Wie gestern, erster Institutsball in der Mehlgrube. Durch 8 Jahre gebe ich selbe, seit 1816; 2 im Casino in der Schottengasse bei Otto, 6 in der Mehlgrube; die Außchüsse tun gar nichts. Im Burgtheater das Gestrige, im Kärntnertor-Theater „Libussa“, im Theater an der Wien „Inkognito“. Den ganzen Tag zu Haus. Kridl, Neumann, Müller speisten da, schrieb dem Grafen. Kortenhof (?) untersuchte die Kanäle, sind eingefroren, lässt sich leider nichts tun. Durch Wenzel ließ ich den Schlauch aufbrechen, das Eis aufhauen und so Luft machen, um grösserem Schaden vorzubeugen. Csiba und Bétsely besuchten mich, brachten Brief vom Grafen. Fatale Visagen ! Jeanettl und Kupfer plauderten mit uns. Um 9 h fuhren Therese und ich auf den Ball. Im ganzen 200 Personen, leer, Kalt. Ich munterte zum Tanzen auf, hübsche Mädchen kamen, Böhm vom Primas Rudnáy, Jäger von Lützow führten sich mir auf, mit letzterem sprach ich viel von Konstantinopel. Nur Porz und Schmid waren vom Ausschuss da. Albert trug unaufgefordert mit einem Schreiben 25 fl. zum Fonde bei. Wir blieben bis gegen 3 h. Der Tony Dehne Geburtstag.
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Trüb, 8 Grad. Im Burgtheater „Puls“, „Gang zum Irrenhaus“; im Kärntnertor-Theater Einnahme der Courtin, Akademie, 2. Akt aus „Nina“, „Paul und Rosette“, in Szene gesetzt von Taglioni. Den Vormittag zu Haus. Andres speiste mit uns, nach Mittag zu Sina, sagte mir, dass auch die Ausgleichung mit Franz Zichy geschah und Vinzenz 90.000 fl. WW bekommt. Noce ließ mich bitten, sprach Kike. Den Abend zu Hause, spielte mit Werner und Kridl, Therese mit Römer und Marie.
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Trüb, 3 Grad. Kridls Namenstag, August Dehnes Geburtstag. Im Burgtheater „Zwei Nächte in Valladolid“, leer, im Kärntnertor-Theater „Mädchen vom See“, im Theater an der Wien „Kindliche Aufopferung“, Drama in 3 Akten aus dem Französischen von Pistping. Vor Mittag schrieb ich dem Grafen, zu Jungmann, Wohlfarth. Stessel speiste mit uns, gab ihm Karten ins Kärntnertor-Theater. Nach Mittag mit Pölt über die Bastei, schlecht zu gehen. Besuchte die Marie, die Moser und Betty, welche sich mit Reden und Essen verdarb und in der Nacht sehr schlimm wurde. Dann spielte ich mit Krieghammer und Kridl, gab ihm den schmalen grünen seidenen Schal. Therese legte sich zeitlich wegen Husten. Gestern starb bei den Augustinern P. Zacharias Werner – Friedrich Ludwig – im 54. Jahr an einem Lungenaffekt. Vermachte sein Vermögen den Redemptoristen und wird Sonntag nach Enzersdorf begraben. Exequien am 22. Der oberste Vorsteher, Pater Joseph Posserat (?) gibt die betrübte Nachricht. Die Kammerfrau Katharina Hofinger starb im 65. Jahr an der Lungenentzündung. Sie war eine geborene von Hölzl und Witwe nach einem Doktor der Medizin.
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Es schneit. Werners Begräbnis. Im Burgtheater Lästerschule“, im Kärntnertor-Theater „Freyschütze“, im Theater an der Wien das Gestrige. Den Vormittag zu Haus, Csiba und Bétsely speisten mit mir; ich schrieb dem Grafen. Therese muss im Bett bleiben. Weber ist sehr schlecht, die Agnes kommt mit der Nachricht, dass die Mutter Kettel gestern gestorben sei; sie vegetiert aber noch; starb am 19. Nach Mittag zu Hause, besuchte die Vio, befindet sich sehr übel. Sprach Kike, F[anny ?], die Hruschka; war seit 3 Wochen nicht bei ihr, Jalousie mit Bánffy. Fuhr ins Leopoldstädter Theater „Witwe von Kecskemét“, ländliches Tableau und Kontratänze von Rainoldi. Vortrefflich spielten die Huber und Korntheuer, ganz missfiel die Ennöckl. Therese musste heftig husten und erbrechen.
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Trüb, den ganzen Tag schneite und wehte es. Therese ist etwas besser, muss im Bett bleiben.Den Vormittag zu Haus, sprach Jeanettl. Mittags bei Wohlfarth mit Kridl, Axt, Neumann, waren recht munter. Im Burgtheater „Cid“, im Kärntnertor-Theater „Junger Onkel“, „Paul und Rosette“, im Theater an der Wien das Gestrige. Nach Mittag zu Hause. Therese leidet wieder an Husten und heftigen Kopfschmerzen. Fechner kam zwei Mal. Ich ging zur Richart um Sonnleithner zu sprechen, dass er mir wegen Reich (?) schreiben soll, welchen Brief ich Csiba gebe. Sprach Kike, dann ins Kärntnertor-Theater, leer, kalt. Sprach Neumann wegen Kontrakt der Marie. Hörte von Röser, dass Horschelt dem Seyfried schrieb, dass am 14. das schöne neue Theater in München – eröffnet am 12. Oktober 1818 – abgebrannt sei. Als „Die beiden Füchse“ und das Ballett „Die Wildschützen“ gegeben werden sollten, im 2. Akt der Oper die vordere Soffitte zu brennen anfing und in 10 Minuten das ganze Theater verbrannt war. Ist höchstwahrscheinlich gelegt, denn es war ein Gestank von Schwefel und Pech. Alle Wasserleitungen und Reservoirs waren teils eingefroren, teils leer. Die Schatzkammer musste ausgeräumt und geflüchtet werden. Die Königsfamilie flüchtete sich nach Nymphenburg; der König fuhr nachts 2 h dahin. Die weiteren Folgen muss man abwarten. Dekorationen, Garderobe, Archiv, alles ist verbrannt. Heute abends um ½ 6 h starb die Katharina Kettl im 56. Jahr.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).