 h fuhren wir nach Hause. Therese blieb, ich ging ins Burgtheater „Verirrung ohne Laster“, blieb eine Weile, dann mit Lang auf die Bastei. Es machte einen angenehmen Regen. Richart war nach Mittags bei ihrer Schwester und hörte von der Hahnin (?), dass ihr Mann abgefeimte Schurkereien von ihr und mir erzählte, und dass er mich morgen bei der Polizei belangen wird. Er sperrte ihr ihr Silber ein und sagte, sie habe ihre Ohrgehänge und Kammerschein (?) versetzt. Indessen übergab sie gleich beides der Wuschikin (?), um auf der Stelle einen Beweis seiner abgefeimten Lügen zu geben. Abends im Gewölbe gab es wieder einen Hasard.
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Kühl, aber angenehm. Früh sprach ich Lang, war in der Michaelerkirche, dann nach Haus. Therese war um ihre Gage in der Theaterkasse. Ich plauderte mit Klimbke wegen Richarts Geschichten, ging mit Therese zu ihr ins Gewölbe oder Hütte auf dem Hof, ließ da Therese und kaufte bei der Schwester des Liebisch ein Stück quadrillierten Musselin für Therese und Richart. Sie erzählte Therese das Vorgefallene. Ich brachte ihr für die Schwestern einen Logenschlüssel ins Kärntnertor-Theater „Fassbinder“ und „Bacchus“. Um 12 h gingen wir nach Haus. Meine Mutter und Jean waren unsere Gäste. Nach Tische fuhren wir zur Muhme Willmein nach Hütteldorf. Es wehte ein kalter Wind. Wir spazierten in den Liechtensteinschen Garten, tranken bei der Lenerl Kaffee und fuhren um 6 h in die Stadt. Therese blieb zu Haus, ich ging zu Richart. Die Schwestern konnten nicht gehen, die Zimmermann sang. Nach dem Theater nach Haus.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).